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Maria Farantouri: "Priesterin" griechischer Musik

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Maria Farantouri: "Priesterin" griechischer Musik

Keine Frauenstimme hat das griechische Lied im Ausland so nachhaltig geprägt wie jene der Maria Farantouri. Als Idealinterpretin von Theodorakis-Kompositionen verstand sie es aber gleichzeitig, sich musikalisch nie vereinnahmen zu lassen und ging stets eigene Wege.

1947 als Kind einer Athener Arbeiterfamilie geboren, kam sie im Alter von 14 Jahren mit dem \"Verein der Freunde Griechischer Musik\" in Kontakt, dem damals alle jungen, aufgeschlossenen Musiker und Talente angehörten. Bei einer der Veranstaltungen hörte sie Mikis Theodorakis 1963 eines seiner Lieder singen. Die junge Sängerin beeindruckte den Komponisten derart, dass er ihr nach dem Konzert offenbarte: \"Du wirst meine Priesterin.\"

Jähes Ende des Aufbruchs

Ganz Griechenland befand sich Anfang der 60er Jahre im Zuge einer gesellschaftlichen Liberalisierung in Aufbruchsstimmung. Farantouri selbst räumte wiederholt ein, dass jene Jahre bis zur Diktatur die fruchtbarsten für sie und die griechische Musikszene waren. Über Klänge von Mikis Theodorakis oder Manos Chatzidakis drang vertonte Poesie griechischer Literaten in Bevölkerungsschichten, wie dies nie zuvor und wahrscheinlich in keinem anderen europäischen Staat der Fall war. Welches andere Land kann sich rühmen, dass in seinen Straßen oder Tavernen Texte von Nobelpreisträgern gesungen werden, konkret von Odysseas Elitis und Georgios Seferis? - Und das ist noch heute so! Die schöpferische Macht dieser Bewegung schien schier unendlich und eine ihrer tragenden Stimmen war jene Farantouris. Zu einer der bekanntesten Produktionen im deutschsprachigen Ausland aus dieser Zeit zählt der Mauthausen-Zyklus von Theodorakis. 1967 setzte die Militärdiktatur den Hoffnungen der Griechen ein jähes Ende.

Musik gegen Diktatur

In einer ihrer ersten Verordnungen verboten die Generäle die Musik von Theodorakis, Maria Farantouri floh kurz nach dem Putsch und noch vor der endgültigen Schließung der Grenzen ins Ausland. Dort setzte sie ihren Kampf für Demokratie fort. Mikis Theodorakis gelang es bis zu seiner Entlassung 1971 immer wieder, ihr aus dem Gefängnis Lieder ins französische Exil zuzuschmuggeln. Maria Farantouri wurde so zu einer Symbolfigur des Widerstands und der Hoffnung. In dieser Zeit entstand in Zusammenarbeit mit Mikis auch eines seiner - und ihrer - eindringlichsten Werke: Die Vertonung des \"Marsches des Geistes\" (\"Pnevmatiko Emvatirio\") nach einem Text von Angelos Sikelianos.

Gleich \"Göttin Hera\"

Unmittelbar nach dem Fall der Militärdiktatur kehrten Theodorakis und Farantouri nach Griechenland zurück, wo sie das Publikum mit unvergesslichen Konzerten begeisterten. Im August 1974 zählte die Aufführung des \"Canto General\" nach Texten von Pablo Neruda im Olympia-Stadion vor 70.000 Zuschauern zu einem ersten Höhepunkt: Sowohl bei den Interpreten als auch beim Publikum war die Freude über die wiedererlangte Freiheit regelrecht körperlich spürbar. Es war der spätere französische Staatspräsident Francois Mitterrand, der Maria Farantouri in seinem Buch \"Die Biene und der Architekt\" wohl am treffendsten beschrieb: \"Maria, die priesterliche, mit ihrem anatolischen Kleid, die Bühnenpose missachtend, aufrecht, die Arme an ihren Körper geschmiegt, nur mit ihrer rechten Hand leicht dem Rhythmus folgend, herrschte mit ihrer Contraalt-Stimme über das Orchester. Maria ist für mich Griechenland. So stelle ich mir die Göttin Hera vor, stark, rein und hellwach.\"

Weltoffene Sängerin

In den 70er und 80er Jahren vollzog Farantouri eine musikalische Wende nach außen: 1976 nahm sie \"Protestsongs\" aus aller Welt auf, danach antirassistische Songs von Manos Loizos (\"Negrika Tragoudia\") und schließlich eine Platte mit Brecht-Liedern. Die Sängerin kooperierte darüber hinaus mit dem großartigen Gitarristen John Williams und lebte bereits 1982 griechisch-türkische Aussöhnung vor, indem sie mit dem türkischen Komponisten Zülfü Livaneli eine Platte produzierte. 1987 sang sie in der Orchestrierung des kubanischen Komponisten Leo Brower siebzehn Songs; u.a. von Lucio Dalla, Kurt Weill und Vangelis und 1995 veröffentlichte sie eine CD ausschließlich mit Liedern von Lucio Dalla. Die Verbindung zur griechischen Musik riss dennoch niemals ab. 1976 wurde sie der zweiten großen griechischen Musiklegende, Manos Chatzidakis, um Mitwirkung bei der Aufnahme seiner Platte \"Paraloga\" gebeten. Die Zusammenarbeit mit Chatzidakis wurde in den kommenden Jahren fortgesetzt und \"mündete\" in drei weiteren Schallplatten. In ihren letzten Arbeiten dominierte bei Maria Farantouri wieder verstärkt der griechische Aspekt, sowohl musikalisch als auch personell. Sie traf wieder auf Theodorakis - etwa beim eher klassische Lied-Zyklus \"Beatrice auf der Straße Null\" oder bei den beiden CDs \"Poetica\" (1996), \"Asmata\" und \"Serenaten\" (1998) -, interpretierte dazu verstärkt demotische, rebetische und Insellieder sowie byzantinische Hymnen. Die seit ihren Jugendjahren politisch engagierte Sängerin band sich nur einmal parteipolitisch: Während der Regierungszeit von Andreas Papandreou war sie von 1990 bis 1993 Parlamentsabgeordnete für die sozialistische PASOK. Nach diesem Intermezzo wurde ihre Musik wieder die dominante Sinngebung.

Maria Farantouri im Internet

Autor: Griechenland Zeitung

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