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Die Flüchtlingsproblematik auf Lesbos

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Die Flüchtlingsproblematik auf Lesbos
Im Sommer war ich auf der griechischen Insel Lesbos gewesen. Die ersten zwei Wochen bei einer Bekannten, die in dem Dorf Fília im Westen der Insel ein altes Haus besitzt. Neben den Aktivitäten, die ein Tourist zu tun pflegt, galt mein Hauptinteresse der Flüchtlingsproblematik.
Ein Jahr nachdem die Flüchtlingsströme auf die griechischen Inseln – insbesondere auf Lesbos – stark angestiegen waren, wollte ich wissen, wie die aktuelle Situation dort mittlerweile ist. In den deutschen Medien hört man ja recht wenig darüber, aber ich weiß, dass das nicht allzu viel zu bedeuten hat.
 
Meine Bekannte kam letztes Jahr im September nach Athen mit Fotos von den Flüchtlingen, die in kleinen bunten Zelten im Stadtpark von Mytilíni lagerten. Dieses Jahr hat sie mir erzählt, dass sie damals emotional nicht in der Lage gewesen war, zu den vielen ankommenden Flüchtlingen an den Strand von Eftaloú zu fahren. Von dort kamen ja die meisten Flüchtlingsbilder, die über die Medien weltweit verbreitet worden sind. Aber jetzt, nach einem Jahr, wollte sie unbedingt dorthin, und ich denke, dass das ein sehr guter Einstieg gewesen ist. Und so sind wir mit unserem Mietwagen nach Eftaloú gefahren und haben eine Strandwanderung gemacht. Es sind kaum Strandgäste hier. Auch nur wenige Überreste und Gerippe von Holzbooten, ein rostiger Kahn im Wasser, ein Sweatshirt eines kleinen Mädchens mit der Aufschrift „Happy Girl“, aber keine Schwimmwesten zu finden. Wie man uns später öfters erzählt hat, ist der Strand von Freiwilligen gereinigt worden und sei jetzt sauberer als je zuvor.
 
Philippa und Eric Kempson aus England leben seit 16 Jahren in Eftaloú, betreiben einen „Olive Wood Workshop“. Schon immer kommen Flüchtlinge mit Booten hier an, nur nicht so viele wie im letzten Jahr. Es sei relativ ruhig im Moment, aber gerade gestern kam wieder ein Boot voller Flüchtlinge, denen sie dann helfen mit Wasser, Kleidung etc. Philippa ist nicht gut auf Mólivos zu sprechen. Das ist der nächst größere Ort hier am westlichen Ende der Nordküste und schlechthin der Touristenort von Lesbos. Mólivos kümmere sich nicht um die Flüchtlinge, man ist besorgt, dass der Tourismus darunter leiden könnte. Bezüglich Mólivos spricht Philippa von Faschisten. Die Kempsons sehen ihre Aufgabe nach wie vor darin, den ankommenden Flüchtlingen zu helfen und den Strand sauber zu halten. Von anderen Leuten habe ich aber auch mehrfach Kritik an den Kempsons gehört. Bzw. auch generell an Einzelpersonen von NGOs, die sich an den Flüchtlingen bereichern wollten. Die Bevölkerung von Mólivos sei auch wegen des großen Andrangs der Flüchtlinge einfach überfordert gewesen.
 
Das Lighthouse Camp
 
Am Ortseingang von Skála Sykaminéas findet man direkt hinter dem Strand das Lighthouse Camp, das unter hohen Bäumen liegt und aus einigen auch größeren Zelten besteht. Es gibt jeweils ein Zelt angefüllt mit Kleidung, getrennt für Männer, Frauen und Kinder. Aktuell kommt fast täglich ein Boot mit Flüchtlingen hier an. Die Hauptaufgabe der Volunteers ist, die Flüchtlinge mit Getränken und Lebensmitteln zu versorgen, bei nassen Klamotten neu einzukleiden, bei Bedarf Erste Hilfe zu leisten. Die Flüchtlinge kommen dann zunächst in Stage Two, einem kleinen Lager etwas oberhalb von Skála Sykaminéas, bevor sie mit einem total verdreckten Bus nach Mória gebracht werden. Die zweite Aufgabe besteht darin, den Strand zu reinigen, das „Beach Cleaning Project“. Es gibt hier eine provisorische Werkstatt, in der ein Upcycling stattfindet: Aus Schwimmwesten und Schlauchbooten werden Taschen und andere nützliche Gegenstände hergestellt: Katastrophen-chic? Ich habe nicht nur hier gehört, dass es sich bei den meisten Schwimmwesten um „Fakes“ handelt, dass sie einen Menschen im Wasser eher nach unten ziehen. Eine Strandwache am Leuchtturm, nämlich eine Station mit einem Mann vom MSF (Ärzte ohne Grenzen), wird im Schichtbetrieb von zwei Volunteers vom Lighthouse Camp unterstützt. Denn die Boote kommen teilweise nachts an. Ihnen wird dann signalisiert, wo sie am besten an Land gehen. Weil manche Küstenabschnitte sehr gefährlich sind und es hierbei schon Tote gegeben  hat.
 
 
Im nächsten Teil dieses Tatsachenberichtes von Dr. Peter Oehler lesen Sie etwas über die Arbeit im Flüchtlingscamp als Volunteer.
 
 
Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt Flüchtlinge, die in der Nähe von Molyvos an Land gehen.
 
 
 
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