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O du lieber August, Hochsommer- und Feiermonat

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 Foto (© Griechenland Zeitung / Simon Steiner) Foto (© Griechenland Zeitung / Simon Steiner)

Man soll die Feste feiern wie sie fallen, in Griechenland fallen im August viele Feste auf das Volk ein. Darauf lässt man sich und stellt man sich als Griechin und Grieche schlichthin ein. Es ist geradezu Tradition, im August die Chance zum Feiern zu nutzen.

Χαλαρώνουμε, höre ich die Griechen am Nebentisch zu ihren Bekannten sagen, ein um diese Zeit viel verwendeter Begriff, der sich bestens als we take it easy umschreiben lässt. Je mehr Zeit ich in Griechenland verbringe, umso besser gelingt es mir – einem meist arbeitsamen Gewohnheitstier – mich auf das sommerliche Feeling des „sich gehen Lassens“ einzustimmen. Das heißt, den morgigen Arbeitsplan kurzum über Bord werfen – am Sonntagabend, nach einem geselligen Wochenende, wenn ich schläfrig auf der Couch liege –, wenn sich gutgelaunte Freunde melden, damit man sich doch noch auf einen letzten Drink in der Strandbar trifft. Das heißt, dort den DJ aus dem Nachbarort anzutreffen, der überwiegend griechische und total gute Rockmusik auflegt, zu der alle tanzen. Derweil geht die Sonne allmählich hinter den Bergen unter, die sich zwischen hiesiger Bucht und der Halbinsel Lefkada erstrecken. Ein Schauspiel, das den langgezogenen Strand, die mit Olivenbäumen gespickten Hügel, das Meer, das ganze Panorama um uns herum in ein phantastisches orangerosafarbenes Licht taucht. Von der Strandbar führt ein Holzsteg über den Sand zum Meeressaum, den wir im Jargon als stairway to heaven bezeichnen. Der Steg ist ebenfalls rosafarben, genauso wie die Meeresoberfläche. Jung und Alt trifft sich hier, zum Tanzen und Reden, zwischendurch geht man ins Meer, um sich abzukühlen. „Im August feiern wir“, sagt Anna, die Frau des Gemüsehändlers, – dies ist eine Binsenweisheit ohne wenn und ohne aber. Vor einer Woche war die bekannte griechische Rockband Pyx Lax im Hafenstädtchen am Ionischen Meer zu Gast. Zum Konzert erschien nicht nur die Einwohnerschaft, es fanden sich zudem Hunderte von Besuchern aus Vonitsa, Lefkada, aus Patras und von anderswo ein. Im August kommen alle zurück in den Ort; Familienmitglieder, die in Athen, Patras oder in Thessaloniki arbeiten oder studieren, Spiros kommt jeden August aus Tansania und Nikos kommt jeden August aus Melbourne zurück. Und Charis aus Wien. Gesellig, geselliger, am geselligsten. Man trifft sich morgens, nach einer jeweils durchzechten Nacht oder nach geruhsamem Schlaf zu Kaffee und frischem Gebäck. Und sitzt herum und redet und beobachtet, wer sonst ebenfalls noch hier ist. Es finden viele Begrüßungen zwischen Verwandten ersten, zweiten, dritten Grades und zwischen alten Freunden aus der Schule, aus der gleichen Gasse im Ort statt. In den heißen Mittagsstunden bis zum allmählichen Untergang der Sonne ziehen sich viele Griechen zum Essen, Schläfchen und Beisammensein in ihre Familienhäuser zurück. Und abends wird es dann wieder so richtig und regelrecht stimmungsvoll. Die Erwachsenen lassen sich in den Tavernen und Kafenions und – endlich von der kühlen Meeresbrise umweht – an den Tischen an der Promenade nieder, während sich nun auf der Platia unzählige Kinder aller Altersgruppen einfinden. Sie spielen Fangen, Fußball, Verstecken, sie fahren im Kreis und Slalom Rad und Roller um die vielen Spielgefährten herum. Sie steigen auf das Denkmal und schlagen sich die Knie beim Fallen auf, dabei lärmt es und lacht es wie auf einem Rummelplatz. Zwei Tage nach dem Pyx-Lax-Konzert findet das nächste Fest statt: die – βαρκαρόλα – Barkarole. Zu dieser Tradition finden sich mehrere Schiffe im Hafen ein, um die Seeschlacht vom 11. August 1716 nachzuahmen, bei der die Türken den Rückzug antreten mussten. Die Schlacht symbolisierend, wird bei diesem Spektakel ein Schiff im Hafen in Brand gesetzt, danach treten Musiker auf. Wieder ist der Ort voll von Menschen und Fahrzeugen, die bis zum Ort hinaus am Straßenrand parken. Zudem findet am 15. August der Höhepunkt der griechischen Urlaubszeit und einer der bedeutendsten rriechisch-orthodoxen Feiertage statt: „Maria Himmelfahrt“, – κοίμηση της Θεοτόκου. Die wenigsten wahren noch den Brauch, zwei Wochen vor dem 15. August zu fasten, wenn weder Fleisch noch Fisch, wohl aber Meeresfrüchte wie Muscheln und Tintenfisch erlaubt sind. Das Volksfest kündigt den bevorstehenden Wechsel an: die Ferienzeit der griechischen Bevölkerung naht sich ihrem Ende, auch normalisiert sich nach dem δεκαπενταύγουστος allmählich wieder die Lage im öffentlichen Sektor. Zudem pflegt das Hochsommerwetter nun allmählich umzuschlagen, weshalb man sich an diesem Festtag vielerorts bereits einen καλό χειμώνα wünscht, einen guten Winter. Der 15. August ist ebenfalls der Namenstag aller Marias, Marios, Panagiotas‘, Panagiotis‘ und Despinas. Lassen Sie sich die Gelegenheit nicht entgehen, all Ihren so genannten griechischen Freunden an diesem Tag bei einem Ouzo oder per Anruf wärmstens χρόνια πολλά zu wünschen. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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