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„Was habe ich falsch gemacht?“

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Foto (© Eurokinissi): Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou – hier in Delphi – zog sie ihre Schirmherrschaft zurück. Foto (© Eurokinissi): Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou – hier in Delphi – zog sie ihre Schirmherrschaft zurück.

Für harsche Reaktionen sorgte in den sozialen, aber auch vielen redaktionellen Medien eine Tagung zu Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Vor allem der Werbespot für die Veranstaltung geriet als frauenfeindlich in die Kritik. Nach zahlreichen Absagen ist der Kongress vermutlich geplatzt.


Das wahre Glück der Frauen ist die Mutterschaft, da kann die Karriere hinderlich sein. Denn oft ist es am Ende zu spät, weil die Wechseljahre vor der Tür stehen. So oder so ähnlich wurde der Werbespot für eine Tagung zum Thema „Fertilität und Reproduktionsautonomie“ aufgenommen, die am ersten Juliwochenende mit hochkarätiger Besetzung in der nordwestgriechischen Stadt Ioannina stattfinden sollte. Der Spot sorgte für einen veritablen Shitstorm gegen den schon vorher misstrauisch beäugten Kongress. Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou, selbst Karrierefrau und geschiedene Mutter, zog am Samstag ihre Schirmherrschaft zurück. Auch der staatliche Rundfunk ERT und die amtliche Nachrichtenagentur ANA-MPA verabschiedeten sich als Mediensponsoren. Regierungsstellen wie das Generalsekretariat für Gleichstellung kehrten dem Kongress ebenfalls den Rücken, und Teilnehmer distanzierten sich. Laut Informationen des privaten Fernsehsenders „Mega“ wird die Veranstaltung vertagt, wenn sie nicht gleich ganz ins Wasser fällt.

Konservatives Familienbild

Die Tagung, auf der unter anderem Regierungsmitglieder, eine EU-Kommissarin, allerlei Prominenz, vor allem aber viele Kleriker und Reproduktionsmediziner – dafür aber auffällig wenige Frauen – sprechen sollten, war schon vorher in die Kritik geraten. Denn sie will, zumindest dem Anschein nach, ein sehr konservatives Familienbild vermitteln: Seid fruchtbar und mehret euch. Hauptzielgruppe sind offenbar Frauen, die aufgrund ihrer Lebensplanung in den späten Dreißigern und Vierzigern noch kein Kind haben. Neben medizinischen, ethischen und juristischen Fragen geht es auch um Themen wie den in Griechenland florierenden Kinderwunschtourismus, den Geburtenrückgang, die Rolle von Bildung und Kirche bei der Aufklärung über Reproduktionsfragen und die Rolle der Männer bei der Entscheidung für ein Kind. Der umstrittene Werbespot, der übrigens im Internet als „privat“ gesperrt ist, zeigt eine gutaussehende Frau in den mittleren Jahren, die ins Grübeln kommt: „Und plötzlich kommt der Tag, wo man vieles abschließt. Und damit beginnt ganz einfach die Bilanz. Nicht dessen, was du geschafft hast, sondern dessen, was du hättest tun müssen. ‚Worauf wartest du? Wann heiratest du? Wann wirst du Mutter?‘ [spricht aus dem Off die Stimme des Gewissens] … Und auf einmal erfährst du, dass dir die 4 vor deinem Alter nicht mehr erlaubt, Mutter zu werden – was habe ich falsch gemacht?“ Und so weiter in diesem Tenor, mit der Aufforderung am Schluss: „Wenn du davon träumst, morgen eine Familie zu gründen, informiere dich heute“.

„Die nackte Wahrheit“

Mehrere weibliche Stars der heimischen Szene, die zuvor dem Kongress ihre Unterstützung zugesagt hatten, distanzierten sich umgehend. „Hier wird die Frau als Teil eines Reproduktionsprozesses ohne das Recht auf einen freien Willen dargestellt – Schande!“ twitterte etwa die bekannte Sängerin Keti Garbi. Die 58-Jährige war vom griechischen Kinderwunschpapst Kostas Pantos, einem der Organisatoren der Tagung, aufgefordert worden, dafür zu werben. Da Pantos ihr selbst zu einem Kind verholfen habe, hätte sie mit Freuden zugesagt, bis sie den Spot gesehen hat, schrieb die Sängerin. Pantos streitet jedenfalls ab, dass Frauen in dem Werbespot eine konservative Mutterrolle zugewiesen werde. „Als ich den Spot sah, fand ich ihn hart, aber auch, dass er die nackte Wahrheit sagt“, so Pantos. Die Botschaft laute nicht „bekommt Kinder“, sondern „informiert euch“. Viele Frauen wüssten über die natürlichen Grenzen ihrer Fruchtbarkeit nicht Bescheid, behauptete der Mediziner. (GZak)

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