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Gespanntes Warten auf das Strafmaß für verurteilte Neofaschisten Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt die Mutter des von der Chryssi Avgi (CA) ermordeten Rappers Pavlos Fissas, Magda Fissa, nach der Urteilsverkündung des Gerichts am 7.10., wonach es sich bei der CA um eine kriminelle Organisation handelt. Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt die Mutter des von der Chryssi Avgi (CA) ermordeten Rappers Pavlos Fissas, Magda Fissa, nach der Urteilsverkündung des Gerichts am 7.10., wonach es sich bei der CA um eine kriminelle Organisation handelt.

Nachdem die neofaschistische Chryssi Avgi („Goldene Morgenröte“) am Mittwoch (7.10.) per Gerichtsurteil als „kriminelle Organisation“ eingestuft worden ist, wartet die Öffentlichkeit nun gespannt auf das Strafmaß für die einzelnen Täter. Das zuständige Gericht soll noch heute (9.10.) darüber befinden; die Urteilsverkündung wird für Montag erwartet.

Am Donnerstag war der Prozess der Urteilsfindung unterbrochen worden, weil nicht klar war, wem man mildernde Umstände zugestehen müsse und wem nicht. Einem Vorschlag der Staatsanwaltschaft zufolge könnte eventuell für alle Täter, die lediglich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation überführt wurden, das Strafmaß gemildert werden. Für die Gründung und Leitung dieser Organisation – für die sich sieben ehemalige Parlamentarier der Chryssi Avgi (CA) verantworten müssen – würden demnach keinerlei mildernde Umstände gelten; sie müssten mit mindestens fünf bis maximal 15 Jahren Freiheitsentzug rechnen, was von einigen Beobachtern als enttäuschend wenig bezeichnet wurde.
Vor dem Hintergrund der Urteilsfindung ist es zu heftigen Debatten innerhalb der größten Oppositionspartei, Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), gekommen. Im Mittelpunkt sehen Äußerungen des SYRIZA-Politikers und früheren Justizminister Stavros Kontonis (2016-2018). Dieser hatte am Donnerstag seinen Rücktritt aus dem Zentralkomitee von SYRIZA bekannt gegeben und von „Stalinismus“ und „Verleumdung“ gesprochen. Nun soll der studierte Jurist aus der Partei ausgeschlossen werden. Er selbst sprach von „innerparteilichen Kämpfen“, die keinerlei Bezug zu den Bedürfnissen der Gesellschaft hätten. Mit Blick auf die Urteilsfindung im CA-Prozess hatte er die vor gut einem Jahr von SYRIZA initiierten Veränderungen im Strafgesetzbuch kritisiert. Demnach dürfen auch rechtskräftig verurteilten Verbrechern nicht die bürgerlichen Rechte entzogen werden. Das bedeutet in der Praxis, dass die für schuldig gesprochenen CA-Politiker eventuell auch aus der Haft heraus kandidieren und politische Ämter übernehmen dürften – ungeachtet der Tatsache, dass die CA als „kriminelle Organisation“ eingestuft worden ist. Diese Änderungen im Strafgesetzbuch waren noch kurz vor den Wahlen 2019 auf eine Initiative der damaligen Regierungspartei SYRIZA verabschiedet worden.
Regierungssprecher Stelios Petsas von der konservativen Nea Dimokratia kommentierte dazu, dass mit diesen Abänderungen das Strafmaß für die Gründung einer kriminellen Organisation „deutliche vermindert“ worden sei. Nach der alten Regelung hätten die Schuldigen dafür zehn bis 20 Jahre Freiheitsentzug erhalten; seit 1. Juli 2019 sei nun eine „Mindeststrafe von fünf Jahren“ vorgesehen. Im Prinzip werde damit das Strafmaß für Gründung und Leitung einer solchen Organisation gleichgesetzt mit einer einfachen Mitgliedschaft. Petsas vertrat die Einschätzung, dass Ex-Minister Kontonis sowohl SYRIZA als auch den Vorsitzenden Alexis Tsipras davor gewarnt hatte, dass diese Reduzierungen des Strafmaßes den damals noch nicht verurteilten Mitgliedern der CA zu Gute kommen würden.
Um den Schaden zu begrenzen bracht SYRIZA im Parlament eine Initiative ein, wonach Mitgliedern einer kriminellen Organisation zwangsläufig die bürgerlichen Rechte entzogen werden müssen. Einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete auch die sozialistische Bewegung der Veränderung (KinAl). (Griechenland Zeitung / jh)

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