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Schätze aus Griechenlands Meerestiefe: das Wrack von Antikythera

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Schätze aus Griechenlands Meerestiefe: das Wrack von Antikythera
Die seit zwei Jahren laufende Sonderausstellung im Archäologischen Nationalmuseum Athen, „Das Schiffswrack von Antikythera“,  wurde wegen des regen Publikumsinteresses bis mindestens zum 30. Juni verlängert. Möglicherweise bleibt sie auch über die touristische Hauptsaison in den Sommermonaten zugänglich. An der Ausstellung "Das Schiffswrack von Antikythera" fasziniert die Veranschaulichung des gesamten Themenkomplexes: die Auffindung, die Ladung, die Schiffstechnik, die Restaurierung der Funde und ihre kunsthistorische Bewertung. Erstmals werden hier die Ergebnisse aus den verschiedenen Forschungsbereichen, die sich mehr als hundert Jahre lang mit dem einzigartigen Schatz vom Meeresgrund auseinandergesetzt haben, im Zusammenhang vorgestellt.
m Zusammenhang vorgestellt. Etwa 380 Gegenstände aus dem Bestand des Archäologischen Nationalmuseums selbst, wo natürlich die wertvollsten Funde aus dem Schiffswrack aufbewahrt sind, sowie Münzen aus dem Numismatischen Museum Athen und erhaltene Zeugnisse aus dem Amt (Ephorie) für Meeresarchäologie – etwa hölzerne Teile von dem auf das Jahr 220 v. Chr. datierte Schiff und seinem Steuersystem – bilden die authentische Hauptsubstanz der Ausstellung, die sich auf zwei Säle verteilt. Fotografische und filmische Dokumente von der Bergung sowie digitale Rekonstruktionsmodelle, die die Restaurierungsarbeiten vorführen, ergänzen sich mit den Artefakten zu einer umfassend informativen Gesamtschau.

Schwammtaucher fanden das Wrack im Jahre 1900

Schwammfischer von der Insel Symi hatten das antike Wrack im Jahr 1900 im Meer vor der kleinen Insel Antikythera entdeckt – eine Reihe von Telegrammen mit der sensationellen Meldung und ersten Beschreibungen an den griechischen König Georg I. geben Zeugnis von dem Ereignis, wohl dem ersten und bis heute einem der  wichtigsten Funde der Meeresarchäologie. Gemeinsam mit Männern einer Spezialabteilung der königlichen Marine waren die Schwammfischer dann auch an der das Jahr 1901 beanspruchenden ersten Bergungsphase beteiligt. Erst 1976 ging es dann weiter durch unterseeische Forschungen im Auftrag der Griechischen Archäologischen Gesellschaft, unterstützt durch das ozeanographisch ausgerüstete Schiff „Kalypso“ des von seinen Fernsehdokumentationen her bekannten französischen Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau.

Ein Lastkahn mit 300 Tonnen Fassungsvermögen

Das zwischen 60 bis 50 v. Chr. havarierte Schiff war ein Lastkahn, der 300 Tonnen Fracht fassen konnte. Es befand sich voll beladen mit Wert- und Kunstgegenständen Richtung Italien unterwegs und war an der ostägäischen Küste, wahrscheinlich von Ephesos aus zu seiner Reise aufgebrochen. Im ersten Jahrhundert v. Chr. stand der römische Handel mit Importen aus städtischen Zentren der Ägäisküsten voll in Blüte – Höhepunkt einer kulturellen Entwicklung, die gegen Ende des 4. Jh. v. Chr. einsetzte als einer Epoche, in der aus der ursprünglichen Darbringung von Weihegegenständen Kunstsinn und Kunstgeschmack  und schließlich der erste Kunsthandel der Weltgeschichte hervorgingen.

Kostbare Funde aus Marmor und Bronze

Das Schiffswrack von Antikythera gab marmorne und bronzene Statuen, kostbare Glas- und Keramikware sowie Goldschmuck und bronzebeschlagene Möbel frei, Klinen vor allem, auf denen man ruhte und speiste. Außerdem fand sich die tägliche Ausrüstung für das Schiffspersonal, tönernes Koch- und Vorratsgeschirr, das Öl, Oliven, Hülsenfrüchte und Korn mit den dazugehörigen Handmühlen aus Mahlsteinen und Kurbel, aber auch z.B. Schnecken enthielt, die, wenn sie sich eingekapselt haben, eine haltbare eiweißreiche Nahrung bilden. Drei menschliche Skelette wurden geborgen, eines Mannes und einer Frau sowie eines Jungen von etwa 15 Jahren …

Der berühmte Mechanismus von Antikythera

In den beiden Ausstellungssälen gruppieren sich die Objekte um je einen Höhepunkt, den sog. „Jüngling von Antikythera“, ein 1.94 m hohes spätklassisches Bronzestandbild und den berühmten „Mechanismus von Antikythera“, eine technische Erfindung des 2. Jh. v. Chr. Das völlig intakt wirkende Bronzeoriginal der Jünglingsstatue, die in ausgestreckter Hand ursprünglich einen kugeligen Gegenstand hielt, den Ball eines Sportlers oder auch einen Apfel als mythologisches Symbol, war in zahlreiche Teile zerbrochen gefunden worden und bildet, das Paradebeispiel für eine erstklassige Restaurierung. Ein weiteres herausragendes Kunstwerk ist der Porträtkopf eines bärtigen Philosophen aus hellenistischer Zeit, Teil einer Bronzefigur des 3. Jh. v. Chr., von der auch Arm, Hand und beide Füße in einem seltsamen aus Sandalen und Stiefelschäften zusammengesetzten Schuhwerk erhalten sind.

Der sensationellste Fund aus dem Wrack aber ist der einzigartige sog. „Mechanismus von Antikythera“, ein Meisterwerk der antiken griechischen Technologie, der mit einem System aus Zahnrädern, Skalen, Achsen und Zeigern astronomischen und kalendarischen Berechnungen diente. Aufschriften erklären die Funktionen der einzelnen Teile, während auf seitlichen metallenen Schutzplatten die „Gebrauchsanweisung“  für das vielgliedrige Instrument geschrieben steht, das in mühsamer Kleinarbeit wieder zusammengesetzt werden musste. Es handelt sich um das älteste bekannte astronomische Berechnungsgerät überhaupt. Mit ihm konnten die Stellung von Sonne, Mond und wahrscheinlich von fünf im Altertum bereits bekannten Planeten sowie kommende Sonnen- und Mondfinsternisse bestimmt und ein mehrjährige Kalender von großer Genauigkeit aufgestellt werden. Man nennt das Gerät auch den „ersten Computer“ der Weltgeschichte.

Text: Griechenland Zeitung / Ursula Spindler-Niros; Foto: Eurokinissi, Archiv

Bis 30. Juni 2014, Archäologisches Nationalmuseum, Patission 44, Mo bis So, 8.00 bis 20.00 Uhr.

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