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Aktionsgeladener Start für das neue Kabinett in Griechenland Tagesthema

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Aktionsgeladener Start für das neue Kabinett in Griechenland

Nur wenige Stunden nach seiner Amtsübernahme musste am Mittwoch ein Staatssekretär zurücktreten. Vorgeworfen werden ihm u. a. antisemitische und rassistische Äußerungen. Er selbst bestreitet diese Vorwürfe.

Der Staatssekretär für Infrastruktur, Transport und Netzwerke Dimitris Kammenos hat am Mittwochabend – etwa 12 Stunden nachdem er als Regierungsmitglied vereidigt worden war – seinen Hut genommen. Vorgeworfen werden ihm antisemitische und rassistische Äußerungen. Außerdem soll er in der Vergangenheit auch Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) als einen „Kriminellen“ beschimpft haben. Der Ex-Staatssekretär dementierte sämtliche Vorwürfe. Internetauftritte von ihm seien schon des Öfteren „gehackt“ worden, rechtfertigte er sich. Er werde Strafanzeige gegen Unbekannt erstatten.
Dimitris Kammenos gehört der rechtspopulistischen Partei „Unabhängige Griechen“ (ANEL) an, die von seinem Namensvetter und Verteidigungsminister Panos Kammenos angeführt wird. Beide Politiker sind nicht verwandt. Die ANEL ist – wie bereits im vorigen Kabinett – der Juniorpartner in der Regierung unter dem SYRIZA-Vorsitzenden Tsipras.
Kritisiert wurde der Rechtspopulist Dimitris Kammenos auch aus dem eigenen Lager: Sollte sich herausstellen, dass er die ihm zur Last gelegten Kommentare tatsächlich selbst verfasst habe, sei ein Parteiausschluss nicht auszuschließen.

Außerdem machen sich Stimmen bei SYRIZA bemerkbar, die auch den stellvertretenden Minister für Agrarentwicklung und Lebensmittel Markos Bolaris (ehemals PASOK) aus dem Amt drängen möchten. Dieser fungierte 2012 als Staatssekretär im Gesundheitsministerium. Damals hatte Gesundheitsminister Andreas Loverdos (PASOK) durchgesetzt, dass Fotos von Prostituierten, die sich mit dem HIV-Virus infiziert hatten, veröffentlicht wurden. Dieses Vorgehen stieß auf heftige Kritik. Nach einigen Tagen mussten die Fotos zurück genommen werden. Hintergrund sei damals – so die Rechtfertigung des Gesundheitsministeriums – ein rasanter Anstieg des HIV-Virus in Griechenland gewesen.
Bolaris erklärte am Donnerstag, dass er mit den Entscheidungen seines damaligen Vorgesetzten nichts zu tun gehabt habe. Er werde deshalb von seinem neuen Posten nicht zurücktreten.

Der Rücktritt von D. Kammenos so kurz nach dem Amtseid der neuen Regierung birgt für Ministerpräsident Tsipras Problempotential. In seiner in dieser Woche begonnenen zweiten Amtsperiode möchte er sich voll und ganz auf die Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise konzentrieren. Ganz oben auf seiner To-do-Liste steht die Fortsetzung der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern bezüglich der Auflagen, die im jüngsten Spar- und Reformpaket (Memorandum III) beinhaltet sind. Innerpolitische Turbulenzen unmittelbar nach der Amtsübernahme sind dabei eher störend.

Das durch den Rücktritt von D. Kammenos frei gewordene Amt des Staatssekretärs für Infrastruktur, Transport und Netzwerke wird Panagiotis Sgouridis übernehmen. Er wird am Freitag seinen Eid abgeben. Im vorherigen Kabinett Tsipras ist der einstige PASOK-Politiker Staatssekretär im Ministerium für Agrarentwicklung gewesen. (Griechenland Zeitung/eh)


Auf unserem Foto (© Eurokinissi) possieren die beiden ANEL-Politiker Panos Kammenos (l.) und Dimitris Kammenos (r.) noch gemeinsam vor den Kameras. Die Aufnahme entstand unmittelbar nach der Vereidigung des neuen Kabinetts. Wenige Stunden später war für D. Kammenos die Freude vorbei: Er wurde zum Rücktritt gedrängt.

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