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Eine kühle Wohlfühloase bei sengender Hitze

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Ein erfrischendes Museum (Fotos: GZlg) Blick Ein erfrischendes Museum (Fotos: GZlg) Blick

Im heißen griechischen Sommer lohnt der Besuch von kühlenden Fluchtpunkten. Einen davon entdeckte unsere Autorin: den Museumshof im westgriechischen Monastiraki an einem rauschenden Fluss. Die Hitze der Außenwelt ist hier nur eine Illusion.

Südwestlich an den Gemeindebezirk Paleros grenzend liegt die Korpi-Quelle, kaum zwei Kilometer außerhalb des Dorfkerns von Monasteraki, Region Ätolien-Akarnanien, Westgriechenland. Um meinen Trinkwasserbedarf zu decken – das Wasser aus dem Hahn enthält einen zu hohen Anteil an Kalk – und um Plastikflaschen zu vermeiden, nehme ich gerne in regelmäßigen Abständen die 20-minütige Autofahrt bis zur Korpi Quelle auf mich und fülle meine Behälter auf. Der Weg dorthin führt durch das Bergdorf Monastiraki mit seinen rund 1.300 Einwohnern. Die Region ist äußerst wasserreich, was sich die Einwohner des Ortes zunutze zu machen wissen. Die Quellen und der Fluss werden von den Gewässern der akarnanischen Gebirgskette gespeist; das Wasser donnert und fließt hier, in Monasteraki, aus dem Füllhorn. Das Rauschen ist gleich an der Einfahrt des Ortes zu vernehmen, in dem es sich während den heißen Sommermonaten wunderbar im Schatten altersstarker, grünbelaubter Bäume sitzen läßt. Hier gibt es Eichen, Kastanien, und ich staune nicht schlecht beim Anblick der Ahornbäume mit ihren unverkennbaren Blättern, die ich überhaupt zum ersten Mal in Griechenland erblicke. Es ist der Griechische Ahorn.

Es riecht wunderbar frisch

Nebst den prächtigen, hochgewachsenen Bäumen gibt noch weitere „Lockvögel“, die den Ausflug nach Monastiraki zu einem Ereignis der besonderen Art machen. Auf die Besucherinnen und Besucher warten Wanderwege, eine tolle Familientaverne im Dorfkern, alles unter Bäumen. Und es gibt zwei familienbetriebene Teppichwäschereien. Von Bergeshöhe schießt eine Wasserfontäne durch ein Rohr in ein strudelnd-sprudelndes Wasserbecken, in dem jeweils ein Teppich herumwirbelt. Nach der Reinigung werden sie zum Trocknen an Wäscheleinen gehängt. Jetzt, im Juni, finden wir zahllose Teppiche am laufenden Meter im Schatten sattgrün belaubter alter Bäume vor. Mitten hindurch rauscht der Fluss über glattgewaschenes Gestein, am Ufer hohe Gräser und Blumen. Es ist schattig hier, die Gischt des Wassers spendet Kühle, es riecht wunderbar frisch. Um uns herum ist alles grün, das Rauschen des Flusses übertönt unsere Stimmen. Die sattgrüne, naturbelassene Oase mit den an den Leinen aneinandergereihten Teppichen bietet einen ganz einzigartigen Anblick.

Pitas als kleine Delikatessen

Ein weiterer Lockvogel ist das neu eingerichtete Museum. Es liegt an der Hauptstraße, dem einzigen Durchfahrtsweg in Monasteraki. Der schöne Steinbau ist nicht zu verfehlen. Vor dem Hofeingang gibt es eine kleine Erhebung mit drei, vier Kaffeestühlen und mit einem kioskgroßen Anbau ans Haupthaus, in dem Pitas, Kaffee, Ouzo, kühles Bier und sonstige Leckereien angeboten werden. Die hausgemachten Pitas sind übrigens eine Delikatesse. Durch einen steinernen Rundbogen kommt man in den Innenhof, der am Fluss liegt. Auch hier fließt eine Quelle aus dem Gestein. Ich sitze mit meiner Freundin Joan unter dichten Baumkronen, in den starken Ästen über uns sehen wir bronzegrünen Rosenkäfern bei ihren Annäherungsspielereien zur Paarung zu. Die Frau aus dem steinernen Kiosk stellt einen vom eiskühlen Wasser beschlagenen Krug vor uns auf dem Tisch ab, zwei Fläschchen Ouzo und einen Teller mit mundgerechten Pitahäppchen. Wann die Taverne im Innenhof geöffnet sein wird? Wann das Museum? In zehn Tagen, sagt die Frau kurz angebunden, während sie uns mit ihrem zwischen Schulter und Ohr eingeklemmten Mobiltelefon bedient. Sie hilft heute aus.

Zeugen alter Traditionen

Im renovierten Steinbau zu unserer Rechten gibt es gleich neben der Tür, die ins Museum führt, zwei Zimmer zum Übernachten. Der Besitzer, den Joan vor wenigen Tagen hier antraf und der ihr begeistert die Räumlichkeiten, seine Kollektion an Objekten und seine Kreationen aus Holz vorführte, ist gerade nicht hier, doch es ist sonnenklar, dass er eine Leidenschaft fürs Sammeln und insbesonders für Antiquitäten hat. Eine alte Flugzeugtreppe der Olympic Airways ist dem renovierten Komplex aus Steinhäusern eingegliedert. Eine Moped-Antiquität, mit einer Blume geschmückt, steht unter einem Feigenbaum. Vorige Woche konnte Joan bereits einige Antiken drinnen im Museumhäuschen besichtigen: Türen mit Holzschnitzereien von Heiligen, Schwarzweißfotos, die Zeugnis von alteingesessenen Familien und von lokalen Dorftraditionen ablegen. In dem mit Steinen ausgelegten Innenhof steht eine Werkzeugbank, es gibt ein Häufchen Sägespäne, Werkzeuge liegen herum, einsatzbereit. Der Besitzer ist ganz klar ein begnadeter Handwerker. Die Oberflächen der beiden etwa sieben Meter langen Tische hat er aus einem Stück eines etwa ein Meter dicken Baumstammes hergestellt. Wir reden nicht viel, sondern wir geben uns ganz der Augenweide um uns herum hin. Das laute Rauschen des Flusses säuselt und schläfert uns ein, Pudel Rudi ist bereits im Nirvana. Wir sitzen bloß da und strecken die Beine in dieser Wohlfühloase aus. Irgendwo draußen sind es bereits 35 Grad Celsius, doch hier ist es kühl, es grünt, die Rosen blühen. Alles ist gut.

Fotos und Text: Linda Graf

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 835 am 3. August 2022.

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