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Flüchtlingstragödie vor der Peloponnes: Suche nach weiteren Überlebenden bisher ergebnislos Tagesthema

Gerettete Flüchtende werden vom Hafen Kalamata Richtung Athen transportiert (Foto: © Eurokinissi) Gerettete Flüchtende werden vom Hafen Kalamata Richtung Athen transportiert (Foto: © Eurokinissi)

Dreitägige Staatstrauer und politische Schuldzuweisungen sind einige der Reaktionen auf die Flüchtlingstragödie vom vergangenen Mittwoch vor der Westküste der Peloponnes bei Pylos. Es ist zu befürchten, dass dabei einige hundert Menschen ums Leben gekommen sind; 104 wurden von den griechischen Behörden gerettet, 78 konnten nur mehr tot geborgen werden.


Angesichts des Unglücks verhängte die griechische Interimsregierung eine dreitätige Staatstrauer. Bis zum Wochenende wurden alle Veranstaltungen im Vorfeld der für den 25. Juni angesetzten Parlamentswahlen gestrichen. Nichtsdestotrotz liefern sich jetzt die konkurrierenden Parteien politische Scharmützel. Für den Chef des Bündnisses der Radikalen Linken SYRIZA, Alexis Tsipras, stellt diese Tragödie im Mittelmeer einen Beweis für die verfehlte Migrationspolitik Europas und Griechenlands dar. Der bisherige konservative Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis (2019-2023) forderte wiederum, dass die „elenden und kriminellen Schleppernetze, die verzweifelte Menschen ausnutzen, endlich eine entschlossene und gebührende Antwort erhalten müssen.“

Das Bootsunglück führte auch zu zahlreichen Protesten im Land gegen die Auswirkungen einer als unmenschlich bewerteten Migrationspolitik. Am Donnerstag fand die bisher größte Kundgebung auf dem zentralen Athener Syntagma-Platz statt. Ganz vorne mit dabei marschierte der ehemalige Finanzminister der SYRIZA-Regierung (2015-2019) und jetzige Vorsitzende der linken Kleinpartei MeRA25, Janis Varoufakis. „Man kann nicht gleichzeitig den Bau von abschreckenden Zäunen befürworten und heute trauern. Irgendetwas stimmt da nicht“, meinte er – „Es geht nur eins von beiden. Entscheidet euch.“ Varoufakis spielte damit u. a. auf den im letzten Wahlkampf im Mai von Mitsotakis angekündigten Ausbau des Hochsicherheitszaunes an der griechisch-türkischen Grenze im Norden des Landes an. Der konservative Politiker hatte dabei die Verlängerung dieses Konstrukts von heute etwa 40 auf 140 Kilometer in Aussicht gestellt.

Die Überlebenden des Bootsunglücks vor Pylos wurden am Freitag nach Malakassa, einer Flüchtlingseinrichtung im Norden Athens gebracht. Acht Minderjährige unter ihnen kommen nach Feststellung ihrer Identitäten später in andere Camps. Der amtierende Regierungssprecher Ilias Siakandaris wiederholte unterdessen, dass sich die griechische Hafenpolizei zwei Stunden vor dem Kentern dem völlig überfüllten Boot genähert und wegen Hilfe angefragt habe. Diese sei mit den Worten „No help …Go Italy“ beantwortet worden, so der Sprecher im staatlichen Fernsehsender ERT.

Die Zahl der Todesopfer des Bootsunglücks vor den Küsten der Peloponnes ist weiterhin unklar. Man geht von insgesamt 500 bis 750 „Passagieren“ aus. Flüchtende gaben gegenüber medizinischem Personal im Krankenaus von Kalamata an, dass wahrscheinlich allein an die 100 Kinder in den „schwimmenden Friedhof“ gepfercht worden seien. Die Tageszeitung „Ta Nea“ titelte deswegen am Freitag (16.6.): „Auf der Suche nach Frauen und Kindern“.
Unter den Überlebenden des Unglücks konnte vermutlich auch ein Großteil der involvierten Schlepper dingfest gemacht werden. Es handelt sich um neun Personen ägyptischer Nationalität, die zwischen 20 und 40 Jahren alt sind. Die Justiz warf den Verhafteten am Freitag schwerste kriminelle Taten vor. Ihnen drohen jahrelange Haftstrafen.

Der Chef der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), Hans Leijtens, traf noch am Donnerstag in Kalamata ein und sprach von einem „schrecklichen Vorfall“. „Ich bin hier, um besser zu verstehen, was passiert ist und welche Rolle Frontex dabei spielt. Außerdem bin ich hier, um den griechischen Kollegen meine Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Sie haben ihr Bestes getan haben, um Leben zu retten“, betonte Leijtens. Sein Mitgefühl gelte den Opfern und ihren Familien, stellte er abschließend fest.
Griechenland Zeitung / Robert Stadler

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