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Volker Braun – „Die Griechen“: Dyptichon mit Zeitgeist

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Volker Braun – „Die Griechen“: Dyptichon mit Zeitgeist
Wir sehen 13 Spieler, 16 Stühle auf der Bühne des Berliner Ensembles, drohend ruft der Chor „wie aus dem Mythos gepellt“, und das Hellas keine Wahl hatte, als Frieden zu schließen mit dem „ersten Geldkrieg“. 
Gespielt wird: „Die Griechen“ – ein Dyptichon und eine Gesellschaftskritik in Form der antiken Tragödie. Es stammt aus der Feder von Volker Braun. Der DDR-Dichter und -Autor Braun ist 1939 in Dresden geboren, seit dem Fall der Mauer wurden seine Stücke jedoch immer seltener gespielt. Mit „Die Griechen“ kehrt er nun auf die Bühne zurück. 
Nach dem sehr klischeehaften Beginn zu den Klängen von Theodorakis „Zorbas Dance“ macht Braun anhand von zwei Teilen (Dyptichon: zweiteilige Relieftafel) deutlich, wie sehr die Demokratie durch die Gier des Einzelnen, die von der Konsumgesellschaft geschürt wird, Schaden nimmt. Der erste Teil des unszenischen „Sprechstückes“ rückt Jorgos Papandreou (gespielt von Joachim Nimtz) ins Zentrum. Der Sozialist fungierte von 2009 bis 2011 als Premierminister Griechenlands. Vorgeführt wird er im Stück als Partner und Gegner der EU zu Beginn der Schuldenkrise. Partner weil er einräumte, dass Athen beim Beitritt in die Eurozone geschummelt hatte, Gegner weil er die Brüsseler Forderungen nach radikalem Sparen dem Entscheid des Volkes unterwerfen wollte. „Seht Papandreou – lasst ihn abtreten. Kein Verbrecher, kein Held“. Ihm stehen in „Die Griechen“ chorisch „die Presse“, „die Troika“ und „das Volk“ gegenüber. 
Im Teil zwei stehen „die Putzfrauen“ auf der Bühne, vor dem Eingang des Finanzministeriums von Varoufakis (gespielt von Felix Tittel). Mit Blutroten Handschuhen wird das Amt geentert und der frischgewählte Varoufakis stellt sie wieder ein, trotz leerer Kassen. Mit Witz, der trotz der dramatischen Thematik durchaus zutage kommt, verwandelt Braun, den Minotaurus in den „Eurotauros“ der als im Rollstuhl sitzendes Ungetüm beschrieben wird. 
Auf wessen Seite sich der Dramatiker Braun schlägt, ist klar ersichtlich – die Euro Strategen retteten nur die Banken, während die griechischen Mütter kaum mehr eine Geburt im Krankenhaus bezahlen können. 
Schon im Sommer konnte das Stück in der Uraufführung im Berliner Ensemble auf der Probebühne angeschaut werden. Der nächste Spieltermin ist der 04.02. um 20.00 Uhr, noch sind Karten erhältlich. 
 
(Griechenland Zeitung / Luisa Bollweg)
 
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den damaligen Ministerpräsidenten Jorgos Papandreou im April 2010 auf der Insel Kastelorizo. Damals gab er der Öffentlichkeit bekannt, dass Griechenland vor der Zahlungsunfähigkeit stehe. Das Land begab sich daraufhin offiziell unter den Rettungsschirm der EU und des IWF. Die Finanzkrise hat sich seither trotz aller Bemühungen und Sparmaßnahmen weiter verschärft. 
 
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