Zenith und Nadir lagen bei keinem anderen zeitgenössischen Griechen so dramatisch weit auseinander wie bei Akis Tsochatzopoulos. Der in der vorigen Woche verstorbene Politiker wäre vor 25 Jahren um ein Haar Premierminister geworden. Seinen Lebensabend verbrachte er aber nicht als ein Elder Statesman, sondern zum großen Teil im Gefängnis, als verurteilter Empfänger von Schmiergeldern im Zusammenhang mit Rüstungsaufträgen.
Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber aus den neuerlichen Brandkatastrophen in Griechenland ergeben sich einige Schlussfolgerungen.
Wirklich unparteiische Journalisten und Kommentatoren gibt es in den Medien schon seit langem so gut wie keine mehr. Parteien, Unternehmen oder Vereine dulden nur lahme Hofberichterstatter ohne Kante, deren einziger Job darin besteht, das Mikro hinzuhalten, um die Propaganda der Funktionäre filterlos zu kolportieren.
Die Art und Weise, mit der die griechische Regierung sowie die Behörden ihren geschädigten Ruf im Umgang mit der Flüchtlingskrise verteidigen, wird immer irrationaler.
In der Großen Politik verschärfen sich die Töne: Nach der Brandkatastrophe Ende Juli nehmen die Auseinandersetzungen deutlich zu. Man könnte fast schon von Wahlkampffieber sprechen. Einer der letzten Höhepunkte war die Rede von Ministerpräsident Alexis Tsipras auf der Insel Ithaka Anfang der vorigen Woche. Dort hatte er das offizielle Ende der von den internationalen Geldgebern vorgegebenen Memorandumspolitik bekannt gegeben. Vor allem für die Mittelschicht, aber auch für sozial Schwache werden finanzielle Erleichterungen und Unterstützung in Aussicht gestellt.
Doch woher soll das Geld für die finanziellen Versprechungen herkommen und wie soll dies umgesetzt werden? Den gesamten Kommentar finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Griechenland Zeitung Nr. 641.
Innerhalb von lediglich zwölf Monaten wurde der Großraum Athen-Piräus sowie seine nähere Umgebung von tödlichen Schlammlawinen, einem Ölteppich und nun auch tragischen Waldbränden heimgesucht, die mehr als 50 Menschen das Leben kosteten.
Ob im Film oder auf der Bühne – Smyrna (türkisch: Izmir) ist „in“. Besonders in den Weihnachtstagen bietet die Vertreibung der Griechen aus Kleinasien im August des Jahres 1922 reichlich Stoff für neue Theater-, TV- oder Kinostücke. Der laufende Winter ist keine Ausnahme.
Je näher das Jahrhundert-Jubiläum dieser traumatischen Ereignisse rückt, je deutlicher tritt das Interesse des Publikums hervor, sie in Erinnerung zu rufen und vor Augen zu führen, insbesondere bei den Kindern und Kindeskindern der ehemals Vertriebenen.
Mamidakis und Marinopoulos – zwei Namen, die den Kern der griechischen Privatwirtschaft der Nachkriegsjahre ausmachten, drohen an der Finanzkrise zu scheitern.
Der Fall Kyriakos Mamidakis ist sicherlich der tragischste von beiden. Es geschieht nicht alle Tage, dass sich ein 84-Jähriger eine Kugel durch den Kopf jagt, nachdem seine Firma Konkurs anmeldete.
Was sich in den vergangenen Jahren im griechischen Tourismus abspielte, kann man nur als kleines Wunder bezeichnen. Im krassen Gegensatz zum tristen Alltag im Rest der Wirtschaft jagt im Tourismus der eine Rekord den anderen. Die einst unerreichbar erscheinende Anzahl von 20 Millionen Touristen erzielte man bereits 2014. Sogar im politischen Krisenjahr 2015, als die Mitgliedschaft Griechenlands in der Eurozone auf der Kippe stand und Urlauber sich nicht sicher waren, ob ihre Kreditkarten hierzulande gelten würden, konnte der Tourismus mit 23 Millionen Urlaubern noch eins drauflegen.
Sicherlich spielte auch der Zufall eine Rolle. Mit Ausnahme Griechenlands steht der größte Teil des östlichen Mittelmeers seit mehreren Jahren regelrecht in Flammen. Der Ferienmarkt traditioneller Konkurrenzländer, wie etwa Ägypten, liegt am Boden. Sogar die sonst stabile Türkei wackelt. Die Dauerfehde zwischen Ankara und Moskau kostet dem türkischen Ferienmarkt Hunderttausende russische Urlauber. Ein großer Teil davon weicht trotz Rubelkrise nach Griechenland aus.
Es wäre aber ungerecht, den Erfolg im Fremdenverkehr allein durch die Krise der Konkurrenten zu erklären. Der griechische Tourismus erntet auch die Früchte seiner Flexibilität. Er reagiert mit Agilität auf die Anreize, die ihm der internationale Urlaubsmarkt sendet, senkt seine Kosten und wertet sein Angebot ständig auf. Zimmer und Hotels werden immer moderner und gemütlicher. Dienstleister der Tourismusbranche, von den Fähren bis zu den Taxifahrern, werden immer professioneller.
Das ist zum großen Teil auch Verdienst der großen, organisierten Urlaubsveranstalter, die eine immer engere Aufsicht über ihre griechischen Partner ausüben und ihnen höhere Standards auferlegen.
Um es knapp zusammenzufassen: Wie kaum eine andere Branche (mit Ausnahme der Handelsschifffahrt) ist der Tourismus direkt der Globalisierung ausgesetzt. Infolgedessen hat er kaum eine andere Möglichkeit, als sich den internationalen Standards anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Modell Tourismus sollte auch für den Rest der griechischen Wirtschaft lehrreich sein.
Dimos Chatzichristou
Foto: © Griechenland Zeitung / Jan Hübel
Der „Geldgeber“ berät Premier Alexis Tsipras, der einen Papier-Drachen in der Hand hält, den man traditionellerweise am Rosenmontag (Kathara Deftera) steigen lässt. Auf dem Tisch steht „Bewertung“, die derzeit für das griechische Reform- und Sparprogramm durchgeführt wird. Die Regierung (KYB = kyvérnissi = Regierung) köchelt einen Kaffee:
„Der Schwanz ist zu kurz, die Waagepunkte sind falsch, viel zu wenig Schnur, der Wind inexistent! Ich schlage vor: Schließung der Grenzen, Festhalten von 100.000 Flüchtlingen, Lohn- und Rentenkürzungen und nicht zuletzt einen Kaffee, mein Kleiner!“
Mit freundlicher Genehmigung von Kostas Mitropoulos; die Karikatur erschien in der Tageszeitung „Ta Nea“.
Savvas Xiros und Dimitris Koufodinas sind zwei für mehrfache Morde verurteilte Mitglieder der ausgehebelten extremistischen Gruppe „17. November“. Seit ihrer Inhaftierung durften sie von ihren Zellen aus Bücher veröffentlichen und Medieninterviews geben, in denen sie für ihre Taten kaum Reue zeigen. Manch einer mag diese Großzügigkeit gegenüber den Haftinsassen bedauern. Sie gehört aber ohne Zweifel zu einer freiheitlich demokratischen Grundordnung dazu.
Griechenlands Schuldenproblem und die Flüchtlingskrise führte bislang eine Parallelexistenz, und das war gut so. Nun drohen sie aber miteinander vermengt zu werden – zu einem Gemisch, das für das Land nur unheilvoll sein kann.
Ja, geht’s denn noch? Da schlagen sich Europas führende Politiker eine Nacht um die Ohren, ringen schließlich den Tsipras nieder und ihm einen „Kompromiss“ ab (früher nannte man so etwas Erpressung), von dem sie genau wissen, dass er neue Unruhen in Griechenland und Instabilität der griechischen Regierung zur Folge haben wird. Gewollt? Gezielt gemacht? Hohe Zeiten für Verschwörungstheoretiker!
Mit einem Rechtsstaat ist das Referendum am kommenden Sonntag nicht vereinbar. Seine Fragestellung ist verwirrend, irreführend und appelliert an die Emotion der Wähler und nicht an ihre Logik. Das Schnellverfahren, mit dem es durchgeführt wird, erlaubt keine vernünftige demokratische Willensbildung.
Bluff oder bitterer Ernst? Niemand kann erkennen, mit welchem Kalkül immer mehr Regierungsmitglieder und Abgeordnete die Rückkehr zur Drachme als eine reale und aussichtsreiche Alternative propagieren – für den Fall, dass die laufenden Verhandlungen zur Fortsetzung des europäischen Rettungsschirms für Griechenland endgültig scheitern sollten.
Im Drama der Verhandlungen zwischen der Regierung und ihren Gläubigern ist die Nachricht eher untergegangen: Fofi Gennimata ist am vorigen Sonntag zum ersten weiblichen Chef einer traditionellen Partei des griechischen politischen Mainstreams aufgestiegen, der sozialistischen PASOK.
Es geht voran. Zugegeben – mit drei Schritten nach vorne und zwei zurück, mit Missverständnissen auf beiden Seiten, mit Beleidigungen, jeder Menge bösen Blutes – aber es geht voran.
Der Fall Elena Panaritis wirft ein sehr interessantes Dilemma auf. Wem sollte eine Regierung im Zweifelsfall einen einflussreichen Posten im Ausland eher anvertrauen: einem kompetenten Opportunisten oder einem intellektuell aufrichtigen Parteisoldaten?
Es wird immer schwieriger, aus den Äußerungen von Regierungsmitgliedern im In- und Ausland Schlussfolgerungen über den Stand der Gespräche zwischen Athen und seinen Gläubigern zu ziehen sowie eine Vorhersage zu wagen, wie sie enden werden.
Kaum ein Tag vergeht, an dem der Fernsehsender des griechischen Parlaments („Vouli“) seine Zuschauer nicht an die deutsche Schuld für Verbrechen im Zweiten Weltkrieg erinnert.
Großbritannien ist das einzige Land, das sich neben Griechenland als Wiege der Demokratie bezeichnen kann. Die Briten verdienen diesen Ehrentitel besser: Ihre Parlamentswahl in der vorigen Woche bot eine Vielzahl schlagender Beispiele dafür.
Es ist offensichtlich das große Blasen zum Sammeln nach der Schlacht, die noch gar nicht stattgefunden hat und die mangels Beteiligung wohl auch ausfallen wird.
Mikis Theodorakis wollte immer schon dem Volke nahe sein. Als die Bouzouki-Musiker in den 1950er und 60er Jahren noch als anrüchige Figuren aus dem Untergrund galten, hat er mit ihnen seriös komponiert und schaffte damit einen neuen Musik-Geschmack, der alle Griechen seitdem begleitet.
Premierminister Alexis Tsipras hat so viele Berater seines Vorgängers Jorgos Papandreou um sich geschart, dass es nicht überraschend wäre, wenn er in nächster Zukunft nicht auch dessen Strategie übernehmen würde – ein Referendum, das zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: den Verbleib des Landes in der Eurozone und den Erhalt der eigenen Macht.
Wenn ein Regisseur einen Spielfilm drehen wollte über den Aufstieg und Fall Griechenlands, dann wäre er gut beraten, bei Vicky Stamati anzusetzen.
Die griechische Medienlandschaft ist ein Stall des Augias. Unklare Besitzverhältnisse, undurchsichtige Finanzierungsquellen und dürftige Berufsethik paaren sich unheilvoll mit einem entschieden populistisch-nationalistischen Grundton. Sachlichkeit ist im griechischen Medienbetrieb eher Mangelware.