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Tiefe Beunruhigung in Griechenland über die Lage im Nahen Osten Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Freitag (13.6.) vor der Sitzung des Regierungsrates für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung (KYSEA). Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am Freitag (13.6.) vor der Sitzung des Regierungsrates für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung (KYSEA).

Nach Ausbruch des bewaffneten Konfliktes zwischen dem Iran und Israel versucht Athen auf dem Feld der Diplomatie eine Deeskalation herbeizuführen. Premier Mitsotakis kontaktierte seinen israelischen Amtskollegen Netanyahu telefonisch. Die Lage ist nicht einfach, da Griechenland als enger Partner Israels gilt.

Griechenland ist über die Situation im Nahen Osten äußerst besorgt. Premierminister Kyriakos Mitsotakis konstatierte am Sonntag (15.6.): „Eine weitere Krise ist in unserer Region ausgebrochen.“ Er sprach von einer „entflammbaren geopolitischen Lage“. Eine mögliche Eskalation würde Konsequenzen sowohl für die Sicherheit und für die Stabilität in der Region und auf internationaler Ebene nach sich ziehen. Die Beteiligten rief er zu Selbstbeherrschung auf.
Bereits am Samstag war Mitsotakis mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu telefonisch in Kontakt getreten. Dabei hatte er die Auffassung vertreten, dass der Iran keine Atomwaffen haben dürfe; eine Lösung müsse jedoch auf diplomatischen Weg gesucht werden. Mitsotakis fügte hinzu, dass Griechenland besorgt um griechische Staatsbürger sei, die sowohl im Iran als auch in Israel leben. Die Zahl der Menschen griechischer Herkunft, die in Israel beheimatet sind, wird zusammen mit ihren Familien auf rund 4.500 veranschlagt. In Teheran sollen etwa 70 griechische Staatsbürger leben.

„Sofortiger Waffenstillstand“
Außerdem sprach sich Mitsotakis für einen „sofortiger Waffenstillstand im Gazastreifen, die Freilassung aller Geiseln und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe“ aus. Griechenland werde weiterhin „mit unseren Partnern und Alliierten“ auf eine Gewährleistung „des Friedens, der Sicherheit und der Stabilität hinarbeiten“. Zuvor hatte sich der Regierungschef auch mit Zypernpräsident Nikos Christodoulidis über die entstandene Situation per Telefon ausgetauscht; Der Inselstaat im östlichen Mittelmeer ist EU-Mitglied. Die Insel ist in einen griechisch- und einen türkischsprachigen Sektor geteilt; seit einer Militärinvasion im Jahre 1974 ist der Nordteil von türkischen Truppen besetzt. Athen und Nikosia pflegen traditionell ein sehr enges Verhältnis.
In Athen beriet am Freitag (13.6.) auch der Regierungsrat für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung (KYSEA) in einer außerordentlichen Sitzung über die entstandene Lage im Nahen Osten. Premier Mitsotakis musste aus diesem Grund einen offiziellen Besuch in Schweden vorzeitig abbrechen.

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Außenminister Jorgos Gerapetritis

Bedeutung der Diplomatie
Außenminister Jorgos Gerapetritis war am Wochenende mit verschiedenen Amtskollegen im Nahen Osten sowie der arabischen Welt in Kontakt getreten. Gegenüber dem Außenminister des Oman, Badr Albusaidi, sprach er sich für eine „Deeskalation und eine Wiederaufnahme der Verhandlungen“ aus. Im Gespräch mit dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate Abdullah bin Zayed Al Nahyan war die Rede von „alarmierenden Entwicklungen im weiteren Nahen Osten“; einig war man sich darin, dass die Diplomatie „der wichtigste Weg zu regionaler Stabilität und Frieden“ sei. In einem Telefonat mit seinem Amtskollegen aus Saudi-Arabien Prinz Faisal bin Farhan Al Saud einigte man sich darauf, „die Bemühungen zur Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region zu koordinieren“. Ähnliches vereinbarte man in einem Telefongespräch mit dem Außenminister Jordaniens Ayman Al Safadi.

Protest griechischer Akademiker
Für Athen ist die Politik gegenüber Israel alles andere als einfach. Bereits Ende März hatte sich Mitsotakis mit Netanyahu getroffen. Ganz oben auf dem Gesprächstisch lag damals die „Vertiefung der bilateralen Kooperation, vor allem in Verteidigungsfragen“. Mitsotakis hatte dabei „die Bedeutung der Konnektivität und der Energieprojekte von gemeinsamem Interesse für die Stabilität in der Region“ hervorgehoben. Zudem hatte er erklärt, dass eine Kooperation in Fragen der „Wirtschaft und der Verteidigung sehr wichtig für uns in Griechenland“ sei.
Netanyahu stellte im März seinerseits fest, dass er viele Israelis kenne, die nach Griechenland kommen und in diesem Land investieren würden; dies sei als ein „Vertrauensvotum“ zu werten.
Doch es gibt auch Gegenwind, was die offiziellen Beziehungen zu Israel betrifft. Vor dem aktuellen Hintergrund im Nahen Osten fordern etwa 800 Akademiker und Wissenschaftler aus Griechenland einen sofortigen Kooperationsstopp zwischen griechischen Universitäten und israelischen Stiftungen und sonstigen Institutionen. Dies betreffe vor allem die Bereiche der Energie und Verteidigung. Der griechischen Regierung wirft diese Gruppe vor, einer der „stärksten und loyalsten Alliierten von Netanyahu“ zu sein. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)

 

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