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Per Pedes durch Thassos

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Auf einsamen Wegen die Insel entdecken Thassos, die smaragdgrüne Insel in der Nordägäis, ist ein Paradies für Fußgänger. Flaneure finden beschauliche Bummelstrecken, anspruchsvolle Wanderer einsame Pfade und weglose Wildnis.
in der Nordägäis, ist ein Paradies für Fußgänger. Flaneure finden beschauliche Bummelstrecken, anspruchsvolle Wanderer einsame Pfade und weglose Wildnis.Frühstück am Kai von Keramoti auf dem Festland. Es gibt die letzten Käsestullen und warmes Wasser aus der Plastepulle. Dann kommt die Fähre angetuckert, wir gehen an Bord und schippern rüber nach Thassos. Nach einer guten Stunde Ankunft im Hafen von Limenas an der Nordspitze. Die kleine Inselhauptstadt empfängt uns mit Musik aus allen Kneipen. Klingt immer noch nach Rembetiko und Theodorakis – die alles nivellierende Popmusik ist hier kaum präsent. Man könnte sich glatt hinsetzen, um den ersten Inselouzo zu kippen. Doch es ist noch früh am Tag und die waldreiche Umgebung ruft uns zur ersten Schnuppertour dieser Reise.Es geht, vorbei am Dionyssos-Tempel, bergauf zur thassischen Akropolis. Der Aufstieg dauert keine Stunde, erfordert aber aufgrund der Höhe antiker Treppenstufen eine gewisse Sportlichkeit. Vielleicht begegnet uns deswegen unterwegs kein Mensch. Oben im Reich der Ruinen erwarten uns nur die alten Götter. Offenbar berauschen sie sich auch am märchenhaften Blick über Wald und Meer, von dem wir uns lange nicht losreißen können. Ein Platz, an dem man sich verlieren kann, um sich anschließend wieder zu finden. Wie neugeboren verlassen wir die Gefilde der „Jungfräulichen Jägerin“ Artemis und ihren vergessenen Tempel und steigen ab Richtung Meer, um Poseidon zu begrüßen. Am Wasser entlang auf einsamen Wegen zurück nach Limenas. Noch ist das Städtchen verschlafen und ruhig. Doch am späten Nachmittag kommt ein wenig touristischer Trubel auf die Straßen. Auch wir sind dabei. Aber nur ein bisschen, denn wir wollen fit bleiben für weitere Touren ...

Ein Labsal: das köstliche Wasser von Thassos

Eine davon beginnt in Panagia. Am dortigen Brunnen füllen wir unsere Flaschen mit dem köstlichen Thassos-Wasser. Es sprudelt aus den unergründlichen Tiefen von Mutter Erde und lässt jeden abgefüllten Mineraltrunk alt aussehen. Nachdem wir auch einen kräftigen Schluck getrunken haben geht’s per Drahtesel weiter nach Theologos und von dort aus zu Fuß nach Kastro. Anfangs ist es eher ein netter Spaziergang auf einem Forstweg. Doch allmählich wird der Weg steiler und steiniger. Er mündet in einen Maultierpfad, auf dem wir durch dichten Wald bergauf steigen. Oben angekommen können wir Kastro auf dem Gipfel eines felsigen Berges liegen sehen. Nur noch die vor uns liegende, weglose Schlucht scheint uns vom Ziel unserer Tour zu trennen. Wir klettern hinab, machen Krach und klopfen mit unseren Stöcken auf jeden Busch, damit die Schlangen früh genug abhauen können und uns nicht beißen müssen. Am Grunde der Schlucht plätschert ein Bächlein durch die Gegend. Da und dort hängen grünliche Wasserschlangen an den Ufersteinen. Unser lautstarker Auftritt scheint sie aber keineswegs zu irritieren. Träge bleiben sie auf ihren Plätzen und rühren sich auch nicht, als wir mit dem kühlen Wasser unseren Durst löschen.

Eine Trutzburg der thassischen Freiheit

Nach kurzer Pause geht’s erfrischt und mit neuen Kräften wieder bergauf. Doch auf den Weg bis nach Kastro müssen wir noch zwei weitere Schluchten durchqueren. Endlich erreichen wir das Dorf. Wir finden Platz in einer urigen Kneipe. Der Laden mit den ledergesichtigen Männern an den Tischen könnte glatt zu einem Italo-Western passen. Zum Glück wird uns kein Whisky serviert, sondern das köstliche Thassos-Wasser. Die Wirtin passt auf, dass wir schön langsam trinken. Anschließend gibt’s dann auch noch ein schönes Bier. Nachdem wir unseren Durst einigermaßen besänftigt haben, setzt sich einer der älteren Männer zu uns. Er war Müllkutscher in Dortmund und spricht auch so. Im Dorf seiner Kindheit verbringt er nun seinen Lebensabend.Wir bleiben noch ein Stündchen in diesem Bergdorf, das im Laufe der Geschichte immer wieder so was wie die Trutzburg der thassischen Freiheit war. Von hier aus führten die Insulaner weitgehend erfolgreich ihren Kampf gegen Piraten, osmanische Söldner und deutsche Eroberer. Am Nachmittag wandern wir über einen leichteren, aber auch längeren Weg zurück nach Theologos. Dort wartet Georgios mit dem alten, grünen VW-Bus. Die Mühle hat kein Zündschloss mehr, sondern nur zwei Kabelenden, die neben dem Lenkrad herunterhängen. Georgios hält sie kurz aneinander und schon stottert der gute alte Boxermotor los. Unsere einzige Autofahrt dieser Reise endet am Abend in Limenas, wo wir, am alten Hafen sitzend noch einmal den Sonnenuntergang bewundern.

Text und Fotos: Peter Homann

Tipps:

Das thassische Gebirge erreicht mit 1206 Metern zwar nur mittlere Höhen, ist aber oft felsig, steil und unwegsam. Leichte Bergstiefel sind daher angebracht.

Wegen der intensiven Sonne empfiehlt sich leichte, aber möglichst den ganzen Körper bedeckende Kleidung. Kopfbedeckung und Schutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor nicht vergessen.

Besonders gute Wandermonate sind Mai / Juni und September / Oktober. Juli / August sind mit Temperaturen über 30 Grad die heißesten Monate.

Wandern auf Thassos ist ein Leckerbissen für abenteuerlustige Individualisten. Wer geführte Wanderungen in der Gruppe bevorzugt, findet in Limenas, Skala Potamia, Skala Prinos entsprechende Möglichkeiten.

Unterkunft: Vom Privatzimmer bis zum Vier-Sterne-Hotel, vom Campingplatz bis zum Ferienhaus ist alles im Angebot.

Fährverbindungen bestehen nach Keramoti und Kavala. Kavala wird von München, Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt und Düsseldorf aus angeflogen.

©Griechenland Zeitung, erschienen in Ausgabe Nr.75

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