Das international nicht anerkannte Nordzypern hat ein neues politisches Oberhaupt. Dort konnte sich der Sozialdemokrat Tufan Erhürman durchsetzen. Auf der griechischen Seite werden Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung der geteilten Insel geweckt.
Ein neues Kapitel der Hoffnung öffne sich für die Wiedervereinigung Zyperns. Mit dieser Feststellung gratulierte Außenminister Jorgos Gerapetritis dem Sieger der Präsidentenwahl Tufan Erhürman im von türkischen Truppen besetzten Nordteil Zyperns. Eine Wiedervereinigung der Großinsel müsse auf den „Beschlüssen der Generalversammlung und der Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“ erfolgen, so Gerapetritis. Eine solche Vereinigung werde den Frieden und den Wohlstand der griechisch-zypriotischen und der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft innerhalb der europäischen Familien gewährleisten, so der Gratulant.
Einklang in der Außenpolitik
Begrüßt wurde der Wahlsieg des Kandidaten der sozialdemokratischen Partei CHP auch von der griechischen Opposition. Seitens der sozialistischen PASOK brachte man die Hoffnung zum Ausdruck, dass nun eine Wiederaufnahme der Gespräche zu einer Wiedervereinigung der Großinsel führen könnte. „51 Jahre nach der türkischen Invasion“ sei die Zeit dafür mehr als reif.
Seitens des Linksbündnisses SYRIZA kommentierte der Vorsitzende Sokratis Famellos: „Zypern hat Anspruch auf eine Zukunft ohne Besatzungstruppen und Garantien Dritter – mit gegenseitigem Respekt und in Sicherheit.“
Der neue Präsident der völkerrechtlichen nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern (TRNC) triumphierte mit rund 62 % der Stimmen über seinen Gegenkandidaten und bisherigen Amtsinhaber Ersin Tatar. Letzterer galt als Wunschkandidat Ankaras und konnte sich dort stets auf Rückendeckung verlassen.
Allerdings scheint es noch zu früh, sich in kühnen Träumen einer Wiedervereinigung zu wiegen. Entgegen der Hoffnungen der griechischen Seite, dass sich nun die Außenpolitik der TRNC ändern könnte, hatte Erhürman gleich zu Beginn erklärt, sich in außenpolitische Fragen mit Ankara abzusprechen. Trotz dieser einschränkenden Worte erwarten Beobachter, dass dieser Wahlausgang möglicherweise eine neue Dynamik in die Gespräche zur Lösung der Zypernfrage bringen könnte. Im Wahlkampf habe der Wahlsieger betont, dass „jeder Winkel“ Zyperns „Europa sein wird“.
Keine SAFE-Beteiligung
Vor dem Hintergrund dieser jüngsten Entwicklungen wird es am Montag (20.10.) in Luxemburg zu einem Treffen zwischen Außenminister Gerapetritis und seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan im Rahmen des Rates für Außen und Sicherheitsfragen der Europäische Union kommen. Am Wochenende hatte sich Fidan während eines Interviews für eine Zwei-Staaten-Lösung auf Zypern ausgesprochen. Griechenland warf er vor, eine anti-türkische Position einzunehmen. Zur Sprache kam dabei auch das EU Verteidigung Fondsprogramm im Wert von 150 Mrd. Euro unter der Bezeichnung „Security Action for Europe“ (SAFE). Griechenland hat sich mehrfach dagegen gewandt, dass sich auch die Türkei daran beteiligen könnte. In einem separaten Interview machte Außenminister Gerapetritis deutlich, dass sich Athen für Frieden und gut-nachbarliche Beziehungen einsetze. Was SAFE betreffe, so könne sich Ankara daran nicht beteiligen, solange die 1995 beschlossene Casus-Belli-Drohung der Großen Nationalversammlung der Türkei gegen Griechenland nicht zurückgenommen worden sei.
Auch PASOK-Chef Nikos Androulakis hatte kürzlich während eines Kongresses der Sozialdemokratischen Partei Europas aus ähnlichen Erwägungen heraus gegen eine Beteiligung Ankaras am Programm „SAFE“ deutlich gemacht.
MED9-Treffen
Das Thema der komplizierten türkisch-griechischen Beziehungen wird Anfang dieser Woche auch in Slowenien eine Rolle spielen. Am Montag wird Premierminister Kyriakos Mitsotakis dort zu einem sogenannten „MED9-Treffen“ erwartet: eine Zusammenkunft der Staats- und Regierungschef der EU-Mittelmeerländer. In diesem Rahmen will der Gast aus Athen abermals einen 5x5-Vorschlag unterbreiten. Dieser sieht eine Kooperation von fünf Mittelmeerländern bei fünf aktuellen Herausforderungen vor. Im Fokus stehen dabei Griechenland, Zypern, die Türkei, Ägypten und Libyen. Dabei geht es um Kooperation in Fragen der Migration, des Meeresschutzes, der Konnektivität, der Abgrenzung von Seegebieten und des Katastrophenschutzes. Einschneidende Ergebnisse sind in dieser Frage allerdings nicht zu erwarten; ähnliche Vorschläge wurden bereits in der Vergangenheit unterbreitet – bisher stets ohne Erfolg. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)