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Diplomatie mit Fingerspitzengefühl: Die Namensfrage rückt auf die Tagesordnung Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras nach seinem Treffen mit dem Vorsteher der Kirche von Griechenland, Erzbischof Hieronymos. Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras nach seinem Treffen mit dem Vorsteher der Kirche von Griechenland, Erzbischof Hieronymos.

In New York beginnen die Verhandlungen zur Lösung der Namensfrage des Nachbarlandes am Vardar-Fluss. Der Anfang war etwas holprig: Im Inneren der beiden Länder regt sich großer Widerstand. Dennoch zeigen sich die Regierungen in Athen und Skopje entschlossen, eine Lösung zu finden.

 

Am heutigen Freitag (19.1.) beginnen die Gespräche zur Lösung der Namensfrage der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (UNO-Kurzbezeichnung: FYROM) in New York. Bereits am Donnerstag hat der UNO-Sonderbeauftragte Matthew Nimetz, der für die Überwindung der unterschiedlichen Standpunkte in der Namensfrage eingesetzt wurde, fünf Namen vorgeschlagen. Sie alle beinhalten die Bezeichnung „Mazedonien“ – und zwar auf slawisch. Der neue Namen soll sowohl international sowie bei bilateralen Angelegenheiten der Republik genutzt werden.

Die vorgeschlagenen Namen
Konkret handelt es sich bei dem UN-Vorschlag um folgende Benennungen: Republika Nova Makedonija (Republik Neu-Mazedonien), Republika Severna Makedonija (Republik Nord-Mazedonien) Republika Gorna Makedonija (Republik Ober-Mazedonien), Republika Vardarska Makedonija (Republik Vardar-Mazedonien) sowie Republika Makedonija (Skopje). In der Praxis würde in der Kurzform das Wort Republik wahrscheinlich wegfallen, so dass das Land dann in den meisten Fällen als „Nova Makedonija“, „Severna Makedonija“, „Gorna Makedonija“, „Vardarska Makedonija“ oder „Makedonija (Skopje)“ firmieren würde.
Kurz nach Ankündigung der Namen hat der Vertreter der FYROM Vasko Naumovski, der bei den Gesprächen in New York zugegen ist, konsterniert festgestellt, dass der Vorschlag von Nimetz „von einer würdevollen Lösung weit entfernt“ sei. Die politische Führung seines Landes hat sich von diesem Statement distanziert. Naumovski stammt aus den Reihen der politischen Opposition in Skopje.

Protest der Kirche
Doch auch in Griechenland wurden die Vorschläge des UNO-Sonderbeauftragten nicht von allen Seiten freudig aufgenommen. Für Sonntag (21.1.) werden gleich zwei Massenproteste durchgeführt, die sich gegen die Nutzung des Wortes „Mazedonien“ bei der Benennung des Nachbarlandes einsetzen. Die eine Kundgebung findet im nordgriechischen Thessaloniki und die andere in Ägion auf der Peloponnes statt. Organisatoren sind in beiden Fällen lokale Kirchengemeinden.
In der zentralen Kirche von Thessaloniki, die dem Schutzpatron der Stadt –dem Heiligen Demetrios – gewidmet ist, findet am Sonntag ein Gottesdienst statt, in dem u. a. dafür gebetet werden soll, dass es „Gerechtigkeit für das Griechentum unseres Makedoniens“ gegeben solle. Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Name „Makedonien“ griechisch ist. Thessaloniki liegt im Verwaltungsbezirk der Region Makedonien. Viele Griechen befürchten, dass die FYROM in Zukunft Ansprüche auf griechisches Territorium stellen könnte, sollte der Name „Mazedonien“ (Auf Englisch: Macedonia) anerkannt werden. In der Vergangenheit hatte es im Nachbarland wiederholt irredentistische Äußerungen gegeben, vor allem in der Anfangsphase nach der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1991.

Erzbischof vertraut auf Politiker
An den Demos wollen sich auch Mitglieder des rechtspopulistischen Regierungspartners ANEL beteiligen. Zwischen den ANEL und dem Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), dessen Parteichef Ministerpräsident Alexis Tsipras ist, kriselt es bezüglich der Handhabung der Namensfrage heftig. Auch bei der Frage, ob zu diesem Thema eine Volksabstimmung durchgeführt werden soll, wenn eine bilateral anerkannte Lösung auf dem Tisch liegt, sind sich die beiden Koalitionsparteien uneinig.
Premier Tsipras entfaltet im Vorfeld politische Aktivitäten, um für die Akzeptanz einer Lösung zu werben. Am Donnerstag hat er sich mit Erzbischof Hieronymos getroffen, um ihn über die Verhandlungen zu informieren. Das Kirchenoberhaupt hat sich anschließend gegen die Durchführung von Massenkundgebungen ausgesprochen. Er vertraue den zuständigen Personen, die von der Verfassung her beauftragt sind, nationale Fragen zu behandeln.

Die konservative Opposition
Die größte Oppositionspartei des Landes, die konservative ND, hat ihren Missmut über das Treffen zwischen Tsipras und Hieronymos zu verstehen gegeben. Verärgert zeigt man sich vor allem darüber, dass die Oppositionsparteien über den Verhandlungsstand und die konkreten Entwicklungen noch nicht informiert worden sind. Der Vorsitzende der ND Kyriakos Mitsotakis hat der Regierung vorgeworfen, „Geheimdiplomatie“ zu betreiben. Es steht so gut wie fest, dass auch ND-Mitglieder Präsenz bei den Protestaktionen der Kirche in Thessaloniki und Ägion zeigen werden.
Zu Wort hat sich auch der weltbekannte Komponist Mikis Theodorakis gemeldet. In einem Brief warnte er, dass die „territoriale Integrität unserer Heimat“ in Gefahr sei.

Die Stellung der NATO
Unterdessen hat sich am Donnerstag der Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg in Skopje aufgehalten. Nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten des Landes Zoran Zaev hat der Norweger betont, dass eine Aufnahme der FYROM in der NATO nicht möglich ist, solange keine Lösung für die Namensfrage gefunden wird. Er wiederholte, dass die Entscheidungen der NATO einstimmig getroffen werden. In dieser Situation gebe es keinen „Plan B“ erklärte Stoltenberg. Griechenland macht von seinem Veto-Recht Gebrauch, solange die Namensfrage nicht gelöst ist.
Am Freitag und Samstag tagt das Zentralkomitee von SYRIZA. Die Verhandlungen zur Namensfrage der FYROM wird dort auf der Agenda ganz oben stehen.

Elisa Hübel

 

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