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„No more Morias?“ – Die Flüchtlings-Hotspots auf den griechischen Inseln

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Foto (© Eurokinissi) Foto (© Eurokinissi)

Die Flüchtlingslager auf griechischen Inseln sind seit Jahren überbelegt. Die Menschen dort sind unterversorgt und leben in Unsicherheit. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration zeigt in einer Analyse auf, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Lage in den Flüchtlingscamps zu verbessern.

Seit vielen Jahren zählen die Ägäischen Inseln zu den wichtigsten Zugängen für Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten nach Europa. Vor allem ab 2014 herrscht eine starke Migration auf Grund der schlimmen Zustände in Ländern wie Syrien, Libanon oder Somalia. Seitdem docken viele Boote mit Heimatvertriebenen an den griechischen Küsten an.
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR), ein unabhängiges, interdisziplinär besetztes Expertengremium, das die Politik handlungsorientiert berät und der Öffentlichkeit sachliche Informationen zur Verfügung stellt, macht in einer jüngsten Studie darauf aufmerksam, dass diese Menschen oftmals nur in unzureichend ausgestatteten Flüchtlingslagern untergebracht werden und dort meist lange ausharren müssen, bis über ihre Zukunft entschieden wird. Erinnert wird daran, dass die Inseln Chios, Leros, Lesbos, Kos und Samos von der EU-Kommission 2015 zu sogenannten „Hotspots“ deklariert wurden. Probleme stellen vor allem die Infrastruktur und die verfügbaren Ressourcen dar, die völlig ungeeignet sind, um Zehntausende Schutzsuchende dauerhaft unterzubringen. Die humanitäre Situation in den griechischen Camps zähle zu den angespanntesten in Europa.
Der SVR vertritt die Ansicht, dass das griechische System kaum nachhaltige Möglichkeiten der Unterbringung und Integration biete, sodass viele Menschen auf den Inseln festsitzen. Obwohl die Zahl der Neuankömmlinge in den letzten fünf Jahren deutlich gesunken sei, sei das System der Hotspots noch immer nicht funktional.

Viel zu wenig Platz

Dass in den meisten Flüchtlingslagern grundsätzlich zu wenig Platz und eine Überbelegung herrscht, ist kein Geheimnis. Dennoch hat sich in den letzten Jahren kaum etwas an der Kapazität der Camps geändert. Dies geht aus einer Grafik des Sachverständigenrats hervor. Darin wird aufgezeigt, dass die Zahl der Belegungen fast immer mindestens doppelt so hoch wie das Aufnahmevermögen ist. Anfang 2020 waren fast 40.000 Menschen untergebracht, während die Kapazität bei 6.000 bis 7.000 lag – geändert wurde damals allerdings nichts. Erst nachdem Anfang September im Flüchtlingsheim Moria auf der Insel Lesbos ein Großbrand ausbrach, stieg die Zahl der belegbaren Plätze: Moria wurde von den Flammen fast komplett zerstört, woraufhin das provisorische Lager Mavrovouni aufgebaut wurde – seitdem hat sich die Kapazität etwa verdoppelt. Dass es erst zu einer Katastrophe kommen müsse, ehe an der Struktur und Situation der Unterkünfte etwas verändert werde, zeige die Fehler und die Überforderung der Verantwortlichen im Umgang mit der Krise auf.

Ursachen und Lösungsansätze

Der SVR zeigt auch die Ursachen für die Überbelastung der Hotspots in Form von Puzzleteilen auf, die alle miteinander zusammenhängen: Langwierige und komplexe Asyl- und Rückführungsverfahren sowie Überstellungen auf das Festland und EU-weite Umverteilungen sorgen kaum für Entlastung in den Flüchtlingslagern. Ein fehlendes System für eine längerfristige Unterbringung und Integration in Griechenland erschweren die Lage genauso wie die mangelnden Ressourcen und räumlichen Beschränkungen in den Camps. Der SVR stellt zu diesen Problemen einige Handlungsansätze auf: Zunächst müsse die Infrastruktur und Organisation der Aufnahmeeinrichtungen optimiert werden. Dann sei es notwendig, die Versorgung und Lebensbedingungen vor allem für vulnerable Personen zu verbessern. Wichtig sei es auch, die Aufenthaltsdauer in den Hotspots zu begrenzen, damit die Asyl- und Rückführungsverfahren beschleunigt werden. Außerdem müsse man dauerhafte Lösungen für anerkannte Flüchtlinge finden, vor allem im Bereich Wohnraum und Unterbringung. Wenn die Regierung diese Ansätze befolgt, können sich die prekäre Situation in den griechischen Flüchtlingslagern langfristig verbessern und ein Weg hinaus aus der Flüchtlingskrise gefunden werden.

 

Finn Teutenberg

 

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