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Weintraubenklauen in Kreta – missglückt!

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Weintraubenklauen in Kreta – missglückt!

Anfang August 1969. Als medizinischer Austauschstudent im öffentlichen Krankenhaus „O Agios Georgios“  hatte ich die Gelegenheit, mit anderen Studenten in einem alten VW-Bus eine Fahrt durch die Insel zu machen. Es war heiß, die Straßen staubig, aber die Bevölkerung freundlich und hilfsbereit. Der Massentourismus war noch weit entfernt.

Auf Seitenstraßen ging es von Matala nach Heraklion, und am späten Nachmittag entdeckten wir ein ruhiges Plätzchen inmitten von Weingärten, perfekt geeignet zum wilden Campieren.- Beim Anblick der saftigen Trauben kam mir der Gedanke, auszuprobieren, ob die eine oder andere Traube vielleicht schon reif wäre. Ich sah mich um – keine Menschenseele weit und breit zu entdecken. Also schnell in den Weingarten und ein paar Trauben gekostet: Sie waren köstlich, reif und süß. Auch meine Freunde schoben moralische Bedenken zur Seite und versorgten sich nach Herzenslust.
In einer Straßentaverne im nahe gelegenen Dorf nahmen wir abends endlich eine warme Mahlzeit zu uns. Nach einer Weile, mitten während des Essens, trat ein älterer, behäbiger Mann an unseren Tisch: „Seid Ihr die Burschen, die in dem Weingarten, zirka 2km von hier, geparkt haben?“ Uns fiel das Herz in die Hose. Er musste uns beobachtet haben, bestimmt auch beim „Trauben Kosten“. Leugnen wäre zwecklos gewesen, also gaben wir kleinlaut zu, dort geparkt zu haben.  „Habt Ihr auch von den Weintrauben gekostet?“ Jetzt wurde uns heiß. Im Geiste sahen wir schon den Dorfgendarmen mit strengem Blick auf uns zukommen. Noch kleinlauter gestanden wir unseren Diebstahl. „Und? Wie haben Euch die Trauben geschmeckt? Sind sie nicht großartig? Nehmt Euch, soviel Ihr wollt!“   Wir waren wie erstarrt, ungläubig, beschämt, den Tränen nahe. Das Zauberwort heißt auch heute noch „Philoxenia“.

Johann Beck-Mannagetta

Dieser Beitrag wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Johann Beck-Mannagetta aus Salzburg in Österreich zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

Foto: GZ/mb

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