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Hinter der griechischen Touristen-Kulisse

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Hinter der griechischen Touristen-Kulisse

Unser griechischer Sommer...

Im Urlaub auf den Inseln und zu Hause schon seit Jahren immer wieder mal davon geträumt... einen ganzen Sommer in Griechenland zu verbringen! Nach dem Motto ‚Träume muss man leben’ war es an einem nasskalten Märzmorgen in der Schweiz soweit: Jobs und Wohnung gekündigt, Wohnmobil eingerichtet und Aussicht für Arbeit in einem kleinen Hotel an der Südküste Kretas – unser griechischer Sommer beginnt.

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Vor der Arbeit soll der kretische Frühling auf der Westseite der Insel als Ferienzeit erlebt werden, er zeigt sich mit kühlen Temperaturen und seltenem, frischem vorösterlichem Schnee auf den weißen Bergen. Trotzdem eine eindrucksvolle Zeit: Bilderbuchstrände ohne Liegen und noch kaum Touristen; Chania – wohl die schönste Stadt Kretas; sprachlich einfaches und doch tiefgründiges Gespräch mit dem Mönch im traumhaften Kloster auf der Halbinsel auf der Alexis Zorbas vor der Kamera tanzte; Schafherden, die an schönen Strandplätzen neben unserem Wohnmobil weiden; in der Osternacht das Auferstehungslicht empfangen; eine eindrucksvolle Wanderung der Südküste entlang, vorbei an einem Ort, der nur per Schiff erreichbar ist.

Wir starten motiviert in die Hotelsaison – und quittieren den Job nach nur vier Tagen. Wir wollen uns nicht ausnutzen lassen und für einen chaotischen, selbsternannten Hotelmanager unseren griechischen Sommer opfern. Plan B ist gefragt: es gibt noch viel zu erkunden auf Kreta – und vielleicht öffnet sich an einem anderen Ort eine Türe, um in einem Hotel- oder Taverna-Betrieb mitzuarbeiten.

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Auf der Ostseite der Insel entdecken wir ein idyllisches Fischerdorf, mit einer kleinen vorgelagerten Insel; wir schlendern durch die Straßenmärkte mit einer Vielfalt von mediterranen Düften, kaufen sonnenfrisches Gemüse für unsere Womo-Küche und grillen Souvlaki direkt am Strand; auch hier sind wunderschöne Sandbuchten zu entdecken; die Wanderung durch das Tal der Toten bleibt uns als Erlebnisweg durch ein Wunderland mit Schmetterlingen und Libellen in Erinnerung; von einer kleinen weißen Kirche schauen wir auf das blau-silbrig schimmernde Meer, Hänge voller Olivenbäume und das kleine Bergdorf, in dessen Taverna wir am Abend griechische Musik und kretischen Tanz live miterleben.

Im Juli haben wir wieder Aussicht auf Arbeit in einem Betrieb mit Taverna und Studios in einem touristisch belebten Fischerdorf in der Mitte der Südseite der Insel. Aber mit dem Höhepunkt der griechischen Krise und den Kapitalkontrollen bleiben viele Gäste aus. Das fest angestellte Personal steht gelangweilt rum... es braucht uns hier nicht wirklich. Nebst der Griechenland-Krise erleben wir auch unsere persönliche Krise. Die Reise geht also weiter, weg von der Insel über touristisch wenig bekanntes Festland, die Meteora-Klöster und die Chalkidiki nach Bulgarien wo wir Freunde bei einem Hilfsprojekt für Romas unterstützen können. Geht unser griechischer Sommer(-Traum) somit frühzeitig zu Ende?IMG 3049.jpegsmall

Einen Tag, nachdem wir den Traum von der Rückkehr nach Kreta losgelassen haben, kommt die E-Mail: ‚Kommt zurück, es zieht mit der Arbeit wieder an, wir brauchen euch!’ Nun gibt es tatsächlich mehr zu tun, trotzdem brauchen wir Zeit, um im griechischen Arbeitsleben anzukommen. Vieles ist anders als wir es gewohnt sind – manches empfinden wir als ungeplant, auch launisch. Aber wir halten an unserem Traum fest, denn wir wollen ihn erleben, auch wenn nicht alles traumhaft ist. Es lohnt sich, auszuhalten, die letzten Wochen der zweimonatigen Arbeitszeit erleben wir so, wie wir uns das vorgestellt haben: Strand und Liegen in Ordnung halten, Gartenpflege; Mithilfe bei der Zimmerreinigung und in der Wäscherei; Abräumen und Abwaschen in der Taverna. Wir erleben Griechenland aus einer neuen Perspektive und sehen etwas hinter die griechische Touristen-Kulisse – eine spannende, bereichernde und herausfordernde Erfahrung. Viele Erinnerungen vom griechischen Alltagsleben sind uns wertvoll: die Freundschaft mit dem Zimmermädchen; wir werden von den Bewohnern im Dorf als temporär Dazugehörige gegrüßt; das eigens angefertigte Olivenholz-Kreuz darf nicht bezahlt werden; wir haben ‚unsere’ Lieblings-Ouzerie entdeckt wo wir immer wieder Ouzo & Mezedes genießen... Nebst unserer Arbeit ist es herrlich, täglich etwas Zeit am Meer zu verbringen und das feine griechische Essen in unserer Taverna zu genießen, das auch von unseren Freunden, die uns in unserem griechischen Sommer besuchen, gelobt wird.DSCN7890.jpegsmall

Für die letzten Wochen auf der Insel sind wir wieder Touristen: Weindegustation mit Blick auf die Messera-Ebene; Muscheln suchen am Sandstrand in der Nähe des Alt-Hippie-Dorfes mit den Höhlenwohnungen; Bummel durch die schönen und ruhigen Altstadtgassen von Rethymnon; warme spätsommerliche Tage am langen Strand mit den drei Felsen – unser Lieblingsplatz auf Kreta. Die abschließenden Tage verbringen wir in einem Haus mit Blick auf die Insel beim idyllischen Fischerdorf, welches unser Herz erobert hat: wir schauen in die Weite über das Meer, lassen das klare Licht in unsere Seelen scheinen und sind dankbar für alles Erlebte. Mit unserem griechischen Sommer im Herzen – nun gibt es ihn tatsächlich! – und viel geschenktem Raki und Olivenöl im Gepäck fahren wir nach Heraklion. Sommernachts-Atmosphäre pur umgibt uns, als wir in der windstillen Nacht bei Mondschein und einem Pick-Nick auf Deck mit der Fähre langsam aus dem Hafen gleiten. Αντιο Κρητη - τα λεμε!

Susanne & Matthias Roth

Dieser Beitrag und die Fotos wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Susanne & Matthias Roth aus der Schweiz zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!

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