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Mit „Kehrchen" nach Griechenland (Teil 2)

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Foto (© Werner Sürgers) Foto (© Werner Sürgers)

Eine höchst ungewöhnliche Reise vom Norden bis an die Küsten der Ägäis trat in den 1980er Jahren eine Maschine an. Genauer gesagt: eine Kehrmaschine. Wer hätte gedacht, dass diese deutsche Kehrmaschine einem Kandidaten bei einer Bürgermeisterwahl in Griechenland zum Wahlsieg verhelfen könnte? Werner Sürgers staunte jedenfalls nicht schlecht, als ihn damals der Zweite Bürgermeister von Langada fragte, ob er nicht eine Kehrmaschine für ihn auftreiben könnte. Sürgers setzte alle Hebel in Bewegung und Ostern 1981 war es soweit: Die Reise des „Kehrchens“ begann …


Nachdem man Österreich und Jugolsawien hinter sich gebracht hatte, machte an der griechischen Grenze der Zoll Probleme. Wie gut, dass die Truppe ein Ass im Ärmel hat: Griechische Freunde mit hilfreichen Beziehungen …

Hinter dem griechischen Zoll lag (und liegt) Hotel Evzoni, das Anestis gehörte, dem Vater eines früheren Schülers. Wir bekamen ein Zimmer und bald standen wir vor ihm. Ich erzählte ihm das letzte Kapitel am jugoslawischen Zoll – und er war nicht sehr amüsiert, eher besorgt wegen der fehlenden Stempel. Dazu kam: Erst seit einer Woche gab es eine Zollverordnung, die nicht genehmigte Pflanzen-Importe unter hohe Geldstrafen stellte – und wir hatten doch den Laderaum voll mit Nikos Kübelchen. Das konnte ja heiter werden! Anestis rief dann noch ein paar Freunde an, ließ seine guten Beziehungen spielen und schaffte es wirklich: Wir hatten um 8 Uhr einen Termin beim Zolldirektor, der sich persönlich um uns kümmern wollte – was immer das heißen mochte. Danach sollten wir mit Kehrchen die etwa 70 Kilometer nach Thessaloniki zum Zollhof 5 fahren. Wir riefen dann noch Bürgermeister Jorgos im Dorf an. Er werde natürlich um 11 Uhr dort sein, um als Gemeinde-Vertreter und Empfänger die gewiss nicht einfachen Formalitäten zu erledigen. Mein Appetit am nächsten Morgen hielt sich in Grenzen: Zwei große Tassen griechischen bzw. türkischen Kaffees und ein paar letzte Marlboros reichten mir. Anestis ging dann mit uns zum Zollgebäude und zum Büro des Zolldirektors. Wir kamen dann langsam zur Sache. Anestis erzählte ihm von Kehrchen und unseren Zoll-Erlebnissen nebenan, der Direktor warf einen Blick auf unsere Zollpapiere und ging mit uns nach draußen. Er wolle die Kehrmaschine genau überprüfen, klopfte an einige Stellen und vermied es irgendwie, dem Stauraum hinten nahezukommen. Gute Fahrt – und die Sache mit dem TIR werde er klären. Wir verabschiedeten uns entsprechend herzlich und fuhren in Hochstimmung zum Hotel mit der Weisung, gleich zum Zollhof nach Thessaloniki zu fahren. Am Hotel luden wir die Grünpflänzchen aus und riefen Dr. Nikos Schwager in Thessaloniki an. Er und seine Frau wollten sofort kommen.

Welcome mit Kaffee und Metaxa

Nach knapp zwei Stunden auf der Autobahn griechischer Art (zwei breite Spuren mit Seitenstreifen; man fuhr normalerweise halb auf dem Seitenstreifen und ließ so Platz für überholende Fahrer mit weniger Zeit) kamen wir nach kurzer Suche auf dem Zollhof 5 an. Wir wurden schon erwartet. Vater Jorgos war da, strahlte, umarmte uns der Reihe nach und stellte uns wortreich vor. Kehrchens Geschichte wurde bei Kaffee, Metaxa 7 (griechischem Weinbrand) und griechischen Karelia-Zigaretten noch einmal erzählt. Der Direktor freute sich über die netten Kollegen in Österreich – und, ach ja, auch der Kollege von der Grenze in Evzoni habe ihn schon angerufen und uns angekündigt. Leider würden die Formalitäten für die Einreise und die Übergabe an die Gemeinde etwas dauern, aber morgen um 11 werde alles fertig sein. Jorgos lud uns zuerst zu einem klasse Mittagessen am Hafen ein und brachte uns dann zu unserem Hotel, der „Queen Olga“ auf der gleichnamigen Straße. Wir wollten uns am nächsten Tag, am Sonntag, um halb elf am Zollhof 5 treffen, und er werde wohl einige Leute mitbringen, „vom Gemeinderat und so“, die alle Kehrchen sehen wollten. Es war inzwischen 16 Uhr, und wir beschlossen, erst mal eine richtige Siesta zu halten.

Kein schlechter Seegang …

Am späten Abend gingen wir nur gegenüber in ein kleines Restaurant. Die Freunde waren vom Griechen in unserer Heimat, wo wir mit Jorgos damals gefeiert hatten, an Ouzo gewöhnt, doch der wurde in Deutschland nach dem Essen gereicht, obwohl er als Apéritif doch vor dem Essen getrunken wird. Wir probierten das auch ausführlich aus, natürlich mit ein paar Vorspeisen, denn ein Grieche trinkt nicht, ohne zu essen – isst aber auch nicht, ohne was Leckeres (Alkoholisches) zu trinken. Wir versuchten dann, richtige Griechen zu werden, und das gelang uns anscheinend ganz gut, denn am Ende – nach dem „besten Grillteller Europas“ – saßen der Besitzer und sein Schwager an unserem Tisch und wollten alle Einzelheiten unserer Fahrt wissen. Es wurde dann etwas spät, und erst kurz nach Mitternacht lagen wir wieder gegenüber in unseren Betten. Manes meinte: „Der Seegang ist heute aber nicht ohne!“.

Text: Werner Sürgers

 

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