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Unübersichtliche Situation in Libyen – Herausforderungen für Griechenlands Außenpolitik Tagesthema

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Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt die griechische und die libysche Flagge. Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt die griechische und die libysche Flagge.

Die politischen Beziehungen zwischen Griechenland und Libyen werden komplizierter. Einerseits mehren sich die Anzeichen, dass sich die sogenannte Libyen-Kreta-Route zu einer gefährlichen Strecke für Immigranten etabliert. Andererseits vertritt Libyen völkerrechtlich nicht haltbare Positionen, was die Festlegung der Ausschließlichen Wirtschaftszone im Mittelmeer betrifft. Athen sucht nach diplomatischen Lösungen.

Die Beziehungen zwischen Griechenland und Libyen sind alles andere als einfach. Vor allem die Abgrenzung der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zwischen beiden Ländern am Mittelmeer gewinnt politische Dimensionen. Vor nur wenigen Tagen hatte Tripolis in einer mündlichen Erklärung gegenüber den Vereinten Nationen Besorgnis über Pläne Griechenlands zum Ausdruck gebracht, südlich der Insel Kreta und der Peloponnes nach Erdgas zu bohren. Damit übernimmt Tripolis die türkische Auffassung. Dieser Interpretation zufolge verfügen Inseln über keinen eigenen Festlandsockel; somit sei die AWZ nur vom Festland aus zu berechnen – was allerdings gegen internationales Recht verstoßen würde.

Rolle der Immigranten
Die Regierung in Tripolis ging noch einen Schritt weiter und deklarierte eine Verletzung der Souveränitätsrechte des Landes. Auf diplomatischer Ebene könne jedoch eine Lösung gefunden werden, signalisierte man gleichzeitig. Hintergrund für diesen Eklat ist die Tatsache, dass Libyen im Jahr 2019 gemeinsam mit Ankara ein bilaterales Memorandum über die Festlegung einer gemeinsamen Seegrenze unterzeichnet hatte. Dieser Vertrag wird von griechischer Seite nicht anerkannt. Aus dem griechischen Außenministerium hieß es am Wochenende: „Griechenland lehnt jegliche Maßnahmen oder Handlungen ab, die auf ungültige und nicht existierende Abkommen beruhen – ohne jegliche Grundlage im Internationalen Seerecht.“ Am Dienstag wird Außenminister Jorgos Gerapetritis zu einem offiziellen Besuch in Tripolis erwartet. Zentraler Punkt seiner Gespräche vor Ort ist eine zunehmende Flüchtlingswelle, die sich seit einigen Wochen von der libyschen Küste in Richtung Kreta anbahnt. Daraufhin hat Athen scharfe Maßnahmen gegen Immigranten angekündigt, die über diese Route nach Griechenland kommen: Zunächst werden Asylverfahren für Flüchtlinge aus Nordafrika für drei Monate ausgesetzt, außerdem kommen sie in Griechenland in Haft – oder werden in ihre Heimatländer repatriiert. Am Sonntag (13.7.) hatte Premierminister Kyriakos Mitsotakis dazu erklärt, dass man der Situation nicht tatenlos zuschauen werde. Die Aktivitäten seines Landes seien zwar „streng, jedoch auch legal und berechtigt“.

Enge Beziehungen
Verkompliziert wird die Situation auch dadurch, dass Libyen politisch in einen völkerrechtlich anerkannten Westteil mit Tripolis als Hauptstadt und einen wesentlich größeren Ostteil mit der Hauptstadt Bengasi, wo Befehlshaber Chalifa Haftar herrscht, geteilt ist. Letzterer steht Russland näher, während Tripolis enge Kontakte zu Ankara pflegt.
Die Seite von Haftar, die international nicht anerkannt ist, hat angesichts der politischen Ereignisse offenbar das Ziel, eine Art Anerkennung hinter den Kulissen zu erzwingen. Vor diesem Hintergrund wurden in der vorigen Woche die Mitglieder einer EU-Delegation, darunter auch der griechische Minister für Migration und Asyl, Thanos Plevris, in Ost-Libyen als „Persona non Grata“ bezeichnet und zurückgewiesen. Allerdings: Ein paar Tage später hatte sich einer der Söhne von Haftar, der gemeinsam mit seinen Brüdern ebenfalls in der Politik mitmischt, mit dem Vorsitzenden der griechischen Gemeinde in Bengasi Kanakis Mandalios getroffen. Diesem übermittelte Haftar Junior, dass dieses Vorgehen nicht gegen Griechenland gerichtet gewesen sei. Außerdem hatte er ihm eine Erinnerungstafel für die beiden Kinder von Mandalios mitgegeben. Diese waren im September 2023 beim Angriff auf eine Hilfsdelegation aus Griechenland ums Leben gekommen, die nach einer schweren Überschwemmung vor Ort erste Hilfe leisten wollte. (Griechenland Zeitung / eh)

 

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