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Die Kykladeninsel Milos

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Die Kykladeninsel Milos

Sie ist die bekannteste Frau der Insel und überall zu finden: die Venus von Milo. In großen und kleinen Kopien, als Geländeraufsatz oder unter Blumentöpfen und auf Postkarten sowieso – nur das Original sucht man vergeblich. Denn das berühmte, aus dem 2. Jh. v. Chr. stammende Marmorstandbild der Aphrodite ist heute eine der Hauptattraktionen des Pariser Louvre, wohin es, 1820 von einem Bauern auf Milos gefunden, auf einigen Umwegen gelangte. Doch dass die Insel mit noch viel mehr als den zahllosen Nachbildungen der Göttin der Liebe und der Schönheit aufweisen kann, versteht sich von selbst. Milos, die südwestlichste der Kykladeninseln, ist vulkanischen Ursprungs und gehört zusammen mit Methana, Santorini und Nisyros zu den aktiven Vulkanen des ägäischen Inselbogens.

Ein Umstand, der für Milos bis heute von großer Bedeutung ist, da sie zu den wenigen griechischen Inseln gehört, die nicht hauptsächlich vom Tourismus leben. Das Auskommen der meisten der etwa 5000 Inselbewohner ist nämlich direkt oder indirekt mit dem Abbau der Bodenschätze verbunden, der auf Milos schon seit der Antike betrieben wird. Damals war es vor allem das glasartige Lavagestein Obsidian, das zur Herstellung von Werkzeugen, Waffen und frühen chirurgischen Instrumenten diente und das in den gesamten Mittelmeerraum exportiert wurde. Heute werden diverse Vulkangesteine wie Puzzolan, Bentonit oder Perlit abgebaut und am Verladekai von Adamas in die ganze Welt verschifft, wo sie häufig in Baustoffen Verwendung finden. Die Geschichte und Gegenwart des Bergbaus findet sich in einem schmucken Museum am Stadtrand von Adamas hervorragend dokumentiert.

Bizarre Mondlandschaften

Der Vulkanismus aber ist für den Besucher der Insel auf noch direktere Weise erfahrbar. So kann man in Milos immer wieder bizarre Küstenformationen bestaunen, die von farbigem Lavagestein, Höhlen und Erosionseinschnitten geprägt sind. Etwa in Papafrangas im Nordosten der Insel, wo das Meer Wassergrotten und kleine Fjorde in den Bimsstein geschnitten hat, oder im nahe gelegenen Sarakiniko, das zweifellos zu den geologischen Höhepunkten der Insel gehört. In Sarakiniko nämlich hat das wegen der heftigen Nordwinde oft ungestüme Meer aus dem weißen Bimsstein kuriose Gebilde heraus gewaschen und so eine Mondlandschaft entstehen lassen, in der man wunderbar umhersteigen kann. Vom Vulkanismus gezeichnet sind auch die meisten Strände der Insel. Hinter vielen Sand- und Kieselstränden ragen farbenprächtige Klippen empor, hervorgebracht durch Umwandlungsprozesse von vulkanischem Gestein. Vor allem die Strände von Paleochori, Tsigrado und Firiplaka geben sich besonders farbenfroh, wobei die beiden letztgenannten Strände die Badefreuden immer mal wieder trüben können. In deren unmittelbarer Nähe nämlich wird der weiße Perlit abgebaut, weshalb feine Gesteinspartikel in der Luft umherwehen und auch schon mal im Auge eines arglosen Strandbesuchers landen. Da hilft kein Tun und Reiben, man sollte in diesem Fall sofort das Inselkrankenhaus in Tripiti aufsuchen, wo man im Sommer jeden Tag etwa zehn dieser „Perlitattacken" behandelt, indem man das schmerzende Steinchen geübt auswäscht. Übrigens Tripiti: Dieses Dorf liegt mit den Gemeinden Triovasalos, Pera Triovasalos und Plakes auf einer Art Hochplateau weit oben über dem Hafenstädtchen Adamas und ist mit ihnen nahezu zusammengewachsen. Unweit von Tripiti stößt man auf die „Katakomben", der wohl ältesten frühchristlichen Stätte Griechenlands. Hier haben im 1.-5. Jh. Christen Gottesdienste abgehalten und ihre Toten begraben, insgesamt hat man in drei Höhlen mit Gängen von fast 200 Meter Gesamtlänge knapp 300 Gräber gefunden. Und während sich oberhalb der Katakomben die Reste des antiken Melos finden, liegt unterhalb von ihnen der antike Hafen der Insel, das kleine Fischerdörfchen Klima, das heute für seine „Syrmata" bekannt ist, kleine Häuschen, die aus einem Wohnraum im ersten Stock und darunter einer Bootsgarage bestehen.

Mystische Stille

Doch zurück nach Tripiti bzw. noch ein Stückchen weiter in die Höhe: Dort nämlich thront mit Plaka der Haupt- und Verwaltungsort von Milos, dessen typische Kykladenhäuser mit vielen urigen Tavernen und Kafenions am Kastro-Berg zu kleben scheinen. Vom Kastro selbst, der einst von den Venezianern erbauten Burg, kann man nur noch wenige Überreste erkennen. Aber deswegen müht man sich auch nicht diese Bergkuppe hinauf, sondern wegen des umwerfenden Panoramas. Von hier nämlich kann man den Blick über den großartigen Golf von Milos auf die unbewohnte Westhälfte der Insel mit der höchsten, 750 Meter hohen Erhebung Profitis Illias schweifen lassen und zudem wunderschöne Sonnenuntergänge genießen. Wer nach der fast mystischen Stille des Sonnenuntergangs ein wenig mehr Trubel erleben möchte, der sollte in das Hafenstädtchen Adamas hinunterfahren. Dort hat sich mit zahllosen Unterkünften, Tavernen, Cafés und Souvenirläden das touristische Zentrum von Milos eingerichtet. Adamas ist eine angenehme und recht junge Siedlung, die 1824 von Kretern gegründet wurde, die nach einem Aufstand gegen die Osmanen hierher geflüchtet waren. Wem Adamas jedoch zu touristisch ist, der möge sich in einem der vielen neu gebauten, aber schönen Unterkünfte in Pollonia einmieten, einem kleinen Fischerdorf am nördlichsten Zipfel der Insel. Der Hafen dort wirkt verschlafen und wird nur von wenigen, aber ausgezeichneten Fischtavernen gesäumt, von denen man auf die Nachbarinsel Kimolos blicken kann. Wenn einem nicht gerade eine auf dem Geländer postierte Venus von Milos die Sicht raubt …

Informationen: www.milos-island.gr

Im Sommer fahren von Piräus aus tägl. Fähren nach Milos, und Olympic Airways fliegt den kleinen Flughafen der Insel zweimal tägl. an.

Thomas Plaul 

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