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Generalstreik, friedliche Kundgebungen und Ausschreitungen in Griechenland Tagesthema

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Generalstreik, friedliche Kundgebungen und Ausschreitungen in Griechenland
Nahezu das gesamte öffentliche Leben wurde am Mittwoch in Griechenland lahm gelegt. Öffentliche und private Institutionen blieben geschlossen. Bis zu 50.000 Demonstranten aller Altersgruppen gingen in Athen auf die Straßen. Es war bereits der 10.
10. Generalstreik seit Frühjahr 2010.

Mit Sprüchen wie „Arbeit und keine Sklaverei" oder „Keine Opfer für die Plutokratie" skandierten am Mittwoch mindestens 30.000 Demonstranten in Athen. Ihr Protest richtete sich gegen ein mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds unterzeichnetes Memorandum und gegen Veränderungen bei den Arbeitsbeziehungen. Im Umfeld der friedlichen Demonstrationen kam es in der griechischen Hauptstadt zu Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Gruppen und den Sicherheitskräften. Vermummte Jugendliche warfen Brandsätze und Steine, die Polizei brachte Tränengas zum Einsatz. Mehrere Personen wurden verletzt, zwei Polizeimotorräder gingen in Flammen auf.
Bis in die Abendstunden verharrten mehrere hundert Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude am Syntagma-Platz. Der Linkspolitiker Alekos Alavanos und langjährige Vorsitzende der Parlamentspartei Synaspismos hatte die Demonstranten dazu aufzufordern, den Platz zum „Kairoer Tahrir-Platz" umzufunktionieren, um die sozialistische Regierung von Georgios Papandreou zum Rücktritt zu zwingen. Fanatische Kundgebungsteilnehmer skandierten: „Der Aufstand beginnt".  
Aufgerufen zum Generalstreik hatten die Gewerkschafts-Dachverbände Öffentlicher Dienst (ADEDY) und Privatwirtschaft (GSEE) sowie die kommunistische PAME. Es verkehrten weder Schiffe noch Eisenbahnen. Bis auf die U-Bahnen kam in der griechischen Hauptstadt der Nahverkehr fast völlig zum Erliegen. Weil auch die Journalisten streikten, war das südosteuropäische Land von Informationen abgeschnitten, am Donnerstag gibt es keine Zeitungen. Im Ausstand befanden sich auch die Angestellten der staatlichen Betriebe, des öffentlichen Dienstes sowie der Gemeinden und Präfekturen. Ebenfalls angeschlossen hatten sich die Bankangestellten, Lehrer, Rechtsanwälte, das Personal der öffentlichen Krankenhäuser, Freiberufler und Zahnärzte. Zudem legten die Fluglotsen für vier Stunden ihre Arbeit nieder, mehr als 100 Flüge mussten storniert oder verlegt werden.

Generalstreik Nummer 10

Seit Frühjahr 2010, als die Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland ausbrach und dem Staat der Bankrott drohte, war es bereits der zehnte Generalstreik, der über das Land rollte. Darüber hinaus fanden im Jahr 2010 allein in Athen 450 Protestmärsche statt. Hintergrund ist die von der sozialistischen Regierung Papandreous durchgeführte Reform- und Sparpolitik. Sie brachte vor allem für die Staatsangestellten Gehaltseinbußen mit sich. Betroffen von Lohnkürzungen und Sozialabbau sind aber auch Angestellte im Privatsektor.
Auswirkungen haben schmelzende Einkommen und die Unsicherheit, die die Verbraucher empfinden, vor allem auch auf kleinere Betriebe im Einzelhandel. Durch den Konsumrückgang mussten 2010 rund 55.000 dieser Geschäfte Insolvenz anmelden. An den Protesten beteiligten sich deshalb auch bis zu 80 Prozent der Ladeninhaber und ließen ihre Rollläden geschlossen.
Durch die Rezession, in der sich das Land befindet, stieg die Arbeitslosenquote inzwischen auf 13,9 Prozent, und sie steigt weiter. Betroffen ist vor allem die Generation der Arbeitnehmer unter 30 Jahren. Sie wird in Griechenland inzwischen als „700-Euro-Generation" bezeichnet. 

Das Korsett etwas lockern

Für die Wirtschaftskrise und für die mir einhergehenden unpopulären Sparmaßnahmen machen immer mehr Griechen einen Kredit in Höhe von 110 Mrd. Euro verantwortlich. Vergeben wurde dieser von der so genannten „Troika" – bestehend aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und  Europäischer Zentralbank. Für die Auszahlung der vierteljährlichen Kreditraten werden von der griechischen Regierung einschneidende Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushaltes gefordert.
Um das finanzielle Korsett etwas zu lockern, bzw. um die dreijährige Rückzahlfrist für den Kredit zu verlängern, hatte Ministerpräsident Papandreou am Dienstag in Berlin Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt. Außerdem drängt Athen auf eine Herabsetzung des Zinssatzes von derzeit knapp 5 %. Merkel wies dieses Ansinnen nicht zurück und verwies darauf, dass ein ähnlicher Kredit für Irland eine Laufzeit von sieben Jahren habe. Zum Sparkurs der griechischen Regierung merkte die Kanzlerin an, dass Griechenland begonnen habe, sein Haus in Ordnung zu bringen. (GZeh)

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