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Weiß und bunt: Die Insel Lefkas

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Der berühmteste Inselstrand: Porto Katsiki (Fotos: GZkb/cb) Der berühmteste Inselstrand: Porto Katsiki (Fotos: GZkb/cb)

Lefkas ist die ideale Insel für Auto- und Motorradurlauber. Eine Art Brücke führt mautfrei hinüber. Was lockt, sind vor allem die langen Strände unter den hellen Steilküsten am Ionischen Meer, die die alten Griechen zur Namensgebung „Die Weiße“ veranlassten. Grün ist die Insel aber auch – und in der Inselhauptstadt ausgesprochen bunt.

Flamingos stehen von Herbst bis zum Frühjahr in den Brackwasserseen, die die Zufahrtsstraße zur Insel säumen. Dann rattern die Räder über eine einzigartige Brücke: Eine offene Roll-On-Roll off-Autofähre liegt quer im Kanal, der Lefkas vom Festland trennt. Sie dreht nur ein paarmal am Tag bei, um Fischer und Yachten durchzulassen, ist ansonsten immer geöffnet. Gleich dahinter verzweigt sich die Straße. Eine führt auf einer sandigen Nehrung um eine weite Lagune herum und gilt Kite-Surfern als Eldorado. Die andere steuert auf einem Damm schnurstracks auf die Inselhauptstadt zu, im aktuellen Neugriechisch wird das Eiland selbst Lefkada genannt.

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Ein Hauch von Karibik

Das Gefährt bleibt gleich am Ende des Damms stehen, denn die historische Innenstadt ist weitgehend autofrei. Hier am Hafenplatz setzt auch die nach dem deutschen Archäologen Wilhelm Dörpfeld benannte „Odos Derpfeld“ an, die über einen Kilometer  lange Flaniermeile der Inselmetropole. Sofort schlägt einen ihr eigenartig nostalgischer Charme in seinen Bann. Die Häuser zu ihren Seiten sind maximal zweigeschossig, verzichten nahezu völlig auf den sonst ja so beliebten klassizistischen Schmuck. Keins ist als Neubau zu erkennen, alle wahren das gleiche Maß. Einige sind ganz, sehr viele zumindest im Obergeschoss mit Wellblech verkleidet. Das könnte schrecklich sein – doch das Wellblech ist in vielen Farben und meist pastellartigen Tönen gestrichen, Fensterläden und Türen sind häufig knallrot oder -grün.  Das verleiht Lefkada einen Hauch von Karibik. Seltsam sind auch die Glockentürme der vielen kleinen, historischen Kirchen an der Dörpfeld-Straße:  Es sind an Stromleitungsträger erinnernde Masten, reine Eisenkonstruktionen. Wie das Wellblech an den Häusern sind auch sie längst zur Inseltradition gehörende Provisorien – geboren aus der Not nach einem verheerenden Erdbeben im Jahr 1953. 

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Salsa und Salami

An der Odos Derpfeld liegt auch die kleine Platia, die mit ihren Cafés und Ouzerien den traditionellen Treffpunkt der Stadt bildet. Die Seitenwand der Kirche dient Kindern als Tornetz, die ganz Kleinen reiten auf Zebras, Elefanten und Kühen über den Platz: Inline-Animals sind en vogue. Wie ein Gruß aus vergangenen Zeiten wirkt der alte Drehorgelspieler, der jeden Abend mit seiner Frau seine Runden dreht. Die üblichen Souvenirgeschäfte fehlen an der Flaniermeile von Lefkada völlig. Feilgeboten wird, was die Einheimischen brauchen – von knochenbrecherischen Damenschuhen bis zur Designermode, von Unterwäsche bis zur luftgetrockneten Salami, für die die Insel landesweit berühmt ist. Die gut gestylten Kafenia am Straßenrand pflegen die Tradition der „Mezedakia“: zwei oder drei Tellerchen mit Leckereien nach Wahl des Wirtes zu Ouzo, Tsipouro, Wein oder Bier. Wer zweimal nachbestellt, erspart sich das Abendessen.

An den vielen Seitengassen wird vor allem gewohnt. Einsprengsel sind ein paar Tavernen und – ganz dem Flair des Städtchens entsprechend – ein paar karibische Bars. Kubanische Flaggen, Portraits von Fidel und Che zieren Mauern und Wände, auf den Karten stehen unzählige Varianten von Mojito, Daiquiri und Rum. Man raucht echte Havannas und lauscht Salsa-Klängen, oft sogar live gespielt.  

Strandparadiese

Der Weg an die Westküste mit ihren traumhaften Stränden führt zunächst einmal bergan. Fotostopps lohnen: Weit reicht der Blick über die amphibische Landschaft zwischen Lefkas und dem Festland bis nach Preveza, zum Ambelakischen Golf und in die Bergwelt von Arkananien. Im Moni Faneromenis, dem einzigen noch bewohnten Kloster der Insel, kann man sich noch den Tagessegen abholen, bevor es weitergeht. Der lange Strand von Nikiti liegt direkt an der Straße und gleicht deswegen im Sommer einem riesigen Wohnmobilstellplatz. Sehr viel schöner sind die langen Sandstrände im äußersten Südosten auf der Halbinsel Lefkata. Athani heißt dort das letzte Dorf. Viele Bauern hier sind auch Imker und verkaufen ihre Ware am Straßenrand. Wer keine Bienen besitzt, importiert Billighonig aus China und bietet ihn als seinen eigenen an.

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Dorado für Surfer: Die Bucht von Vassiliki

Unterhalb von Athani liegen mit dem Gialos Beach und dem Egremni Beach zwei kilometerlange helle Sandstrände, die völlig unverbaut geblieben sind. Stichstraßen führen bis ans Steilufer, das letzte Stück des Wegs muss man zu Fuß hinuntersteigen. Die Zufahrt zum Egremni Beach ist jedoch seit einem Erdbeben 2015 nicht mehr passierbar. Christos, Betreiber einer „kantina“ nahe dem Porto Katsiki Beach, weiß angeblich, warum sie nicht repariert wird: Die Besitzer der Ausflugsboote, die jetzt das Monopol auf den Egremni Beach haben, verhindern die Straßenreparatur. Der Porto Katsiki Beach freilich hat nicht unter solchen Erschwernissen zu leiden. Der Parkplatz oberhalb des Postkartenstrandes ist inzwischen fast größer als die Sandfläche, zu der ein gepflegter Stufenweg hinunterführt.

Ganz an der Spitze der Lefkata-Halbinsel weist ein Leuchtturm den Italien-Fähren den Weg nach Patras. In der Antike stand an seiner Stelle ein Apollon-Tempel. Zum Tode verurteilte Verbrecher erhielten hier die Chance auf ein Gottesurteil: Man band ihnen Vogelschwingen an die Arme und stürzte sie vom Kap. Überstanden sie den tiefen Sturz, fischten Boote sie auf und sie waren frei. Frauenfeindlichen antiken Legenden nach stürzte sich hier freiwillig die lesbische Dichterin Sappho in den Tod – aus Liebeskummer.

Buchten und Inselchen

Den Süden der Insel zergliedern drei Buchten. An der westlichsten liegt Vassiliki, Mekka von Windsurfern aus aller Welt. Sein Hafen wird gerade ausgebaut, ab 2018 fahren von hier wieder Autofähren nach Kefalonia und Ithaki hinüber. Die mittlere der drei Buchten gleicht einem schmalen Fjord. Sein Ufer ziert die maritime Idylle von Sivota, ganz und gar auf die jeden Nachmittag zahlreich hier einlaufenden Yachten eingestellt. Im Osten folgt dann die Rouda-Bucht mit dem Bergdorf Poros und einem der besten Campingplätze am Ionischen Meer.  

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Traumhafen (nicht nur) für Segler: Sivota

Die Inselrundstraße erreicht schließlich die Vlichou Bay und Nidri, den Hauptferienort von Lefkas. Myriaden von Segelyachten liegen hier an den Kais und vor Anker. Zwischen dieser Küste und dem Festland bilden zehn Mini-Inseln einen Archipel. Drei von ihnen – Meganisi, Kalamos und Kastos – werden von Normalmenschen bewohnt, auf Skorpios residiert jetzt die Tochter eines postsowjetischen Multimilliardärs. Zuvor gehörte Skorpios der Familie Onassis – eine Bronzestatue des legendären Aristotelis Onassis grüßt jetzt jeden recht jovial auf dem Hafenkai von Nidri. In diesem Archipel können sich Touristen auf vielfältige Weise bewegen: Mit führerscheinfrei zu mietenden Motorbooten, an von Motorbooten gezogenen Gleitschirmen, mit Seejaks und Tretbooten, auf Wasserskiern und Stand-Up-Paddles – auf Wunsch gar mit Yoga Sessions auf schwankendem Brett zwischendurch. Wer die Nautik lieber Fachleuten überlässt, bucht eine Tageskreuzfahrt zu den Inseln – etwa mit Käpt'n Gerassimos auf seiner „Odysseas“, die aussieht, als sei sie zum Kampf um Troja bereit. Garantiert wird der phantasievolle Kapitän unterwegs seine Beweise dafür vorlegen, dass Odysseus nicht nur bis Gibraltar kam, sondern auch Amerika entdeckte.

Kleine Entdeckungen sind aber auch in Nidri selbst möglich. Am südlichen Ortsrand durschneidet die Inselrundstraße ein mykenisches Gräberfeld, das schon Wilhelm Dörpfeld freilegte. Etwas landeinwärts kann man bis in den Frühsommer hinein unter einem kleinen Wasserfall plantschen, britische Nidrioten bieten geführte Wanderungen und Mountainbike-Touren an.  

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Von Dörpfeld entdeckt: Mykenische Gräber auf Lefkas bei Nidri

Grünes Lefkada

Im Inselinneren ist Lefkas nicht mehr weiß und kaum noch bunt, aber unglaublich grün. Wälder und Olivenhaine bedecken viele Hänge um den 1182 Meter hohen Inselkönig Stavrotas. Von Nidri kann man auf dem Rückweg in die Hauptstadt über eine Panoramastraße hinauffahren nach Karia, dem größten Binnendorf der Insel. Bevor man sich aber dort das private Ethnographische sowie das kuriose Phonographische Museum anschaut und sich anschließend auf den wohl schönsten Dorfplatz weit und breit setzt, lohnt noch ein Abstecher in völlige Einsamkeit: Zur Klosterruine des Moni Asomaton. Die schmale Stichstraße dorthin beginnt (gut ausgeschildert) an einer alten Brunnenanlage gleich hinterm kleinen Weiler Vafkeri. Die in stattlicher Höhe erhaltenen alten Gemäuer aus dem 17. Jahrhudnert träumen weitgehend unbeachtet in einem Wäldchen vor sich hin und sind ein idealer  Picknickplatz. Für musikalische Untermalung sorgen die Zikaden – für den typisch lefkadischen Geschmack eine mitgebrachte Salami von einem der Metzger der Insel. Auch „Avgotaracho“ wäre typisch: Die Inselvariante des Kaviars.

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Größtes Bergdorf auf Lefkas ist Karia.

Text Klaus Bötig

 

Weitere Informationen:

Offizielle Website der Inselverwaltung: www.lefkada.gr (auch deutsch)

Nächstgelegener Flughafen: Preveza (auch Charterflüge ab D/A/CH)

Autofährverbindungen: von Nidri nach Frines/Ithaki und Fiskardo/Kefalonia

Reiseführer: DuMont-Reisetaschenbuch Korfu/Jonische Inseln von GZ-Autor Klaus Bötig

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