Griechenland soll zu einer wichtigen Drehscheibe der Gasversorgung Osteuropas werden. Das wurde bei einem Treffen von Vertretern aus zwei Dutzend Staaten Europas und den USA am Donnerstag und Freitag (6./7.11.) in Athen deutlich. Es handelte sich um das sechste Treffen auf Ministerebene für transatlantische Energiekooperation (P-TEC).
Erklärtes Ziel ist es, die Einfuhr von russischem Erdgas nach Europa schrittweise zu beenden. Geliefert werden soll dieser fossile Energieträger künftig von den USA – in Form von Flüssiggas (LNG). Dabei geht es vor allem um Länder in Südosteuropa: Griechenland ist über ein Netz von Pipelines mit Bulgarien, Rumänien, der Slowakei, Ungarn, Moldau und der Ukraine verbunden. Dieses System soll in den kommenden Jahren noch kräftiger ausgebaut werden. Was die Ukraine betrifft, so erhielt sie auf diesem Weg am Dienstag und Mittwoch dieser Woche bereits Erdgaslieferungen von knapp zwei Millionen Kubikmetern aus Griechenland.
Unabhängig von russischem Erdgas
Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vermittelte in einer Ansprache am Freitag eine klare Botschaft, dass Europa von russischem Erdgas unabhängig werden müsse. Der Weg dafür sei die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen seinem Land und den USA im Energiesektor. Er stellte fest, dass man nicht zulassen könne, dass russisches Erdöl „durch die Hintertür über die Türkei“ nach Europa gelange. Gleichzeitig vertrat er die Ansicht, dass Griechenland ein Faktor für die Energiesicherheit in Europa werde. Außerdem konstatierte er, dass die Beziehungen zu den USA „immer enger“ würden. Beide Ländern hätten „die grundlegende Verantwortung, ihre Bürger und Unternehmen mit Energie zu versorgen“, und man wolle „sicherstellen, dass Energiequellen und Rohstoffe nicht durch geopolitische Spannungen beeinträchtigt werden“.
Bohrungen nach fossilen Brennstoffen
Die USA waren bei diesem jüngsten Treffen in Athen prominent vertreten, u. a. durch Energieminister Chris Wright und Innenminister Doug Burgum. Die beiden US-Politiker verwiesen dezidiert auf die Rolle Griechenlands für die immer konkreter werdenden Pläne zur Versorgung Europas mit Energie.
Am Donnerstag hatte das US-Unternehmen ExxonMobil, die britische Energean und HelleniQ Energie eine Vereinbarung über Bohrungen nach fossilen Brennstoffen im Ionischen Meer geschlossen. Es handelt sich um den sogenannten Block 2 westlich von Kerkyra (Korfu). Mitsotakis kommentierte: „Die unterzeichneten und noch zu unterzeichnenden Abkommen zeigen, dass der Zusammenarbeit Substanz zugrunde liegt.“
Bereits Ende Oktober hatte Griechenland mit einem Konsortium des US-Konzerns Chevron Corporation und HelleniQ Energy Ministerialdekrete unterzeichnet, worin diese zum bevorzugten Investor für die Erforschung von Kohlenwasserstoffen im Meeresgebiet südlich vor der Peloponnes und südlich vor Kreta erklärt werden. In der Folge könnten entsprechende Pachtverträge unterzeichnet und vom Parlament ratifiziert werden. Allein in der Region vor Kreta sollen Schätzungen zufolge bis zu 280 Milliarden Kubikmeter Gas lagern – das könnte den griechischen Energiebedarf für Jahrzehnte decken und wäre auch eine Option für den Export.
(Griechenland Zeitung / Jan Hübel)