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„Europa am Scheideweg: Verschiedene Geschwindigkeiten, eine Richtung?“

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„Europa am Scheideweg: Verschiedene Geschwindigkeiten, eine Richtung?“: Politiker und Wissenschaftler diskutieren über die Zukunft der Europäischen Union. Die Moderation übernahm die Journalistin Aristotelia Pelonis (Foto: © Griechenland Zeitung / Andreas Dengler). „Europa am Scheideweg: Verschiedene Geschwindigkeiten, eine Richtung?“: Politiker und Wissenschaftler diskutieren über die Zukunft der Europäischen Union. Die Moderation übernahm die Journalistin Aristotelia Pelonis (Foto: © Griechenland Zeitung / Andreas Dengler).

Über den Dächern Athens mit Blick auf die Akropolis wurde am vergangenen Mittwochabend über die Zukunft der EU diskutiert. Die Brexit-Abstimmung in London und das noch ausstehende Misstrauensvotum von Premierminister Alexis Tsipras in der Nacht auf Donnerstag prägten jedoch die Diskussionsrunde nachhaltig. Dass Europa aber nicht scheitern dürfe und weiterwachsen müsse, darin waren sich alle Gastredner einig.

Unter dem Titel „Europa am Scheideweg: Verschiedene Geschwindigkeiten, eine Richtung?“ hatten die CSU-nahe Hanns Seidel Stiftung Athen und das Institut für Demokratie Konstantin Karamanlis den ehemaligen Abgeordneten des EU-Parlaments und CSU-Minister Reinhold Bocklet und den griechischen Parlamentsabgeordneten und Vize-Vorsitzenden der Nea Dimokratia (ND) Kostis Chatzidakis zum Austausch eingeladen. Politik-Stratege Oliver Dreute, der Analytiker Jannis Koutsomatis und der emeritierte Professor für Politikwissenschaften an der Athener Universität Panos Kazakos vervollständigten die Runde.

Trotz aller Krisen sei Europa ein Hort der Freiheit, der Demokratie und des wirtschaftlichen Erfolgs, betonte Bocklet in seiner Rede. Als Krisen führte der Politiker, der 1979 als jüngster Abgeordneter in das EU-Parlament gewählt wurde, die Schuldenkrise, den Brexit, die Flüchtlingswelle, den internationalen Terrorismus und das Aufkeimen des Populismus auf. Und auch sein griechischer Kollege von den Konservativen schärfte den Blick auf die genannten Probleme. Laut Chatzidakis habe sich Griechenland sowohl in der Schulden- als auch in der Flüchtlingskrise im Epizentrum befunden.

Harte Ansagen hatte der ND-Politiker an die populistischen Parteien in ganz Europa, egal ob Brexit-Befürworter, die französische Nationale Sammelbewegung (früher: Front National, Anmerk. d. Red.)  oder die deutsche AfD. Und auch die aktuelle Regierung Griechenlands, die bis vor Kurzem aus dem Bündnis Syriza und ANEL bestand, rückte Chatzidakis in den Blickpunkt seiner Kritik. „Der Populismus kann das Gemüt der Menschen berühren, ohne aber die Probleme zu lösen“, sagte er zu seinem Publikum im Konferenzraum eines Athener Luxushotels. Mit Vernunft, realer Politik und Anpassung wolle man Chatzidakis zufolge die Bürger jedoch wieder für Europa begeistern.

In seinem Redebeitrag hatte der Konservative auch die anstehende Europawahlen im Blick: Zum ersten Mal werden dort auch etliche Politiker in das Parlament einziehen, die sich klar gegen die Idee des geeinten Europa stellen. Und auch sein Vorredner Bocklet betonte die Wichtigkeit der bevorstehenden Wahlen und warb für den gemeinsamen Kandidaten der Konservativen Manfred Weber (CSU).

Auf die Frage nach den „zwei Geschwindigkeiten Europas“, ein Ausdruck, der seit Jahrzehnten durch Konferenzen und Medien im ganzen Kontinent geistert, sagte Chatzidakis klar: „Ich will keine zwei Geschwindigkeiten Europas, aber sie sind bereits da.“ Seine Partei und er würden sich aber selbstverständlich wünschen, dass Griechenland zum harten Kern Europas gehöre und weiterhin eng mit den anderen Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten werde.  

Weit über 150 Leute waren zu der Konferenz gekommen und hörten gespannt den Rednern zu. Die Bestuhlung reichte nicht aus und selbst im Foyer und hinter den Stuhlreihen war noch ein dichtes Gedränge: Das Interesse war augenscheinlich sehr groß bei Jung und Alt. Unter den Zuhörern waren viele, die sowohl deutsche als auch griechische Wurzeln haben.  Gelockt haben dabei vor allem die beiden Gastredner Chatzidakis und Bocklet.

(GZad)

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