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Griechenland: Proteste gegen neue Sparmaßnahmen Tagesthema

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Griechenland: Proteste gegen neue Sparmaßnahmen
Griechenland / Athen. Angesichts der neuen Maßnahmen zur Begrenzung des Haushaltsdefizits, die die Regierung am Montag ankündigte, beschlossen die beiden größten Gewerkschaften des Landes – Öffentlicher Dienst (ADEDY) und die der Privatwirtschaft (GSEE) – eine Protestkundgebung am 4. Juni um 11.00 Uhr am Athener Klafthmonos-Platz, dem „Platz der Tränen". Am 21.
21. Juni soll möglicherweise ein 24-stündiger Generalstreik folgen. Bereits am 28. Mai will sich zudem die der kommunistischen Partei nahestehende Gewerkschaft PAME, um 11.00 Uhr, zu einer Protestkundgebung am Omonia-Platz treffen.
Unterdessen machte auch eine neu gegründete Facebook-Gruppe auf sich aufmerksam, die sich „Empörte am Syntagma-Platz" nennt. Ziel der offenbar nach spanischem Vorbild gegründeten Gruppe sind friedliche Treffen, um gegen einschneidende Sparmaßnahmen zu protestieren. Das erste Treffen erfolgt heute Abend um 18.00 Um am Syntagma-Platz. Ähnliche Facebook-Gruppen haben sich auch für Thessaloniki und Patras, die zweit- bzw. drittgrößte Stadt des Landes, gebildet. Die Gruppe von Thessaloniki trifft sich am weißen Turm und die von Patras am Georgiou-Platz. Als Anregung dieser neu formierten Gruppen gilt die Aufschrift eines spanischen Plakates mit der Aufschrift: „Leise, weckt die Griechen nicht!"

Sitzstreik der Hafenarbeiter

Eine Gruppe von Hafenarbeitern führte in Piräus in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch einen Sitzstreik durch. Damit protestieren sie gegen eine bevorstehende Privatisierung des Hafens von Piräus. Ihrer Ansicht nach hätte die Regierung weder das politische noch das soziale Recht, die Häfen von Piräus und Thessaloniki zu verkaufen. Diese seien „von den Arbeitern mit Mühe aufgebaut worden, um der Öffentlichkeit und dem gesellschaftlichen Interesse zu dienen". Um 14.00 Uhr hatten Vertreter der Hafenarbeiter ein Treffen mit dem Minister für Meeresangelegenheiten Jannis Diamantidis. Für den Verkauf der zwei großen griechischen Häfen an Privat hatte sich nicht nur die PASOK, sondern auch Antonis Samaras, Vorsitzender der größten Oppositionspartei des Landes, Nea Dimokratia, nach einem Treffen mit dem Premierminister am Dienstag ausgesprochen.

Besetzung der Verwaltungsbüros der Hellenic Postbank

Zudem besetzen heute zum zweiten Tag die Angestellten der Hellenic Postbank die Verwaltungsbüros ihres Unternehmens. Die Mitarbeiter protestieren damit gegen eine bevorstehende Privatisierung dieser bisher zum Teil im Staatsbesitz befindlichen Bank. Der öffentlichen Hand gehören 34 % der Postbank, diese könnten aber bis Ende des Jahres möglicherweise ganz in private Hände übergeben werden. Privatisiert werden könnten zudem weitere 10 %, die der griechischen Post ELTA. Die Gewerkschafter haben angekündigt, ihre Proteste fortzusetzen.
Mit einer 48-Stündigen Arbeitsniederlegung antworteten die Angestellten der griechischen Telekommunikationsgesellschaft OTE auf die ins Auge gefasste Privatisierung der restlichen 16 % des Unternehmens, die noch dem Staat gehören. Der Verkauf an die Deutsche Telekom, die bereits 30 % der Anteile besitzt, soll noch in diesem Quartal abgewickelt werden.

Weitere einschneidende Maßnahmen

Hintergrund für die Proteste sind aber nicht nur die geplanten Privatisierungen, sondern auch einschneidende Sparmaßnahmen, die die Regierung während einer Kabinetts-Sitzung am Montag angekündigt hatte. Im sogenannten „mittelfristigem Programm" ist eine Abschaffung der Steuerbefreiung für Einkommen bis 12.000 Euro erörtert worden. Zudem sollen die Straßennutzgebühren für 2012 abermals angehoben werden. Außerdem sollen einige Produkte der mittleren Mehrwertsteuer von 13 % auf den Höchstsatz der Mehrwertsteuer von 23 % angehoben werden. Dies betreffe aber lediglich Café's und Restaurants – hieß es – und soll erst ab September gelten, damit die für das Land sehr wichtige Tourismusbranche davon nicht betroffen werde. Die Verbrauchersteuer bei Erfrischungsgetränken, Säfte, Mineralwasser und Erdgas soll ebenfalls angehoben werden. Sozialhilfe soll unter noch strengeren Kriterien gewährt werden als bisher.

Mögliches Referendum angesprochen

Die Gewerkschaft ADEDY und GSEE bezeichneten diese neuen Maßnahmen als „soziale Brutalität", die in einem „neuen Teufelskreis" münden würden. Das Lebensniveau der Griechen damit um weitere 20 % sinken. Premierminister Jorgos Papandreou schloss ein „Referendum" nicht aus, nachdem der Vorsitzende des Industrieverbandes SEV, Dimitris Daskalopoulos, am Mittwoch, einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet hatte. Damit würde die Regierung dem Volk persönlich die Frage stellen: „Rettung unter hohen Kosten oder Bankrott." Ähnliche Gedanken soll der Premierminister bereits am Montag angedeutet haben, nachdem er großen Widerspruch nicht nur aus den Reihen der Oppositionsparteien erntete, sondern auch aus der eigenen Partei. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi. Das Bild zeigt ein Plakat am Athenern Syntagmaplatz, auf dem eine Bürgerbewegung eine Volksabstimmung über das mit der „Troika" vereinbarte Memorandum fordert.)

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