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Für meine Maria vom Evros!

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Für meine Maria vom Evros!

Wie so oft im guten Film ist es die große Liebe, die Menschen an einen bestimmten geografischen Punkt im Leben brachte. Bei mir war es die Liebe in zwei Schritten. Zu Ellada und schließlich zu meiner Maria. Angefangen hatte alles 1999 mit einer Landung auf dem damaligen Flughafen Athen-Ellinikon. Den tiefen Anflug über das Häusermeer mit Antennenwald vergesse ich bis heute nicht.

Und dann der Moment, der mich seitdem bei allen Flugreisen nach Griechenland begleitet: Der Ausstieg aus der Flugzeugkabine, das kurze Verharren auf der Gangway, ein Blick in den Himmel, in das magische Licht, dazu einmal tief durchatmen.

Sonnenaufgang am Evros

Damals hatte mich die Arbeit in den äußersten Nordwesten des Landes, nach Florina verschlagen. Eine spannende und zugleich hochinteressante Zeit auf einer Großbaustelle. Griechen, Franzosen, Russen, Deutsche bauten zusammen ein neues Braunkohlekraftwerk. Ich, das ehemalige Bergarbeiterkind aus dem Leipziger Braunkohlerevier, sollte nunmehr mit griechischen Bergleuten zusammenarbeiten. Ich kann sagen, es hat irgendwie funktioniert. Vermutlich, weil wir uns gegenseitig respektierten und ich war zudem neugierig auf mein neues Umfeld. Statt am Feierabend beim deutschen Discounter Kartoffeln und Quark zu kaufen und sich im Containerdorf einzuigeln, ging’s zusammen mit den griechischen Kollegen regelmäßig auf kulinarische Entdeckungstour. An den arbeitsfreien Wochenenden erfuhr ich etappenweise die Regionen im Norden bis runter zur Olympischen Riviera.

Aus anfänglicher Neugierde zu Land und Leute wurde bald Begeisterung und schließlich über die vielen Jahre Liebe zum schönsten Land auf Erden. Was kann einem Mann noch Besseres geschehen, als dazu noch eine geliebte Griechin an seiner Seite zu wissen? Meine Maria aus Franken, mit tiefen familiären Wurzeln am Evros. Im Internet kennengelernt, pendelten Maria und ich gute 2 Jahre über 400 km an den Wochenenden, dann zogen wir in Mittelfranken zusammen. Wir reisen viel gemeinsam, ich zeigte ihr stolz meine ostdeutsche Heimat, Leipzig, Dresden, Berlin. Ich glaube, die Griechen lieben diese Städte.

Erstmals am Evros! Obwohl ich in den letzten Jahren viele Regionen Griechenlands kennenlernte, war meine erste Reise in „unser Dorf“ am Evros schon recht spannend. Nicht nur wegen der interessanten Fahrt per Auto über den Balkan. „Da muß er jetzt durch“, so wurde wohl in Maria’s Familie gedacht. Wer sein Bild von Griechenland erweitern möchte, sollte einmal nach Thrakien, genauer an den Evros, fahren, zwischen Orestiada, Didimoticho, Alexandroupoli und Adrianopel/Edirne! Manch einer der Hochnäsigen in Athen denkt vermutlich, die Region Evros liegt am Ende der Welt. Nonsens! Im Laufe der Geschichte hinterließen alle ihre Spuren am Evros: Griechen, Römer, Türken, Bulgaren, Gagauzen, Arvaniten. Sogar die Goten, ursprünglich von der Ostsee stammend, besiegten 378 die Römer bei Adrianopel, dem heutigen Edirne auf der türkischen Seite des Evros.

Wenn wir in Thourio „im Dorf“ sind, fahren Maria und ich gern „rüber“ nach Adrianopel. Es ist schließlich die frühere Heimat ihrer griechischen Vorfahren bis Anfang der 1920er Jahre. Im Stadtbild des heutigen Edirne kann man noch einige alte Griechenhäuser erkennen. Ansonsten ist die Stadt mein Tipp, kulturell, kulinarisch. Die Stadt pulsiert. Eine Einreise mit deutschem Personalausweis, Auto mit deutschem Kennzeichen, alles kein Problem an der griechisch-türkischen Grenze am Evros. Letztens sagte der türkische Grenzer auf Deutsch zu mir: „Fahrzeugschein bitte!“. Europa wird definitiv größer! Davon zeugen auch all die gesehenen Straßenbauprojekte durch die Balkanstaaten in Richtung Istanbul.

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Die Gegend am Evros ist landschaftlich ebenso reizvoll. Olivenhaine vermißt man, dafür Felder über Felder in allen Farben. Auf dem Weinberg der Familie zu stehen und über diese Weite zu blicken, dies tut einem Städter sehr, sehr gut. Apropos Wein, ich glaube, hier im Norden wird der beste Tsipouro Griechenlands gebrannt. Im Hochsommer finden jährlich große Feste mit Musik und Tanz statt, wo alle Familien mit den Verwandten aus Deutschland, Holland und Belgien zusammenkommen. Die thrakische Musik reißt alle von den Stühlen, auch ich mag inzwischen sogar die Tänze. Grenzwertig ist dagegen die sommerliche Mückenplage am Evros, groß wie Mutanten.

Wer Lust auf das Meer hat, fährt den Evros entlang runter nach Alexandroupoli. Eine feine, saubere Stadt, verkehrsgünstig gelegen, vermutlich mit einer großen Zukunft. Es gibt hier sehr schöne Strände. Gegenüber von Alexandroupoli liegt ein weiteres Kleinod, die Insel Samothraki.
Mir gefällt es am Evros! Ich danke Dir sehr, liebe Maria!

Frank Steiniger

Dieser Beitrag sowie die Fotos wurde uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Herrn Frank Steiniger aus Großenseebach in Deutschland zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

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