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Der große Patient: Griechenlands Gesundheitswesen

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Der große Patient: Griechenlands Gesundheitswesen

Das griechische Gesundheitswesen hat mit chronischen Problemen zu kämpfen. Aus Protest dagegen haben in dieser Woche Privatärzte, die mit der größten Versicherungskasse des Landes (EOPYY) zusammenarbeiten, ihre Patienten nur noch gegen direkte Bezahlung behandelt.

Die Betroffenen, so teilten sie mit, könnten ja anschließend beim EOPYY ihre Auslagen zurückfordern. – Kenner wissen, dass dies ein äußerst langwieriges und bürokratisches Verfahren werden dürfte.
Die Ärzte begründen diesen Schritt damit, dass sie seit März von der Kasse kein Geld mehr für ihre Leistungen erhalten hätten. Weitere Zahlungen stehen ihnen sogar noch seit dem Jahre 2011 zu. Außerdem verweisen sie darauf, dass es seit der Einführung der Kapitalverkehrskontrollen Ende Juni große Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Medikamenten und Krankenhausmaterial gebe. Bei EOPYY sind 90 % aller Griechen versichert, d. h. rund 10 Millionen Menschen. Auch in den öffentlichen Krankenhäusern machen Ärzte immer wieder auf Engpässe aufmerksam. Es fehle an grundlegenden Dingen wie etwa Verbandsmaterial, Injektionskanülen oder Handschuhen.
Bereits im April hatte der Ende Januar gewählte Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) von einem „extrem schlechten Klima“ im Gesundheitswesen seines Landes gesprochen. Dies habe sich vor allem in den vergangenen vier Jahren herausgebildet. Doch bereits vor Ausbruch der Krise sei die gesundheitliche Betreuung in seinem Land „auffallend schlecht“ gewesen. Dies, so kritisierte der Regierungschef damals, passe nicht zu einem europäischen Land. Er gab damals bekannt, dass so schnell als möglich 4.500 Mitarbeiter im Gesundheitswesen neu eingestellt würden. Verhindert wurde dieser Vorsatz durch die klamme Finanzlage in den öffentlichen Kassen. Die größten Probleme weisen derzeit Intensivstationen für die Krebsbehandlung sowie psychiatrische Anstalten auf.
Große Engpässe gibt es aber auch andernorts, so etwa auf zahlreichen Provinzflughäfen. Im 3000 Quadratmeter großen Gebäude des Flughafens von Kos in der Ägäis zum Beispiel gibt es seit etwa vier Jahren keinen unmittelbar dort stationierten Arzt mehr. Wie der Flughafenchef Antonis Kaloudis gegenüber der Griechenland Zeitung erklärte, werde der Airport im Notfall aber vom Arzt einer naheliegenden Gesundheitsstation betreut. Diese liege nur 150 Meter vom Flughafengelände entfernt. „Alle Notfälle haben wir bisher problemlos überwinden können“, sagte Kaloudis. Letztes Jahr seien immerhin 1,1 Millionen Touristen auf dem Flughafen des Eilands gelandet, fügt er nicht ohne Stolz hinzu.
Besorgt über die kritische Situation im Gesundheitswesen ist vor allem auch Gesundheitsminister Panagiotis Kouroumblis. Um Lösungen zu finden, kontaktierte er kürzlich das Ministerium für Inneres und Verwaltungsreformen. Nun soll dem staatlichen Gesundheitssystem einschließlich des Rettungsdienstes so schnell wie möglich mit 2.500 Neusteinstellungen, darunter vor allem Ärzte und Krankenschwestern, unter die Arme gegriffen werden. Der Minister erinnerte daran, dass der dringend notwendige Kauf von 186 Krankenwagen seit etwa sieben Jahren nicht realisiert werden konnte. Experten bezeichnen die Fahrzeugflotte des öffentlichen Gesundheitswesens als „hoffnungslos überaltert“.
Elisa Hübel

Unser Foto (© Eurokinissi) entstand im Athener Kinderkrankenhaus „Agia Sofia“.

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