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Lefkas – Das Inselziel für Autofahrer

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Foto: © Eurokinissi / Porto Katsiki Foto: © Eurokinissi / Porto Katsiki

Lefkas ist eine von nur zwei griechischen Inseln, die man mit dem Auto auch ohne Fähre erreicht. Die andere ist Evia/Euböa. Das ist ein Bonus, den nicht nur zur Sparsamkeit gezwungene Griechen, sondern auch viele ausländische Wohnmobilisten gern nutzen.

Die Nähe zum Festland, von dem das von den Griechen meist Lefkada genannte Eiland nur durch einen schon von den Römern gestochenen Kanal getrennt wird, macht die Insel auch zu einem Dorado für Segler. Sie finden hier viele sichere Liegeplätze und Häfen zum Überwintern. Die Inselhauptstadt besitzt eine moderne Marina, die Vlichou-Bucht ist ein sicherer Naturhafen, in dem an vielen Sommertagen Hunderte von Yachten ankern. Deren Eigner und Charterer lassen sicher sehr viel mehr Geld auf der Insel als die Multimilliardäre, die sich auf den Lefkas vorgelagerten Inselchen eingekauft haben: Die einstige Onassis-Insel Skorpios gehört seit 2013 dem Russen Dimitrij Rybolowew, der ganze Süden von Meganisi Lord Jacob Rothschild. Madouri ist im Besitz der griechischen Familie Valaoritis, Skorpidi der griechischen Reederdynastie Livanos.
Von der Nähe so viel Geldes ist in Nidri, dem Versorgungshafen für diese Inseln, fast nichts zu bemerken. Einzig ein gelungenes Bronzedenkmal für Tankerkönig Onassis steht da am Hafen und trägt in seiner Basis die Maxime des Oligarchen „Men have to construct their own destiny“. Alles andere ist in Nidri völlig normal. Schön ist der schmale Strand, der sich vom Hafen aus nach Norden zieht. An ihm steht eine Reihe kleiner Hotels und Apartmenthäuser, die weder Straße noch Promenade vom Meer trennen. Ein Urlaub hier ist eher beschaulich. Man kann zu nahen Wasserfällen wandern, die freilich nur bis zum Frühsommer wirklich sehenswert sind, oder sich am südlichen Ortsrand die 2012-2014 gerade erneut von Archäologen untersuchten Steinkreise frühbronzezeitlicher Grabhügel anschauen, die der deutsche Archäologe Wilhelm Dörpfeld zwischen 1905 und 1912 freilegte. Eigentlich suchte er nach dem Palast des Odysseus, um seine eigenwillige These zu untermauern, Lefkas sei das homerische Ithaka. Die Tumuli wurden über der Verbrennungsstätte der Toten errichtet. Nachdem der Scheiterhaufen mit Wasser und Wein gelöscht worden war, mauerte man darüber bis zu 1 m hohe, kreisförmige Gräber aus Kalksteinplatten und Kieseln aus einem nahen Bach auf, die dann von einem kegelförmigen Erdhügel überdeckt wurden. Dörpfeld selbst blieb übrigens bis zu seinem Tod im Jahre 1940, der ihn in seinem Haus auf Lefkas ereilte, bei seiner These. Die Lefkader danken es ihm noch heute: Der meeresnahe Teil der Hauptstraße in der Inselhauptstadt Lefkada heißt bis heute „Odos Derpfeld“.

Die Inselhauptstadt  

Lefkada hat nichts von aristokratischer Schönheit und Eleganz der ionischen Schwesterstädte Korfu und Zakinthos, ist eher die Proletarierin unter den Inselmetropolen des Archipels. Die Häuser in der Altstadt sind fast ausnahmslos ein- oder zweigeschossig, selbst der historische Bau der Präfektur hat nur eine Etage mehr und wirkt eher wie ein großes Mietshaus denn als Sitz der Inselverwaltung. Die Obergeschosse der Häuser sind fast alle mit Holz oder Wellblech verkleidet, dass man der besseren Optik wegen oft in den verschiedensten Pastelltönen gestrichen hat. Ein Hauch von Karibik kommt auf. Die Außenmauern der venezianischen Kirchen sind brüchig, zeigen Risse, tragen Graffiti, dienen spielenden Kinder als Torwand. Man sieht ihnen ihr Alter an. Elegante Campanili wie auf Korfu und Zakinthos fehlen völlig, stattdessen tragen schmucklose Eisengerüste die Kirchenglocken. Lefkada wurde anders als Zakinthos vom großen Erdbeben 1953 nicht dem Erdboden gleichgemacht, sondern nur stark beschädigt. Zu verdanken war das der althergebrachten, eher primitiven Fachwerkbauweise aus osmanischer Zeit: Da nur wenige Häuser aus Stein, sondern fast alle aus Holz und Lehm erbaut waren, stürzten sie nicht ein, sondern wurden nur reparaturbedürftig. Manchmal hat man das Gefühl, das Erdbeben liege erst ein paar Wochen zurück. Hässlich ist Lefkada dennoch nicht: sein morbider Charme ist eine weitere Facette im vielfältigen Griechenlandbild des Reisenden. Dazu passt auch die Vielzahl der kleinen, sehr preiswerten Mezedopoleia entlang der autofreien Hauptgasse, die  hier noch immer althergebracht „agora“ genannt wird. An ihr und ihren Nebengassen liegen auch traditionelle Geschäfte mit erstaunlich vielen Stickereien. In der Spirituosenhandlung Frangoulis, die auch den inseltypischen Kräuterlikör „rozoli“ produziert,  sind die alten Fässer nicht nur Dekoration, sonder Lager für hochprozentigen Inhalt. Modern ist hingegen das Archäologische Museum. In ihm sind die wenigen Funde museumspädagogisch so gut aufbereitet, durch Fotos, Rekonstruktionszeichnungen und griechisch- sowie englischsprachige Texte erklärt, dass man hier mehr Zeit verbringen mag als im Museumsmuff größerer Ausstellungen anderswo. Besonders interessant sind die Antworten, die das Museum auf manche Fragen gibt: Womit spielten Kinder in der Antike? Wovon lebten die Familien? Wie machten sie Musik, womit zahlten und handelten sie?

Die Inselstrände

Lefkas Strandvielfalt beginnt schon zwei Kilometer außerhalb der Stadt. Da umschließt eine sandige Nehrung eine flache Lagune und wird gen Norden zum offenen Meer hin von einem kilometerlangen Sandstrand gesäumt, den viele Wohnmobilisten zum freien Camping nutzen. Die ganze Bucht vor dem Strand ist wegen der Fallwinde vom Festland her ein ideales Revier für Starkwindsurfer und Kiter, die im griechisch-österreichischen Milos Beach Resort ein fast perfektes Surferzentrum vorfinden, das sie oft den ganzen Urlaub über nicht landseitig verlassen.
Am anderen Inselende, in der Bucht von Vassiliki, sind Wassersportler ebenfalls bestens aufgehoben. Hier können auch Anfänger windsurfen oder das Cat-Segeln lernen. Der Ort gleicht mit seinen bescheidenen Häusern architektonisch einer Miniaturausgabe der Inselhauptstadt. Und er hat Flair: Zwischen den Tamarisken am Ufer, unter denen Cafés und Tavernen ihre Tische aufgestellt haben, spannen Fischer noch immer ihre Netze zum Trocknen aus. Mit kleinen Autofähren sind Tagesausflüge nach Fiskardo im Norden Kefallonias und nach Frikes im Norden Ithakas möglich, Badeboote bringen Urlauber an entlegene Strände.
Vassiliki gegenüber wird die weite Bucht von der Halbinsel Lefkata mit ihren fast weißen Steilklippen begrenzt. An ihrer Spitze weist ein kleiner Leuchtturm den aus Italien kommenden Fähren den Weg nach Patras. Er steht an der Stelle eines antiken Apollo-Heiligtums, in dem ein eigenartiger Brauch gepflegt wurde: Alljährlich wurde am Festtag des Gottes ein zum Tode Verurteilter von den steilen Klippen am Tempel in die Tiefe gestürzt. Man band ihm jedoch Federschwingen und sogar lebende Vögel an den Leib, die den Sturz mildern sollten. Unten warteten bereits Boote. Überlebte der Delinquent den Fall, nahmen sie ihn auf und brachten ihn ins sichere Exil.
Auf dem Weg zum Leuchtturm locken drei Traumstrände zu kurvenreichen Abstechern. Die Piste zum Egremni Beach endet soweit oberhalb des Meeres, dass der nur über viele Stufen erreichbare Strand selbst im Hochsommer herrlich leer ist. Zum Gialos Beach führt die Straße direkt hinunter – entsprechend machen hier auch schon einige Kantinas und Liegestuhlvermieter ihr Geschäft. Der Strand von Porto Katsiki schließlich ist durch in ganz Griechenland verkaufte Postkarten und die Fotoposter der Griechischen Fremdenverkehrszentrale so berühmt, dass der Parkplatz dort inzwischen größer ist als die Strandliegefläche. Man kann aber auch mit dem schnellen Ausflugsboot von Nidri aus hinfahren, das im Rahmen seines Tagestörns auch noch das schöne Fiskardo auf Kefallonia,  Kioni auf Ithaka und die Papanikolis-Höhle auf Meganissi ansteuert. Überhaupt ist die Zahl der von Nidrí auf Lefkas aus angeboten Bootsausflüge ein Traum für Inselsammler. So läuft zweimal wöchentlich die MS Christina die bewohnten Inselchen Kalamos und Kastos an, die sonst nur für Segler erreichbar sind. Ein ganz besonderes Erlebnis sind schließlich auch Fahrten mit der Odysseia. Sein Kapitän Gerassimos Ktenas, der einst als junger Ingenieur auf der Privatyacht von Onassis fuhr, ist fest davon überzeugt, dass schon Odysseus Amerika entdeckt hat. Er und seine französische Frau Mariedo versuchen während ihrer Tageskreuzfahrten wortgewandt, das zu beweisen. Sonnenschirme, Baderinge, Angel- und Schnorchelausrüstung sind mit an Bord seines Schiffes. Es sieht mit seinem roten Segel so aus, als sei es das Traumschiff des Odysseus gewesen.

Text: Klaus Bötig

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