Was mich mit dem schönen Griechenland verbindet, sind die ausführlichen Wanderungen durch die unberührte Natur, entlang einsamer Wege und oft auch pfad- und planlos querbeet. Jede Wanderung für sich ist Lebenszeit, zuversichtlich gehen wir los in unbekanntes Terrain, erleben Krisen, sind mutlos, sehen den Weg nicht mehr, motivieren uns gegenseitig und sind am Ende glücklich und stolz diese Herausforderung gemeistert zu haben.
Für die Griechenlandzeitung möchte ich ein Beispiel erzählen:
Der diesjährige Urlaub auf der schönen Insel Samos näherte sich seinem Ende. Abschließen wollten wir ihn mit noch einer schönen Wanderung. In unserem Wanderführer war etwas passendes schnell gefunden. Ausgangspunkt war der Ort Ireon, wo wir ohnehin in den letzten Urlaubstagen Quartier genommen hatten.
20 km sollten wir schaffen und das die Wanderung als schwer bezeichnet war schreckte uns nicht, da wir über eine gute Kondition verfügen und alle Wanderungen in diesem Urlaub ohne Blessuren und bleibende Schäden gemeistert hatten. Also die Wanderschuhe an, 1,5 l Wasser in den Rucksack und gut gelaunt ging es los.
Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass der exakte Einstieg in eine Wanderung richtig wichtig ist. Obgleich wir uns in dem kleinen netten Ort bereits gut auskannten, gingen wir anhand des Wanderführers strategisch vor. Leider lag schon der Basketballplatz nicht am richtigen Platz, so dass wir mehrmals den Wanderführer lesend den Ort durchstreiften. Endlich waren wir überzeugt, dass es anders nicht sein kann und durchquerten das im Wanderführer beschriebene schattige Wäldchen. Leider fehlten die herumliegenden Baumstämme, aber überzeugt, dass die Bewohner diese mittlerweile entsorgt hatten gingen wir munter unseres Weges.
Nicht lange, und wir sahen uns einer Schlucht gegenüber, die dem weiter beschriebenen Weg zuwider lief. Was tun; eine Durchquerung der Schlucht war nicht erfolgreich, Richtungswechsel, dann eben erst einmal rechts statt links. Oder doch nicht? Wo lag Fehler? Nochmal vorn vorne? Wir waren mittlerweile 20 statt der angegebenen 5 Minuten unterwegs. Ist ja auch nur ein Richtwert aber na ja, die Abweichung schon am Anfang lies nichts Gutes erahnen.
Nun gab es eine kurze Teamsitzung, einen Blick in die Ferne, Orientierung und wir gingen drauflos. Bald waren wir wieder auf dem richtigen Weg, fröhlich schritten wir aus.
Nach einer Linkskurve dann der Gau, pfadlos geradeaus weiter…..Ein Absturz konnte durch vorausschauendes Sehen verhindert werden. Versuch und Irrtum war nun die Devise. Erfolglos versuchten wir uns in die Gedanken des Wanderführerschreibers hineinzuversetzen. Geradeaus ging nicht, links oder rechts? Beides war zumindest schwierig. Immerhin, die kleine Kirche in der Ferne sollte die richtige sein. Also, noch einmal genau Wort für Wort den Wanderführer lesen. Ein Stück ausprobieren, resigniert gaben wir auf. Es schien nicht zu gehen. Also drehten wir um und gingen auf dem Fahrweg zurück und beschlossen ihn nicht mehr zu verlassen. Trotzig und wortlos gingen wir so vor uns hin, mit jedem Schritt in der heißen Sonne schwand mein Groll und machte Platz für einen felsenfesten Optimismus. Ich schlug meinem Mann Ulli vor, es noch einmal zu versuchen. Entgeistert schaute er mich an. Wieder zurück? Immerhin noch eine halbe Stunde in der Sonne. Schließlich ließ er sich überzeugen und an der kritischen Stelle angekommen gingen wir drauflos. Vorsichtig Schritt für Schritt, immer auf der Hut in ein Loch zu stolpern und mit der Befürchtung wieder umkehren zu müssen. Wir kamen an, sicher nicht ganz an der richtigen Stelle aber wir waren auf der richtigen Seite der Schlucht.
Mit gemischten Gefühlen gingen wir weiter. Alles was noch mit der Beschreibung in unserem Wanderführer übereinstimmte, war das kräftezehrende Aufwärtswandern.
Als wir menschliche Stimmen hörten war meine Erleichterung sehr groß. Kamen uns doch tatsächlich andere Wanderer entgegen. Diese würden Auskunft geben können ob dies der richtige Weg nach Pagondas war. Auf meine Frage, ernteten wir ein resigniertes „das wissen wir nicht, wir haben abgebrochen“. Ein Blick auf unsere Wanderführer zeigte, dass wir derselben Beschreibung folgten. Wir gingen weiter, stetig bergan, die Hitze war groß, Schatten Fehlanzeige. Meine Empörung über unseren Wanderführerautor wuchs mit jedem Schritt. Uns so in die Irre zu dirigieren…..Entschlossen teilte ich meinem Angetrauten mit, dass die nächste Zypresse an einer Kurve gelegen entweder den Blick auf Pagondas freigab, wie es im Reiseführer versprochen wurde oder ich stehen bleiben wollte wie ein störrischer Esel. Dort angekommen zeigte sich das der Weg unbarmherzig in eine nächste Serpentine führte. Längst war unser Wasservorrat auf einen halben Liter zusammengeschrumpft. Dieser war meine Notreserve. Jetzt war es mein Wandergefährte, der überzeugt richtig zu sein mich motivierte und tatsächlich nach einigen weiteren Kurven lag der Ort vor uns. Wir schleppten uns auf die Platia und unser Wanderführer behielt recht. Eine nette Tavernenwirtin empfing uns, wir stärkten uns mit 3 Litern frischen Wasser, Oliven, Tzatziki und Brot.
Das wir bis hier statt 2 nun 4 Stunden unterwegs waren konnte uns nichts anhaben. Immerhin ist die Angabe im Reiserführer nur ein Richtwert. Und mit dem Taxi nach Ireon zurück? Kein Thema, wo das Wandern in Griechenland so schön ist.
Sigrun und Ulli Reiser
Dieser Beitrag wurden uns im Rahmen unseres Leserwettbewerbes zum zehnjährigen Jubiläum der Griechenland Zeitung von Sigrund und Ulli Reiser aus Norddeutschland zugeschickt. Wir möchten uns dafür ganz herzlich bedanken!