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LESER-GESCHICHTEN: E4-Epsilon Tessera: Eine (Fuß-)Reise quer durch die Peloponnes

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LESER-GESCHICHTEN: E4-Epsilon Tessera: Eine (Fuß-)Reise quer durch die Peloponnes
Mit „60plus" sind wir beide eigentlich über das Alter hinaus, in dem man noch (vermeintlich) verrückte Sachen macht. Jedoch, wir tragen - neben manch anderem - zweierlei in uns:Die Liebe zu Griechenland, speziell zur Peloponnes, und die Liebe zum Wandern und zur Natur, auch wenn es mal etwas härter werden sollte. So lässt sich erklären, dass uns seit langem der Europawanderweg E4 (im griechischen „Epsilon Tessera") auf der Peloponnes anzieht. Über viele Jahre hinweg sind wir immer wieder mal Teilstücke gewandert, haben unser Ziel erreicht, oder mussten witterungsbedingt aufgeben. Vor unserem diesjährigen Urlaub haben wir uns entschlossen, den Weg in seiner vollen „epischen" (rund 260 Kilometer) Länge von Diakopto bis Githio zu gehen.
ithio zu gehen. Zwei Wochen haben wir dafür eingeplant.

Bisher, über lange Jahre, war die Strecke von Nord nach Süd (oder umgekehrt) nur unter „erschwerten Bedingungen" begehbar gewesen. Neben Faktoren, die wie das Wetter oder die Topografie nicht beeinflussbar sind, gab es in der Vergangenheit Erschwernisse, die sich nun deutlich verbessert haben:
- Seit Frühjahr 2013 ist die Strecke durchgehend gut markiert.
- Unter großer Anstrengung wurden bis letztes Jahr Pfade gesäubert („entbuscht") und wieder gut begehbar gemacht. Es gibt nur noch eine kleine Stelle (vor Ano Doliana / Parnon), wo der Weg noch zugewachsen ist und in der Macchia schier zu „verschwinden" scheint.
- Die Unterkunftssituation am Weg ist erheblich besser als in früheren Jahren. Bis auf einige Ausnahmen hat man am Ziel der Tagesetappe oder in erreichbarer Nähe eine Unterkunft. Dabei handelt es sich um gute Hotelunterkünfte, deren Inhaber(innen) sich freuen, E4-Wanderer aufzunehmen.

Eine Reihe dieser Familienbetriebe haben sich zusammengeschlossen (Signum „E4-Etap-Hotel"), machen spezielle Angebote für Wanderer und unterstützen als Sponsoren den Unterhalt des Weges. Eine, wie wir finden,  unterstützens- und nachahmenswerte Initiative zur Verbesserung der „sanften" touristischen Infrastruktur im ansonsten bei Ausländern wenig bekannten Binnenland.

Trotzdem, der E4 ist kein Spaziergang, er ist durchaus anstrengend. Längere Wanderungen, auch mit längeren oder steilen Anstiegen sollte man gewohnt sein. Eine Planung der Tagesstrecken, verbunden mit einer rechtzeitigen Vorklärung der Unterkünfte ist empfehlenswert.
Soll der Weg alleine (und ohne einem Taxi-Service zum Gepäcktransport) versucht werden, dann kommt das Gewicht des Rucksacks hinzu. Zelt, Isomatte und Schlafsack sind zumindest für die zweitägige Taygethos-Strecke erforderlich, wenn man nicht in der unbewirtschafteten Hütte des Bergsteigervereins von Sparta unterkommt. Auch in Lykouria (Helmos-Gebiet) gibt es keine Unterkunft. Wir meinen, man sollte nicht mehr von „Wandern", sondern eher von „Trekking" sprechen. Eine Wertung ist letztlich müßig, weil Belastungen immer individuell unterschiedlich empfunden werden.

Wer den E4 geht, wird unterwegs - außer in Dörfern - kaum jemanden begegnen. Man ist in der vielfältigen Landschaft und in der, gerade im Frühjahr, wunderschön blühenden Natur allein unterwegs. Am Abend freut man sich, es geschafft zu haben, genießt die Dusche, das Abendessen  und den „Schlummertrunk".

Unsere Reise in Etappen (mit Auszügen aus unserem Tagebuch):

1. Tag  Sonntag, 18. Mai (Diakopto – Kalavrita)
Von A bis Z immer auf oder neben den Gleisen der Zahnradbahn die wilde und landschaftlich beeindruckende Vouraikos-Schlucht im Sonnenschein hinauf. Das sind 23 Bahnkilometer und 800 Höhenmeter. Nicht schlecht für den Anfang!

2. Tag Montag, 19. Mai(Kalavrita – Planitero / Klitoria)
Das Heraussteigen aus Kalavrita und die anschließenden Straßenkilometer bergauf nerven wie immer. Nach Loussi holt uns der Regen ein und begleitet uns stundenlang bis Planitero. Aber so sattgrün haben wir die Wegstrecke noch nie erlebt. Die neue Markierung ist top! Planitero wirkt ausgestorben: eine Unterkunft hat geschlossen, eine weitere ist telefonisch nicht erreichbar; es regnet Blasen und es ist kalt. Wir organisieren ein Taxi und lassen uns ins Hotel nach Klitoria bringen. Eine warme Dusche, ein beheiztes Zimmer und Souvlaki-Spießchen wecken die Lebensgeister.

3. Tag Dienstag, 20. Mai (Klitoria – Dharra)
Am Morgen: Wenige Meter über dem Hotel-Swimmingpool hängt der Nebel. Aber Wetterbesserung scheint in Sicht. Wir verzichten auf die Taxi-Rückfahrt nach Planitero und auf die Panoramasichten des Weges nach Lykouria (aber auch auf drei lange und noch nasse Anstiege!). Mit dem Taxi lassen wir uns gleich zu den Quellen das Ladonas bringen und steigen hier wieder in den E4 ein. Die Sonne ist heraus gekommen und der Anstieg nach Pagrati ist jetzt super markiert und gepflegt. In Dharra werden wir schon erwartet und von den Besitzerinnen des „Archontiko Kordopadi", einer fast feudalen Unterkunft, ganz herzlich begrüßt.

4. Tag Mittwoch, 21. Mai (Dharra – Vythina)
Eine lange „Überführungsetappe" mit viel Sonne und Wärme auf Erdstraßen mit vielen „Asphalt-kilometern", aber nicht „unhübsch". Bei einer Rast in Nymphasia wird uns spontan Wasser zum Trinken gebracht und Essen angeboten. Vythina liegt bereits auf 1000 Meter und ist, so zeigt ein Spaziergang durch den Ort, touristisch voll erschlossen und als Sommerfrische bei Griechen beliebt.

5. Tag  Donnerstag, 22. Mai (Vythina – Khardaras / Kapsia / Tripoli)
Ein klarer, sonniger Morgen. Gutes Wetter können wir heute gebrauchen, wir wollen das Menalo- Gebirge - das „Dach" unserer Tour (>1600 Meter) - überqueren. Von vielen Päuschen unter-brochen meistern wir den ersten kilometerlangen Anstieg durch dichten Tannenwald. Oben dann, nach einem Sattel, traumhafte, wirklich arkadisch-schöne Natur: blühende Wiesen unterbrochen von Tannenwäldchen oder einzelnen Baumgruppen. Auf den Wiesen ist der Weg nicht erkennbar, aber ein Markierungszeichen führt sicher und zuverlässig zum nächsten. Dann geht es wieder in den Tannenforst hinein; zuerst leicht, aber dann zunehmend steiler werdend, einen Berghang hoch. Der letzte Teil ist extrem steil und besonders anstrengend. Wir sind froh, als wir oben sind. Das Skigebiet hier wirkt irgendwie unwirklich und passt nicht in die Landschaft. Nach einer Pause geht's an den Abstieg nach Khardaras. Das Hotel dort ist leider geschlossen, also nochmals einige Kilometer die Straße hinunter Richtung Kapsia. Unten an der Hauptstraße hält sofort ein Bus nach Tripolis. Wir lassen uns gerne auflesen, auch wenn wir damit auf das Fußwegstück nach Tripoli verzichten müssen.

6. Tag Freitag, 23. Mai (Tripoli / Psili Vrisi – Aghios Petros)
Um aus der Stadt heraus zukommen, nehmen wir ein Taxi bis Psili Vrisi. Nach einem Stück auf einer Erdstraße biegt der Weg in ein Bachbett. Hier ist das laufen nicht angenehm und es geht nur langsam vorwärts. Durch den vielen Regen der letzten Zeit befindet sich noch viel Wasser im Bachbett. Danach beginnt eine Art „Schnitzeljagd" nach Markierungen und nach dem Pfad. Zuletzt im Steilhang nach Ano Doliana hinauf drücken wir uns schweißtreibend durch dichte Macchia und schaffen es tatsächlich „punktgenau" im Ort heraus zukommen. Es ist drückend heiß und gewitterig. Während einer Essens- und Trinkpause zur Erholung finden wir, dass heute genug Anstrengung war und fahren die letzten Kilometer mit dem Taxi nach Aghios Petros, das etwas abseits vom E4 liegt. Hier regnet es dann tatsächlich ein paar Tropfen.

7. Tag Samstag, 24. Mai (Aghios Petros – Vresthena)
Merkmal dieses E4-Teilstücks ist der Verlauf auf breiten Erdstraßen mit wenig Schatten, aber mit vielen Kurven und Serpentinen durch Wald und Macchia des Parnon. Wir kommen gut vorwärts, obwohl die Sonne knallt. Schon am früheren Nachmittag laufen wir in Vresthena ein und werden in einem Haus (einer Mischung aus einem Kaffee, Kramladen, Esslokal) herzlich mit Essen und auch ausgiebig mit Tziporou begrüßt. Die Stimmung ist ausgezeichnet, auch wir halten uns - trotz der Kilometer in den Beinen - echt gut.

8. Tag Sonntag, 25. Mai (Vresthena – Theologos / Sparta)
Zuerst geht's in ein schönes und grünes Bachtal hinunter. Nach einem Trockenflusstal beginnt dann eine wunderbare Flusstalwanderung mit viel Schatten von am Wasser stehenden urtümlich geformten Platanen. Oft muss dabei das flach dahinfließende Flüsschen gequert werden. Unsere Stiefel werden nass, aber die Füße bleiben zum Glück trocken. Zum Ende hin, schier unvermeid-lich, sind noch schattenlose Anstiege zu bewältigen. Häuser eines Dorfes lassen glauben, bald am Ziel zu sein. Leider ein Irrtum, die Straße geht daran vorbei, nach einem Abzweig kommt nochmal ein Anstieg auf einen Hügel und dann windet sich eine Asphaltstraße schier ohne Ende den Berg hinunter, bis man endlich da ist. Die letzten zwölf Kilometer nach Sparta hinunter nehmen wir uns dann aber ein Taxi.

9. Tag Montag, 26. Mai (Sparta / Mistra – Anavriti)
Am Morgen fahren wir nach Mistra (zum oberen Tor) hinaus und machen einen Spaziergang von oben nach unten durch die geschichtsträchtige Ruinenstadt. Dann, gut einen Kilometer weiter, laufen wir nach Parori und steigen hier zum Beginn unseres Taygethos-Wanderteils auf einem schönen Pfad eine Schlucht hoch. Es ist kein langes Wanderstück um über das Kloster Faneromeni nach Anavriti, einem schön gelegenen Bergdorf, zu gelangen. Tags zuvor haben wir uns bereits mit Jorgos Kanellopoulos, der dort in seinem Haus Zimmer vermietet und daneben auch Hüttenwart der Berghütte des Bergsteigervereins Sparta ist, in Verbindung gesetzt. Sein Haus ist nicht nur von der Lage sehr schön, sondern auch die Ausstattung ist ausgezeichnet, liebevoll bis ins Detail und so richtig zum wohlfühlen. Als Bergführer „lebt" er das Taygethos- Gebiet. Zum Abend werden wir bekocht; es gibt zu trinken und zum Tagesabschluss spielt er Gitarre und singt dazu.

10. TagDienstag, 27. Mai (Anavriti – Petavli)
Ab hier, um in das nächste Dorf zu kommen, sind es zwei Tage. Da die Berghütte geschlossen ist, hat uns Jorgos empfohlen, ein Stück weiter bis zu einer Stelle, die „Petavli" heißt, zu gehen. Hier findet sich ein Unterstand, unter dessen Dach man im („Halb-")Freien nächtigen kann. Aber zuerst ist „Steigen" gefragt, teilweise steil und anstrengend. Dann aber kommt eine wunderbare Wanderstrecke, immer auf 1200 bis 1300 Meter Höhe. Linker Hand hat man einen Blick über das weite Tal südlich von Sparta, rechter Hand steigt steil das Taygethos-Massiv an. Es hat jetzt, Ende Mai, noch viel Schnee oben am Berg. Nach der Berghütte, die auf 1550 Meter liegt, geht es dann - teilweise abenteuerlich und auch über eine Eisenleiter wieder hinunter nach Petavli. Wir nutzen nicht den Unterstand, sondern schlagen unser kleines Zelt lieber auf einer Wiese unter einem Nussbaum auf. Es gibt eine Wasserleitung, sogar ein Waschbecken ist da. Wir schlafen gut, obwohl die halbe Nacht der Wind richtig pfeift und der Bergwald laut rauscht.

11. Tag Mittwoch, 28. Mai (Petavli – Arna)
Es geht weiter den Hauptkamm des Gebirges entlang, bei Aghios Dimitrios über einen Sattel hinweg und dann auf der anderen Seite steil in ein Bachbett hinunter. Die Schäden eines Windbruchs sind soweit bereinigt, dass ein Hinunterkommen ohne Kletterei möglich war. Später beim Abstieg auf Pfaden mit losem Gestein, haben wir aber schon gemerkt, dass die Trittsicherheit gelitten hat und die letzten Tage an unserer Substanz gezehrt haben. In Arna im Schatten der rießigen Platane am Dorfplatz wurden wir mit Kirschen willkommen geheißen.

12. TagDonnerstag, 29. Mai (Arna – Aghios Nikolaos)
Dieses Wegstück hat in seinem ersten Teil etwas geheimnisvoll-verzaubertes an sich. Es geht (wieder einmal) in ein Bachbett hinunter und danach hinauf auf gut 1000 Meter zu einem Sattel mit dem Kloster Jiatrissa, das abweisend wie eine steinerne Festung wirkt. Unterwegs geht man durch einen Wald auf einem alten Saumtierpfad. Die alten Bäume und die Steine sind grün vermoost, von den Ästen hängen Flechten herunter; Licht und Schatten wechseln und man könnte glauben, jeden Moment erscheint eine Fee oder ein Kobold. Bei uns ist das nicht der Fall gewesen, sondern es zog Schlechtwetter auf. Oben am Sattel gab es Starkwind, der graue Regenwolken vor sich her blies. In einer Kapelle konnten wir uns „wetterfest" machen und bald darauf gab es die ersten Regentropfen. Richtig zum regnen fing es nach Kastania, einem kleinen Dorf, an. Sehr nass sind wir glücklicherweise nicht geworden, weil wir ungefragt von einem Auto die letzten Kilometer bis Aghios Nikolaos mitgenommen wurden. Hier dann, grauer Regen und „Tristesse pur", bis sich ein Bus durch die Gassen quetschte. Zwei Fragen wurden mit „Ja" beantwortet: „Nach Githio?" und „Jetzt?". Rucki-zucki sind wir in Githio gewesen.

13. Tag Freitag, 30. Mai (Krini – Githeo)
So einfach haben wir es uns nicht gemacht. Wir hatten den Ehrgeiz, unsere Tour „mit Anstand" zu Ende zu bringen. Wir sind nach dem gestrigen Tag dann per Taxi nach Krini (bei Aghios Nikolaos) zurück gefahren und haben die letzte Etappe, nun bei wieder gutem Wetter, dann zu Ende bringen können. Man hat den Eindruck, der Weg führt erst einmal durch sämtliche Olivenhaine im Bogen um die Stadt herum, um dann über die Haupteinfallstraße den Hafen zu erreichen.
Wir haben uns zweimal (Donnerstag „vorsorglich" und am Freitag schließlich „endgültig") mit einem guten Essen in einem Fischrestaurant belohnt. War nicht billig, aber dafür gut.

14. Tag Samstag, 31. Mai (Rückreise)
Nach einem guten Frühstück an der Mole sind wir um 9.00 Uhr mit unserer Busrückreise gestartet. Nach Umsteigen in Sparta und Isthmus (Korinth) sind wir bereits gut sechs Stunden später in Eghio gewesen, wo uns Alexandros in Empfang genommen hat.

Elsa und Werner Meyer

Hier noch einige wichtige Adressen und Informationen

- unter www.e4-peloponnes.info gibt es die wichtigsten Informationen zur Planung der Tour, der Übernachtungen (mit Telefon-Nr. und Links zu den einzelnen Hotels!) und (neu) auch zum Gepäckservice (Gepäcktransport per Taxi)
- Jorgos Kanellopoulos (Bergführer / Hüttenwart Taygethos) unter
- Wanderführer Rolf Roost (Autor) „Griechenland: E4 Peloponnes" im Conrad Stein Verlag;
1. Auflage 2007
Hinweis:
Das Buch allein hat nicht mehr den aktuellsten Stand. Deswegen zum Buch unter www.conrad-stein-verlag.de das hier hinterlegte Update herunterladen!
Der Autor Rolf Roost ist Schweizer; er lebt und wohnt bis auf die Sommermonate bei Githio. Er führt auch Touren mit J. Kanellopoulos durch. Beiden ist es ein echtes Anliegen dieses Binnenland mit „sanftem" Tourismus voran zu bringen.
-Wanderkarten 1:50.000 im griechischen Anavasi Verlag; Blätter
 - Chelmos / Vouraikos
 - Mt. Menalo
 - Mt. Parnon
 - Taygetos
 - Mani

Erhältlich im Fachversand/Fachhandel oder auch direkt bei Anavasi (www.anavasi.gr)

Unter der Rubrik "Leser-Geschichten" stellt die Griechenland Zeitung Zuschriften von Leserinnen und Lesern ins Netz. Redaktionelle Eingriffe werden an den Texten nur vorgenommen, wo es unbedingt nötig ist. Die Griechenland Zeitung will damit Leserinnen und Lesern für ihre Griechenland-Geschichten oder -Informationen eine Plattform bieten

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