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Griechenlands Parlament verabschiedet die „letzten Opfer“ Tagesthema

Griechenlands Parlament verabschiedet die „letzten Opfer“

In der Nacht von Sonntag auf Montag haben 153 der insgesamt 300 Volksvertreter eine äußerst umstrittene Multigesetzesnovelle durch das Parlament gewunken. Dafür votiert haben alle 153 Abgeordneten der Regierungskoalition aus dem Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) und der rechtspopulistischen „Unabhängige Griechen“ (ANEL). 145 Volksvertreter aus der Opposition haben mit „Nein“ gestimmt. Zwei Parlamentarier waren abwesend. Die Abgeordnete Vassiliki Katrivanou aus den Reihen von SYRIZA hat sich in einzelne Paragraphen von der Linie ihrer Partei distanziert und hat anschließend ihr Mandat zurückgegeben. Ihren Sitz erhielt Jorgos Kyritsis.

Weitere Sparmaßnahmen auf Abruf
Beinhaltet in der Multigesetzesnovelle sind u. a. die Gründung einer neuen Kasse für Erlöse aus Privatisierungen und der „Mechanismus zur Finanzkorrektur“. Letzterer soll garantieren, dass neue Sparmaßnahmen ins Leben gerufen werden, falls der griechische Fiskus die mit den Geldgebern gesetzten Ziele nicht erreichen sollte. Weiterhin sind Erhöhungen der Mehrwertsteuer in mehreren Bereichen vorgesehen: darunter fallen Immobilien, Tabak, Treibstoffe und Bier. Bis 2018 sollen zudem jährlich 1,8 Milliarden Euro eingespart werden.


Die größte Oppositionspartei des Landes, die konservative Nea Dimokratia (ND), hat für 60 Paragraphen mit „Ja“ votiert. Das betrifft u. a. die Unabhängigkeit des Generalsekretariats für öffentliche Einnahmen, die Verpachtung von 14 Flughäfen im ganzen Land sowie Kürzungen bei öffentlichen Ausgaben. Auch die sozialistische Demokratische Allianz und die liberale „To Potami“ haben für die Verpachtung der Flughäfen gestimmt. Die kommunistische KKE hat sich bei den Paragraphen, die Steuererhöhungen bei Glückspielen sowie für Real-Estate-Unternehmen vorsehen, der Stimme enthalten.

Tsipras: „Opposition in der Sackgasse“
In seiner Rede erklärte Ministerpräsident Alexis Tsipras, dass in dieser Multigesetzesnovelle die letzten „Opfer des griechischen Volkes“ beinhaltet seien. Der Opposition warf er vor in „einer Sackgasse zu stecken“ und über keine wesentlichen Reformvorschläge zu verfügen. Tsipras zeigte sich letztendlich auch davon überzeugt, dass seine Regierung ihre Legislaturperiode voll ausschöpfen werde. Demzufolge werde es erst im Jahr 2019 zu einem Urnengang kommen.   
Oppositionschef Kyriakos Mitsotakis (ND) wiederholte sein Ziel, einen vorverlegten Urnengang herbeizuführen. Er bezeichnete das Regierungsoberhaupt erneut als „Lügner“ und als „unzuverlässig“. Seiner Ansicht nach verdiene es Tsipras nicht, Ministerpräsident zu sein. Der Regierung warf Mitsotakis vor, durch die durchgesetzten Maßnahmen die Mittelschicht zu zermalmen. Der Besitz von Immobilien etwa sei zu einem „Albtraum“ geworden. Auch ehrliche Arbeit werde bestraft.

Kundgebung vor dem Parlament
Zum Zeitpunkt der Abstimmung wurde vor dem Parlamentsgebäude am Athener Syntagma-Platz eine Demonstration durchgeführt. Daran beteiligt haben sich die beiden Dachgewerkschaften Öffentlicher Dienst (ADEDY) und der Privatwirtschaft (GSEE) sowie die kommunistische PAME. Angaben der Polizei zufolge, sollen sich etwa 11.000 Demonstranten eingefunden haben.
Nach der Abstimmung in dieser Nacht wollen sich am heutigen Montag die EU-Finanzminister zusammenfinden und über die Spar- und Reformfortschritte Griechenlands befinden. Voraussichtlich am morgigen Dienstag werden sie Grünes Licht für die Auszahlung einer Kreditrate geben. Medienberichten zufolge könnte diese eine Höhe von 11 Milliarden Euro erreichen.

Elisa Hübel


Unsere Abbildung (© Eurokinissi) entstand am Sonntag vor der Abstimmung der Multigesetzesnovelle im Parlament. Im Mittelpunkt (mit rotem Rucksack) Finanzminister Evklidis Tsakalotos.
  

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