Schwierige Bedingungen für Flüchtlinge auf dem ehemaligen Athener Flughafen „Elliniko“
Die Lebensbedingungen für die rund 6.000 Flüchtlinge, die sich im ehemaligen Flughafen „Elliniko“ und dessen Umfeld, im Süden von Athen aufhalten, verschärfen sich. Die griechische Presse spricht bereits von einem „neuen Idomeni“. Der Bürgermeister der Gemeinde Elliniko sowie die Vorsitzende des Unternehmens „Elliniko A.E.“, die für die Verwaltung der Anlage verantwortlich ist, sprechen bereits von „tragischen Umständen“. Die Temperaturen in den Innenräumen der Ankunfts- und Abflughalle würden permanent an die 40 Grad Celsius erreichen.
Idomeni: Ärzte Ohne Grenzen behandelten hunderte Verletzte nach Einsatz von Gewalt
Zu den jüngsten Vorfällen in Idomeni an der Grenze zur Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien (FYROM) erhielt die Griechenland Zeitung folgende Pressemitteilung der Ärzte Ohne Grenzen (MSF), die an dieser Stelle veröffentlicht wird. Aus dem Text geht u. a. hervor, dass MSF zwei weitere mobile Teams in Idomeni eingesetzt hat, um die „wachsende Zahl der Menschen im Lager zu versorgen“.
Idomeni/Zürich, 11. April 2016 – Nach dem gestrigen Einsatz von Gewalt an der griechisch-mazedonischen Grenze haben medizinische Teams von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) hunderte Personen behandelt, darunter auch rund 40 Menschen, die durch Gummigeschosse verletzt wurden. Mindestens zehn Personen berichteten den Teams der Hilfsorganisation, dass sie von mazedonischen Polizisten geschlagen worden seien.
Die Lage war Sonntag früh sehr angespannt, als im Lager Tränengas, Gummigeschosse und Blengranaten eingesetzt wurden, um die Menschenmenge aufzulösen. Die Teams von MSF behandelten 300 Menschen, darunter 200 Personen mit Atembeschwerden durch Tränengas.
„Hotspot Hellas“: Es brodelt unter Flüchtlingen und in Gemeinden TT
Die geschlossene Nordgrenze und die seit Montag laufenden Rückführungen von Migranten, die nach dem 20. März in Griechenland eingetroffen sind, sorgen unter den Flüchtlingen für wachsenden Unmut. Sowohl im provisorischen Lager an der Grenze zur FYROM in Idomeni als auch auf den Inseln kam es am Freitagmorgen und auch bereits am Donnerstag zu Protesten und Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und griechischen Bürgern.
Flüchtlinge versuchten am Syntagma-Platz zu kampieren – Bürgerproteste auf Chios – Selbstmorddrohung auf Lesbos
In einer Protestaktion versuchten ungefähr 40 Flüchtlinge – darunter Frauen und Kinder – am gestrigen Mittwochabend, Zelte auf dem zentralen Athener Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament aufzuschlagen. Nach Medieninformationen wollten sie damit für eine Öffnung der Grenzen nach Mittel- und Westeuropa demonstrieren. Die Flüchtlinge hatten zuvor mit „solidarischen Bürgern“ aus dem linksautonomen Spektrum einen Protestmarsch vom Hafen zur Metrostation von Piräus veranstaltet und waren anschließend mit dem Zug in die Innenstadt gefahren. Auf dem Platz wurden sie bereits von Polizeikräften erwartet, die sie daran hinderten, ihre Zelte aufzustellen. In der Folge zogen sie, von Einheiten der Bereitschaftspolizei begleitet, in Richtung Monastiraki ab, wo die Bahnlinie nach Piräus verläuft.
Spannungen gab es am Mittwochabend auch auf der Insel Chios. Dort tagte der Stadtrat wegen der Flüchtlingsfrage. Der Bürgermeister der Insel, Manolis Vournous, warf der Regierung vor, Absprachen verletzt zu haben. Vor dem Rathaus hatten sich zwei Gruppen von Bürgern versammelt: Auf der einen Seite standen solidarische Bürger, die einen Stopp der Rückführungen von Flüchtlingen und Migranten in die Türkei forderten. Auf der anderen Seite standen Bürger, die forderten, die Flüchtlinge aus der Stadt fortzubringen, die vor einer Woche den Hotspot der Insel verlassen hatten und sich teilweise im Hafen eingerichtet haben. Am frühen Mittwochmorgen war der der Hafen mit einem Zaun in zwei Bereiche unterteilt worden. In einem Teil des Hafens landen die Fähren, während im anderen Bereich 250 der aus dem Hotspot ausgebüchsten Flüchtlinge und Migranten kampieren. Am Dienstag konnten wegen der Hafenbesetzung durch die Flüchtlinge keine Fähren anlegen. Sie waren zum Hafen von Mesta im Süden der Insel und ungefähr 30 Kilometer von der Inselhauptstadt entfernt umgeleitet worden.
Früher am Mittwoch hatten im Hotspot von Moria auf der Insel Lesbos ungefähr 100 Migranten aus Bangladesch und Pakistan einen Sitzprotest gegen ihre drohende Rückführung in die Türkei durchgeführt. Ein Pakistaner kletterte auf eine Strommast und drohte, sich an seinem Schal aufzuhängen. Er wurde von anderen Migranten davon abgebracht. In Moria saßen am Mittwoch 3.097 Flüchtlinge und Migranten. 3.083 von ihnen hatten einen Asylantrag gestellt, um ihre unmittelbare Abschiebung in die Türkei zu verhindern. (Griechenland Zeitung / ak, Foto: eurokinissi)
Schwere Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingen auf Chios – mehrere Verletzte
Mehrere Migranten wurden am Donnerstagabend bei einer Schlägerei im Hotspot auf der Insel Chios verletzt. Drei von ihnen mussten mit Verwundungen am Kopf und an den Beinen im örtlichen Krankenhaus behandelt werden. Lokale Medien auf der Insel berichteten, dass mindestens zwei Migranten durch Messerstiche verletzt wurden und dass es außer den drei, die ins Krankenhaus mussten, noch zahlreiche weitere Verletzte gegeben habe.
Darüber hinaus richtete die wütende Menschenmenge schwere Schäden an der Krankenstation des Hotspots sowie am Registrierungszentrum an. Die Polizei setzte Blendschockgranaten ein, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Die Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“ kündigte am Freitagmorgen an, dass sie sich aus dem Hotspot zurückziehen werde. Nach Angaben der Athener Nachrichtenagentur ANA-MPA waren zwei Gruppen von Migranten unterschiedlicher Nationalität aneinandergeraten.
Im Hotspot auf Chios sind nach Angaben griechischer Medien ungefähr 1.400 Migranten konzentriert. Sie sind alle nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei am 20. März in Hellas eingetroffen und sollen deswegen in die Türkei abgeschoben werden. Die Rückführungsaktionen werden laut Ankündigung der Europäischen Kommission am kommenden Montag beginnen.
Seit dem Abkommen werden die Hotspots als geschlossene Aufenthaltszentren betrieben. Entsprechend gereizt ist die Stimmung unter den Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens nach Griechenland gekommen sind und nun zurück geschickt werden sollen. Die Polizei hat bereits eine Verstärkung der Sicherheitskräfte auf den ostägäischen Inseln beschlossen. Insgesamt warteten auf den Inseln Chios, Lesbos und Samos am Freitag nach Medienangaben ungefähr 4.000 Menschen auf ihre Abschiebung in die Türkei – bei wachsenden Zahlen, denn jeder Neuankömmling nach dem 20. März soll zurückgeschickt werden. (Griechenland Zeitung / ak)
Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Donnerstag (31.3.) in einem Flüchtlingscamp bei Larissa in Mittelgriechenland. Integriert ist es in das Gelände einer Kaserne. Hier werden 1.500 Menschen betreut.