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Scharfe Debatte im Parlament: Kein Konsens über Reformen Tagesthema

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Scharfe Debatte im Parlament: Kein Konsens über Reformen

Die Regierung Tsipras versucht derzeit, das System der Renten- und Sozialversicherung gründlich zu reformieren. Dabei ruft sie auch die Oppositionsparteien zum Dialog auf und bittet darum, Vorschläge zu unterbreiten. Im Parlament kam es bei einer Debatte zu diesem Thema zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen.

Ministerpräsident Alexis Tsipras und der neue Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia Kyriakos Mitsotakis haben sich am Dienstagabend im Rahmen einer Parlamentsdebatte eine erste verbale Auseinandersetzung geliefert. Die ideologischen Unterschiede zwischen dem Linkspolitiker Tsipras und dem Konservativen Mitsotakis kamen dabei deutlich zum Ausdruck. Tsipras bezeichnete den einstigen ND-Minister für E-Gouvernement und Reformen als „extrem neo-liberal“. Es war die erste Parlamentsdebatte, an der Mitsotakis im Amt des ND-Vorsitzenden teilnahm bzw. bei der sich die beiden Kontrahenten als Parteiführer gegenüber standen.

Warnung vor dem Zusammenbruch des Rentensystems
Thema der Debatte, die auf Ebene der Parteiführer durchgeführt wurde, war die von der Regierung anvisierten Reformen im System der Renten- und Sozialversicherung. Tsipras hatte die Oppositionschefs dazu aufgefordert entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Besprochen wurden aber auch Möglichkeiten zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise, die gegenwärtigen Proteste der Landwirte und die Beziehungen des Landes zu den internationalen Geldgebern.
Tsipras hat in seiner Rede versucht, die Notwendigkeit der geplanten Reformen im System der Renten- und Sozialversicherung deutlich zu machen. Sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, würde dieses System in sich zusammenbrechen, erklärte er dem Auditorium. Sein Ziel sei es, die Renten nicht weiter zu kürzen. Es sei ihm durchaus bewusst, dass viele Familien oftmals lediglich durch die Renten von Eltern und Großeltern existieren könnten. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn Kinder bzw. Enkelkinder arbeitslos seien. In diesem Zusammenhang erinnerte er an den Zusammenhalt innerhalb der griechischen Familien. Lediglich durch dieses Phänomen habe man nach Ausbruch der Krise im Jahr 2010 ein regelrechtes soziales Desaster vermeiden können.
Tsipras erinnerte aber auch daran, dass die Arbeitslosigkeit während seiner einjährigen Regierungszeit um 1,5 Prozentpunkte gesunken ist: von 25,9 im Januar 2015 auf 24,4 % zum gegenwärtigen Zeitpunkt.
In seiner Rede unterstützte Tsipras auch die gegenwärtigen Proteste der Bauern. Er lud diese zum wiederholten Mal zu einem Dialog ein.

Harsche Kritik seitens der Opposition
Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis vertrat die Meinung, dass das dritte Memorandum, das im vorigen Juli unter der Regierung Tsipras geschnürt wurde, nicht notwendig gewesen sei. Zudem warf er dem Ministerpräsidenten vor die „schädlichste Regierung in der neueren griechischen Geschichte nach dem Sturz der Militärjunta im Jahre 1974“ zu leiten. Was die Reformen im System der Renten und Sozialversicherung betreffe, so setze sich seine Partei für separate Versicherungskassen für Angestellte, Freiberufler und Bauern ein.
Die Vorsitzende der sozialistischen PASOK Fofi Gennimata erklärte, dass ihre Partei den Regierungsplan nicht akzeptiere. Sie appellierte an die Regierung mit den Worten: „Nehmt es zurück!“
Die Kritik des Generalsekretärs der kommunistischen Partei KKE Dimitris Koutsoumbas richtete sich sowohl gegen das regierende Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) von Tsipras, als auch gegen die ND. Er sprach von „unwirklichen Unterschieden zwischen SYRIZA und ND, zwischen Linken und Rechten, zwischen Tsipras und Mitsotakis, zwischen Neoliberalen und Populisten“. Die soziale Gerechtigkeit habe sich nach Meinung von Koutsoumbas in eine völlig falsche Richtung entwickelt, nämlich dahin, „dass der Arme für den Ärmeren zahlt und das Kapital schadlos davon kommt“.
Der Vorsitzende der liberalen „To Potami“ Stavros Theodorakis kritisierte unkontrollierte Einstellungen im Staatsdienst. Er rief die Regierung dazu auf, die Stellen für Berater der Politiker auszuschreiben und per Gesetz einzustellen. Der Vorsitzende der Zentrumsunion Vassilis Leventis forderte Tsipras abermals dazu auf, eine Ökumenische Regierung ins Leben zu rufen, um das Land vor dem Untergang zu retten.

Elisa Hübel


Unser Foto zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras (l.) und den Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis während der Debatte im Parlament.

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