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Land und Meer zum Verlieben

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Im „tiefen Süden“ das Taygetos-Gipfel Im „tiefen Süden“ das Taygetos-Gipfel

Die Insel des Pelops ist so vielfältig wie ganz Griechenland selbst – ob es sich um das spartanische Lakonien oder die mystischen Orte Mistra und Monemvassia handelt oder um die „karibischen“ Strände vor Neapoli.

Ist Griechenlands südliches Anhängsel Peloponnes nun eine Insel oder eine Halbinsel? Streng genommen trifft das erstere zu. Und zwar seit 1893. Damals nämlich wurde ein Projekt verwirklicht, das schon in der Antike, vor 2500 Jahren, die Griechen beschäftigt hatte: Ein Kanal durch den Isthmus von Korinth, vom Ionischen zum Ägäischen Meer. Französische Ingenieure und Baumeister setzten die alten Pläne schließlich in die Realität um. Heute ist der Kanal mit seinen himmelhohen Wänden eher eine Touristenattraktion denn eine wichtige Wasserstraße, zumal er keine Profite abwirft und von größeren Schiffen ohnehin umfahren wird. Dicke Kreuzfahrer lassen sich lediglich hindurchschleppen, damit ihre Passagiere das ungewöhnliche Panorama genießen können. Würden die Großtonner ihre Schrauben in Bewegung setzen, könnten die Steilwände zu bröckeln beginnen.

Arkadien im Herzen

Auf dem Wege über die Kanalbrücke gelangten meine Holde und ich nach Argolis im Nordosten der – bleiben wir dabei – Insel. Eine „heroische“ Landschaft, die Homer „rossenährend“ und „breitschollig“ nannte und um deren zentrale Burg von Mykene die düsteren Sagen um Herakles und Perseus ranken. An der schönen Küste gegenüber der Insel Ägina machten wir Station, blieben dann in Nafplion, einer der reizvollsten Landstädte des Hellas, und reisten letztlich nach Arkadien im Herzen des Peloponnes weiter.
Seit eh und je haben sich Romantiker für diesen mal wilden, mal milden Landstrich begeistern können, und wir machten keine Ausnahme. Tripoli, die größte Stadt, war nach unseren Begriffen allerdings nicht so toll. Uns zog es in den Süden des „Pelo“. Nur lag noch eine Pause dazwischen in Sparta, das auf Griechisch Sparti heißt.
„Nix los hier“, vermerkten schon antike Besucher der Stadt, deren Kargheit und Frugalität sogar in unser Vokabular Eingang gefunden hat, ebenso wie der Name der Provinz, deren Kapitale sie ist: Lakonien. Doch in Mistra, in den Bergen über Sparta gelegen, gab es schon mehr zu sehen. 1249 von fränkischen Kreuzrittern gegründet und danach Spielball zwischen den jeweils Mächtigen, gibt diese Ruinenstadt, zum Teil einfühlsam renoviert, immer noch eine Vorstellung ihrer einstigen Größe. Selbst wer für alte Gemäuer wenig übrig hat, wird sich eines leisen Schauers bei dem Gedanken nicht erwehren können, dass hier in alter Zeit ganz schön „was los gewesen war“, nämlich ein Kleinkrieg nach dem anderen.

Ort auf einem monolithischen Felsen

Prächtig dann die Route entlang der auch im Sommer verschneiten Gipfel des Taigetos-Gebirges. Von Gythio (Gition), einer kleinen Stadt am Golf von Lakonien, die einst Spartas Kriegshafen gewesen war, hätten wir uns am liebsten überhaupt nicht mehr getrennt. Wir pilgerten hinaus auf das heute mit dem Festland verbundene Inselchen Marathonissi, wo der Legende nach der Held Paris eine Nacht mit der schönen Helena zugebracht und derart den Trojanischen Krieg losgetreten haben soll ... Geschichtsträchtiges Land. Monemvassia an der Ägäis-Küste war wieder einmal solch eine von Geheimnissen umwitterte antike Stadt. Auf einem monolithischen Felsen erbaut galt sie vom 6. nachchristlichen Jahrhundert an als einzigartiges Kulturzentrum, bis in der Neuzeit alles verfiel. Heute ist Monemvassia im Original wieder hergerichtet worden, und man kann dort sogar permanent wohnen – eine faszinierende Perspektive.

Kristallblaues Wasser der Ägäis

Unweit von Monemvassia liegt Neapoli, ein verschlafenes Hafenstädtchen. Wer nach blitzweißen Stränden dürstet, der kann von dort auf die kleine Insel Elafonissi übersetzen, wo es mehr Sand als genug gibt, und das Ganze ist von dem kristallblauem Wasser umgeben, für das man die Ägäis so rühmt. Wenn wir uns schon von Gythio nicht trennen konnten – von dieser Insel erst recht nicht. Noch hatte die „Saison“ nicht begonnen, und die Strände lagen verwaist, kein Mensch war in Sicht. Wir deckten uns im gleichnamigen Inselhauptort ein mit krustigem Brot, Schafskäse und Tomaten ein, ließen ein Dutzend Orangen in unsere Tragetaschen kullern und verschwanden in Richtung Strände, um dort von morgens bis abends zu verweilen. Ein Stück Land und Meer zum Verlieben. Aber das gilt eigentlich für den ganzen „Pelo“. Das sagt jeder, der mal dort gewesen ist.

Text und Fotos: Roland Hanewald

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 675 am 8. Mai 2019.

 

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