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„Das Volk soll entscheiden“: Premier kündigt Referendum an Tagesthema

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„Das Volk soll entscheiden“: Premier kündigt Referendum an
Überraschend kündigte Premierminister Jorgos Papandreou am Montagabend die Durchführung einer Volksabstimmung an. Diese betrifft die am vorigen Donnerstag in Brüssel getroffenen Vereinbarungen bezüglich eines Schuldenschnitts für Griechenland. Papandreou begründete sein Unterfangen mit den Worten: „Das Volk soll über das Land und über sich selbst entscheiden.“ Bei diesem Plebiszit soll es nicht nur pauschal um den Schuldenschnitt gehen, sondern auch um die Konsequenzen, die das vereinbarte Paket für Griechenland vorsieht. Stattfinden soll das Referendum voraussichtlich Anfang des neuen Jahres.
es. Bis dahin sollen die endgültigen Details der Brüssler Schuldenvereinbarung unter Dach und Fach sein. Die Möglichkeit eines solchen Schrittes ist mit Artikel 44, Abs. 2, der griechischen Verfassung gegeben. Dort heißt es, dass der Staatspräsident „bei entscheidenden nationalen Fragen“ ein Plebiszit veranlassen kann. Voraussetzung für die Durchführung eines solchen Verfahrens ist eine parlamentarische Mehrheit von 151 Stimmen.
Die Oppositionsparteien lehnen den Papandreou-Plan, dem Volk in dieser wichtigen Frage das letzte Wort zu überlassen, vehement und einheitlich ab. Stattdessen forderten sämtliche Parteien die unverzügliche Ausrufung von Neuwahlen. Nachdrücklich deponierte der Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, am Dienstagmittag während eines Treffens mit Staatspräsident Karolos Papoulias diese Ansicht. Bereits vorher hatte der ND-Chef kritisiert, dass es sich bei der Volksabstimmung lediglich um „einen letzten Versuch“ der PASOK und Papandreous handle, „an der Macht zu bleiben“. Die Kommunistische Partei (KKE) sprach von „Erpressung“. So werde versucht, ein „Ja“ des Volkes zum Schuldenvertrag zu erhalten. „Nieder mit der Regierung. Wahlen jetzt!“ fordert die KKE. Der Fraktionsvorsitzende des linken Wahlbündnisses SYRIZA, Alexis Tsipras, sprach von einem „Trick“ Papandreous, um Zeit zu gewinnen. Tsipras hatte bereits am Montag bei Papoulias vorgesprochen, um vorverlegte Parlamentswahlen anzuregen. Der Vorsitzende der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, sprach von „Pseudo-Entscheidungen“ Papandreous. Nur Wahlen könnten noch einen Ausweg aus der jetzigen Lage weisen. Ähnlich argumentierte auch die Orthodoxe Volkssammlung (LAOS). Parteichef Jorgos Karatzaferis erklärte, dass Papandreou „seine abenteuerliche Politik mit einem genauso abenteuerlichen Volksentscheid“ absegnen lassen wolle. Die frühere ND-Außenministerin Dora Bakojanni, die nach ihrem Ausschluss aus der ND die Demokratische Allianz gegründet hatte, stellte fest, dass Papandreou das Land in ein „großes Abenteuer“ stürze. Damit wolle er lediglich seine eigene Zukunft und die Zukunft der PASOK retten.
Scharf kritisiert wurde das Vorpreschen Papandreous Richtung Volksentscheid auch von der griechischen Presse. Die auflagenstärkste Tageszeitung „Ta Nea“ titelte: „Politische Entwicklungen mit großer Gefahr“. Die „Kathimerini“ sprach von einer „Initiative mit hohem Risiko.“ Andere Zeitungen beurteilen die Lage wie folgt: Eleftherotypia: „Politische Bankrotterklärung der Regierung“; Eleftheros Typos: „Erpresserisches Hasardspiel“; Avgi: „Wahlen werden unausweichlich.“
Überrascht zeigten sich nicht zuletzt die europäischen Partner im Ausland. Allen voran soll sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel enttäuscht geäußert haben. Weil Papandreou auch in den eigenen Reihen auf immer stärkeren Widerstand stößt, hat er ebenfalls am Montag vor der Fraktion seiner Partei angekündigt, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Die Debatte darüber beginnt bereits am heutigen Mittwoch, am Freitagabend erfolgt die Abstimmung. Um das Vertrauen der Volksversammlung zu bekommen, sind 151 Stimmen nötig. Als Protest gegen das geplante Referendum trat am Dienstag die PASOK-Abgeordnete Milena Apostolaki aus der Fraktion aus. Damit verfügt die PASOK nur noch über 152 Sitze. Sollte die Vertrauensabstimmung oder der Volksentscheid negativ für die Regierung ausfallen, würde dies in Neuwahlen münden. (GZeh, Foto: Eurokinissi)
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