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Der Konflikt Griechenland-Türkei: ein globales Problem

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Der Konflikt Griechenland-Türkei: ein globales Problem

Die Hanns-Seidel-Stiftung und der think tank „ekyklos“ veranstalteten in dieser Woche mit Unterstützung des Goethe-Instituts Athen eine Podiumsdiskussion zum Thema „Beziehungen EU-Türkei: Ausweglosigkeit oder Perspektive?“ Dabei wurde auch über die Rolle Griechenlands debattiert.


Die Geschichte der Beziehung zwischen der Türkei und Griechenland ist lang und schwierig, aber die Dreiecksbeziehung mit der EU ist es ebenfalls. Unstimmigkeiten darüber, wo genau die griechischen Hoheitsgewässer und Lufträume enden und die türkischen beginnen oder das Thema der Benachteiligung griechischer Minderheiten in der Türkei erschweren bis heute einen gutnachbarschaftlichen Umgang der beiden Nationen. Der Putschversuch gegen Präsident Erdogan im Jahr 2016 und die Tatsache, dass daraufhin acht türkische Offiziere mit einem Militärhubschrauber nach Griechenland geflohen waren, führte zu weiteren Spannungen.
Aber auch die Beziehung zwischen der EU und der Türkei ist keinesfalls einfach, was in der Podiumsdiskussion deutlich zum Ausdruck kam. Moderator Jannis Koutsomitis stellte eingangs fest, es gäbe vier Themen, die vor einem möglichen EU-Beitritt Ankaras erörtert werden müssten: Die Tatsache, dass in der Türkei keine Demokratie herrsche; die kulturellen Unterschiede, die sich durch den muslimischen Glauben ergeben würden; die noch immer nicht gelöste Zypernfrage und die politische Willkürlichkeit des Machthabers Erdogan.  
Der bekannte griechische Journalist Pavlos Tsimas zeigte auf, dass die Türkei in der Zeit zwischen 2002 und 2010 zwar schon einmal auf dem Weg war, ein demokratisches Land zu werden und auch versucht hatte, die Vorgaben der EU zu erfüllen. Er mutmaßte, dass die Nation durch die Unruhen des arabischen Frühlings wieder von diesem Weg abgekommen sei. Der EU-Beitritt der Türkei sei nun schon seit 30 Jahren im Gespräch, ergänzte Ludwig Schulz, Politikwissenschaftler der Universität München, doch bisher sei die EU nur dazu bereit gewesen, die Türkei als „privilegierten Partner“, nicht aber als „Partner auf Augenhöhe“ zu sehen. Zusammenarbeiten müssten beide Seiten aber auf jeden Fall: Aufgrund des Währungsverfalls und der Inflation brauche die Türkei die EU aus wirtschaftlicher und umgekehrt die EU die Türkei aus geostrategischer Sicht.
Die Redner strichen heraus, dass sich Griechenland aus dem Konflikt zwischen der Türkei und anderen Ländern heraushalten müsse. Der Sozialist Evangelos Venizelos, der u. a. Vizepräsident der Regierung unter dem Konservativen Premier Antonis Samaras war und gleichzeitig als Außenminister fungierte (2013-2015), betonte, es gehe nicht nur um die Beziehung der Türkei zu Griechenland oder zur EU, sondern zur ganzen Welt. Aus globaler Sicht sei nicht entscheidend, wie die Türkei mit griechischen Minderheiten in Istanbul umgehe, vielmehr gehe es darum, dass sie „die Menschenrechte aller“ beschneiden würde., Der Vizepräsident des Deutschen Bundestags Johannes Singhammer stellte die Frage, ob es unter den derzeitigen Gesichtspunkten nicht ehrlicher wäre, die Beitrittsverhandlungen zu beenden. Die Türkei sei kein demokratisches Land. Religionsfreiheit sei nicht vorhanden; Menschen würden inhaftiert, nur weil sie sich auf sozialen Medien negativ gegenüber dem Präsidenten geäußert hätten. „Menschenrechte müssen nicht nur formuliert, sondern auch geteilt werden“, urteilt Singhammer.
In einem waren sich die Redner alle einig: Es müsse sich noch viel verändern, bis die Türkei ein Mitgliedsland der EU werden könne, die Schauplätze der Konflikte seien vielfältig und Griechenland sei nur einer davon. (GZjs)

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Text und Fotos: © Griechenland Zeitung / Julia Schachinger

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