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Kunst, Tomaten und „Fouskes“

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Kunst, Tomaten und „Fouskes“

Was mich mit Griechenland verbindet, sind die Erinnerungen an die vielen, vielen kleinen Erlebnisse, die sich im Laufe von Jahrzehnten von Griechenlandurlauben angesammelt haben und in Reisetagebüchern ruhen, um manchmal hervorgeholt und wieder durchlebt zu werden.

Solche Erlebnisse sind fast immer ein Konglomerat aus Menschen, Gefühlen und Lokalkolorit. Einen besonderen Platz in meiner Erinnerung nimmt eine Begegnung ein, die mein Mann und ich im Jahr 2000 in Skopelos hatten.DSCN0470.JPGsmall

Nach einem erlebnisreichen Tag auf dieser schönen Insel mit Wandern, Klosterbesichtigung und Baden wollten wir am Abend unser wohlverdientes Abendessen in einem morgens schon ausgesuchten Gartenrestaurant konsumieren. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war uns bereits am Morgen ein alter Mann aufgefallen, der von Tomaten und Fisolen umgeben vor seinem Haus saß. An der Hauswand hingen viele Bilder. Jetzt, am Abend, saß er immer noch genauso dort. Da die Gartentür offen stand, traten wir ein. Herr Giorgios Giakeimis, so hieß er, bezeichnete sich selbst als Gärtner, Maler und Dichter. In seinem kleinen Häuschen, das gleichzeitig Wohnraum, Ausstellungsraum und Atelier war, malte er nach dem Tod seiner Frau Impressionen aus seinem Leben. Eine Katze mit hypnotisierendem Blick, einen Winkel in der Chora, die Kirche Panagia sto Pirgo, ein Kloster mit zwei Eseln, sich selbst mit seinen Tomaten, sich selbst mit seinen Eseln, eine Strandszene mit Booten…Letztere hatte es uns besonders angetan, vielleicht weil sie ungewöhnlich und exotisch wirkte. Jedenfalls beschlossen wir, das Bild zu kaufen. Kyrios Giorgios freute sich sehr, brachte Packpapier und Tsipouro, um den Kauf zu begießen, und suchte uns einige seiner schönsten Tomaten aus. Schade, dass wir nicht alles verstanden, was er sagte.
Da wir mit dem Flugzeug heimreisen würden, sorgten wir uns ab jetzt um den Transport unseres neu erworbenen Schatzes. Das Packpapier des Malers würde nicht reichen. Im Hotel versprach man uns Abhilfe und händigte uns das Bild mit etwas Zeitungspapier umwickelt wieder aus. Auch das überzeugte uns nicht, man hatte ja schon Schreckliches gehört über die Behandlung von Fluggepäck. Wir wollten unser Ölgemälde am liebsten in Bläschenplastik eingewickelt sehen, und das nicht zu knapp. Am vorletzten Tag unseres Aufenthalts, einem Regentag, durchstreiften wir Skopelos auf der Suche nach geeignetem Verpackungsmaterial. Erstes Problem: wie heißt Bläschenplastik auf Griechisch? Als wir schließlich nach langem Suchen ein Papiergeschäft gefunden hatten, ließ sich wenigstens diese Aufgabe lösen. „Plastiki me fouskes!“ so die Verkäuferin, führe sie leider nicht. In der nächsten Gasse rechts gäbe es aber ein Geschäft, wo wir sicher fündig würden. Nach längerem Suchen in mehreren Gassen links und rechts des Ausgangspunktes fand sich kein Geschäft des angegebenen Namens. Wie zum Hohn betrat gerade in diesem Augenblick der Betreiber eines Andenkenladens sein Lokal mit einer Riesenrolle Bläschenplastik unter dem Arm. Die hätte er in Volos gekauft, verriet er uns, wollte aber nichts davon abgeben. Entnervt gaben wir auf.DSCN0485.JPGsmall

Auf dem Weg ins Hotel holten wir noch eine Uhr ab, bei der wir eine Batterie wechseln hatten lassen. Und siehe da: der Uhrmacher wusste einen Laden, der auch tatsächlich existierte und zwar kein Bläschenplastik, aber doch etwas ähnliches, sehr brauchbares führte. Bei der Gepäckaufgabe in Skiathos, von wo wir den Heimflug antraten, merkten wir, dass die Sorgen voreilig und die Odyssee zur Fouskessuche wahrscheinlich nicht nötig gewesen wäre. Ein freundlicher Flughafenmitarbeiter nahm das Bild und versicherte uns, es besonders vorsichtig und ganz obenauf einzuräumen. So geschah es dann auch, und in Wien konnten wir unseren Schatz unbeschädigt von Gepäckband fischen.
Noch heute erfreut mich der Anblick dieses Bildes. Anlässlich einer Übersiedlung wurde sehr streng selektiert: was kommt mit? Doch das Bild und mit ihm die Erinnerungen begleitete uns natürlich! Es hängt in einem Zimmer umringt von vielen Fotos unserer Griechenlandurlaube, sozusagen unser „griechisches Zimmer“, und zeigt rechts unten die Signatur: „G.P. Giakeímis, 1997 Skópelos“.DSCN0466.JPGsmall

Peer Heidi

Dieser Beitrag und die Fotos wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung vonFrau Peer Heidi aus Österreich zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

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