Ab dem neuen Semester werden vier private Universitäten in Griechenland aktiv und dürfen Unterricht anbieten. Die jeweiligen Abschlüsse werden mit denjenigen staatlicher Universitäten gleichgesetzt. Die Regierung spricht von einem Gewinn; die Opposition vermutet „gekaufte Diplome“. Unterdessen fallen hunderte staatliche Schulen dem Schülermangel zum Opfer.
Vier private Universitäten aus dem Ausland haben den Zuschlag erhalten, in Griechenland unterrichten zu dürfen: Open University, University of YORK, University of Keele und die University of Nicosia. Es ist das erste Mal, dass sich in Hellas private Universitäten etablieren dürfen. Bisher war dies von der Verfassung untersagt; der entsprechende Passus war auf Initiative der amtierenden Regierung der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) geändert worden. Abschlüsse, die an den betreffenden privaten Universtäten erworben werden, sollen gleichberechtigt mit denjenigen von staatlichen Universitäten sein. Studieren kann man künftig an diesen vier privaten Bildungseinrichtungen u. a. Jura, Medizin und Betriebswirtschaft. Bis zu 1.500 Studierende könnten diversen Medienberichten zufolge im ersten Jahr von diesem Angebot Gebrauch machen.
Zwei der Universitäten eröffnen in Athen und die anderen beiden in der nordgriechischen Metropole Thessaloniki.
„Zentrum des Wissens“
Einen Antrag gestellt hatten ursprünglich 13 Universitäten, die in Griechenland eine Filiale eröffnen wollten. Diejenigen, die es nicht bis zur Lizenz geschafft haben, können sich in Zukunft so lange weiter bewerben, bis sie alle Kriterien erfüllt haben, die erforderlich sind, um in Griechenland aktiv zu werden.
Premierminister Kyriakos Mitsotakis stellte fest, dass es das Ziel seiner Regierung sei, „Griechenland in ein Zentrum des Wissens zu verwandeln, das Studierende aus aller Welt anzieht“. Die entsprechende Reform seiner ND-Partei beschrieb er als „historisch“, und man sei stolz darauf.
Regierungssprecher Pavlos Marinakis fügte hinzu, dass es an der Zeit gewesen sei, dass auch in Griechenland private Universitäten öffnen, die „tausenden griechischen Studenten das Selbstverständliche bieten, wenn sie es wollen, an einer nicht staatlichen Universität zu studieren, ohne dafür ins Ausland immigrieren zu müssen“. Außerdem werde Griechenland dadurch zu einem Bildungs-Knotenpunkt, und es würden neue Arbeitsplätze entstehen. Der Staat werde weiterhin die staatlichen Universitäten unterstützen, stellte Marinakis fest und erklärte, dass diese u. a. mit Universitäten wie Harvard, Yale und Columbia kooperieren.
„Historische Farce“
Bildungsministerin Sofia Zacharaki vertrat die Ansicht, dass die künftige Generation von dieser Situation profitieren werde. Der Staatssekretär in ihrem Ministerium Nikos Papaioannou erklärte, dass dieses Gesetz jungen Menschen „mehr Chancen, mehr Auswahl und mehr Wege zur Exzellenz“ biete.
Alexis Charitsis von der linken Oppositionspartei Neue Linke kritisierte die Worte von Premier Mitsotakis und kommentierte dazu: „Dies ist kein historischer Moment, es ist eine historische Farce.“ Er fasste zusammen, dass man mit 10.500 Euro im Jahr Rechtsanwalt werden könne und mit 22.000 Euro Arzt. Hätte die Regierung nur einen Bruchteil ihrer Energie, die sie für die Gründung privater Universitäten ausgegeben hat, ins öffentliche Bildungssystem gesteckt, so würde es dem Land weitaus besser gehen.
Hunderte Schulen geschlossen
Unterdessen berichtet die Tageszeitung Kathimerini, dass jährlich bis zu 700 staatliche Schulen schließen, weil sie nicht genügend Schüler haben. Dieses Jahr sind sogar in Attika bzw. im Großraum Athen 77 Schulen betroffen. Seit 2018, so rechnet die Zeitung vor, seien „dem System bis zu 110.000 Grundschulschüler ‚verloren‘ gegangen“. Vorgesehen sei, dass ein Lehrer für mindestens 15 Schüler bereitstehen müsse. Ausgenommen von dieser Regelung sind sehr abgelegene Orte etwa auf Inseln oder Bergregionen. In der Tageszeitung Ta Nea wird der Präfekt Westmakedoniens Jorgos Amanatidis zitiert, der dort erklärt, dass die Schulschließungen vor allem kleine Dörfer seiner Präfektur betreffen und nicht so sehr die Städte. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)