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Ein gesegnetes Stück Insel …

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Foto (© GZrh): Vorbereitung für die große Inselfahrt. Foto (© GZrh): Vorbereitung für die große Inselfahrt.

Es fällt schwer, einer der fünf größeren Ionischen Inseln einen ersten Rang zusprechen zu wollen. Sie sind allesamt Juwelen im azurblauen Meer, und wenn sie Schattenseiten haben, was nirgendwo auf Erden ausbleibt, so sind es nur wenige. Eine vielleicht ist, dass die internationalen Touristenscharen sie bis zum Ersticken überschwemmen. Aber darunter leidet ja ganz Griechenland, und es ist, zugegeben, eher ein er- und einträgliches Leiden, denn es lässt den Euro rollen.

Weshalb ich mich für Lefkada entschieden hatte, ist im Rückblick nicht so recht nachvollziehbar. Es könnte daran gelegen haben, dass sich die Insel als einzige per Bus erreichen lässt. Das wollte ich doch mal miterlebt haben! Schon die Korinther hatten nämlich einen Damm durch die relativ schmale Wasserstraße zum Festland aufgeworfen, mit einer Klappbrücke dazwischen. Und dann kommt sogar noch ein Stück Tunnel, der sich in Richtung auf ein kurioses Lagunengewirr öffnet, an dem die Inselhauptstadt liegt, gleichen Namens wie das ganze Eiland. Also setzte ich mich in Igoumenitsa in ein Verkehrsmittel, und ab ging die Post.

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Bougainvilleen erfreuen das ganze Jahr über.

Ankern bei Agios Ioannis

Welch ein gesegnetes Stück Erde Lefkada ist, erweist sich schon daran, dass eine erste Besiedlung bereits vor 100 000 Jahren stattfand. Dann, viele Monde später, kam der Seeheld Odysseus, den manche rotohrigen Archäologen ebenfalls auf Lefkada ansiedelten, sehr zum Zorn der Bewohner der Nachbarinsel Ithaka, die den wichtigen Mann als den ihren beanspruchten, obwohl er in Wahrheit nur ein Sagenheld war. Ab 1479 ächzte Lefkada über 230 Jahre lang unter der Herrschaft der Türken, denen keiner eine Träne nachweinte, als sie schließlich verscheucht wurden. Erst 1864 wehten nach einem venezianischen Intermezzo die griechischen Farben über dem Eiland.
Lefkada ist mit maximal 15 mal 35 Kilometern nicht besonders groß und hätte sich von mir zur Gänze explorieren lassen, einschließlich der spektakulären weißen (lefkos) Klippenküste im Westen. Doch der Frühling hatte eingesetzt, früh, wie es sich dem Namen nach gehört, und überall wimmelte es von Touris. Nicht mein Ding. Man hat seine Not, eine Bleibe zu finden, und bei einem Bad rennen einen die Surfer über den Haufen. Also warf ich meinen Anker in Agios Ioannis, gleich am Ortsausgang von Lefkada, hochhausfrei und mit nahem Zugang zu einem langen Strand. Mein Taxifahrer hatte mich bei einer Art Onkel abgesetzt, der dort ein kleines Gasthaus betrieb.

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Der Strand des Hl. Johannes kann sich sehen lassen.

Vom Faulfieber erfasst

Logieren mit Familienanschluss ist für mich das einzig Wahre. Mein Wirt Niko war ein Prachtkerl, und alles zusammengenommen führte dazu, dass ich, von heftigem Faulfieber ergriffen, zwei Wochen statt der vorgesehenen zwei Tage blieb. Nikos sprach nur Griechisch und lobte meine Kenntnisse überschwänglich. Völlig zu Unrecht, denn ich kann gerade mal Manos Chadzidakis’ unsterbliches „Ap’to parathiro sou stelno ena, dio …“ rezitieren, und davon auch nur die erste Strophe. Aber das reichte, um von Nikos vergöttert zu werden. Ich wäre gar kein „richtiger“ Deutscher, meinte er, eher ein mediterraner Typ und in Griechenland bestens aufgehoben. Das hörte ich gern, offen gestanden.
So manches Häuschen im dichten Grün hätte mir als permanentes Domizil durchaus gefallen, und dass der Strand etwas kiesig war, machte mir nichts aus. Flache Dünen grenzen ihn zum Land hin ab, außer einer riesengroßen ganz im Norden. Wie konnte das angehen? Ich fand schnell heraus, dass es sich um Baggeraushub aus dem Hafenbecken handelte, den man dort aufgetürmt hatte. Was mochte er alles an antiken Schätzen enthalten? Das Graben verkniff ich mir aber, denn das darf man in Griechenland nicht.
Das ist Hellas, wie ich es liebe, und ich denke an jeden beim Heiligen Johannes verbrachten Tag gern zurück. Auf der Weiterreise legte ich noch in Nidri Station ein, das als touristisches Zentrum der Insel gilt. Aber es wurden keine zwei Wochen daraus, sondern nur ein Tag.

Text und Fotos von Roland Hanewald

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 672 am 10. April 2019.

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