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Neues „Troika“-Memorandum kurz vor dem Abschluss Tagesthema

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Neues „Troika“-Memorandum kurz vor dem Abschluss
Griechenland / Athen. Die Verhandlungen zum neuen mittelfristigen Programm zur Sanierung der griechischen Wirtschaft sollen voraussichtlich heute abgeschlossen werden. Bereits am Donnerstagabend ist der Gesandte des Internationalen Währungsfonds (IWF), Poul Tomsen (Foto: r.), aus Athen abgereist. Insider gehen davon aus, dass dies ein Zeichen dafür sein dürfte, dass Athen die fünfte Tranche in Höhe von 12 Mrd.
rd. Euro eines Gesamtkredites von 110 Mrd. Euro noch im Juni erhalten wird. Offiziell ist allerdings noch immer unklar ob der IWF tatsächlich bereit ist, seinen vereinbarten Anteil von 3 Mrd. Euro zu dieser Tranche beizusteuern. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte dem Vernehmen nach die EU einspringen. Weil die griechischen Reformen ins Stocken geraten sind, war vom IWF Kritik daran geübt worden, dass sich Griechenland nicht an die Vereinbarungen des gemeinsam unterzeichneten Memorandums halte.

Privatisierungen und Entlassung stehen im Zentrum

Was die neuen Verhandlungen betrifft, so stehen Privatisierungen und Entlassungen im öffentlichen Sektor sowie die Senkung der Steuerfreibeträge für Niedrigverdiener auf dem Programm.
Der IWF hatte u. a. vorgeschlagen, dass die Steuerfreibeträge für Angestellte von 12.000 Euro auf 6.000 Euro gesenkt und für Freiberufler komplett abgeschafft werden sollten. Als Gegenvorschlag forderte die Regierung die Senkung der Freibeträge für Angestellte auf 8.000 Euro und für Freiberufler auf 6.000 Euro. Besprochen wurden außerdem Einsparungen bei den Ausgaben der öffentlichen Institutionen.
Athen besteht auch darauf, dass man nicht von Entlassungen im öffentlichen Sektor sprechen könne. Lediglich Angestellte von Firmen der öffentlichen Hand, die geschlossen oder mit anderen verschmolzen würden, liefen Gefahr, ihren Job zu verlieren. Wer schließlich gehen soll und wer bleiben darf, das soll der Oberste Rat für Personalauswahl des öffentlichen Dienstes (ASEP) entscheiden. Nach Ansicht der Regierung könnte für überzähliges Personal eine Art „Pausierungsregelung" gefunden werden, wodurch die Betroffenen weiterhin  50 % bis 60 % ihrer bisherigen Bezüge erhalten würden.
Die „Troika" (bestehend aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds) beharrt dennoch auf ihrer Forderung, dass die Angestellten im staatlichen Dienst reduziert und dass auch die Gehaltsausgaben des Staates gesenkt werden müssten. Nach Ansicht der Troika dürfe für jeweils zehn Beamte, die aus dem Staatsdienst ausscheiden, lediglich ein einziger neu eingestellten werden. Statt dieser neuen Regelung im Verhältnis 10 zu 1 galt bisher ein Verhältnis von 5 zu 1.
Zudem sollen finanzielle Zuwendungen für öffentliche Institutionen oder Firmen, deren Ausgaben über den vereinbarten Mitteln liegen, gestoppt werden. Betroffen davon sollen auch jene Betriebe sein, die sich bisher weigerten, Bericht über ihre Finanzlage zu erstatten. Zu dieser Kategorie zählen u. a. Schulen und Krankenhäuser.

Widerstand aus den Reihen der Regierungspartei PASOK

Damit diese Maßnahmen überhaupt durchgesetzt werden können, besteht die Troika darauf, dass ein Konsens zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien gefunden werden muss. Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Nea Dimokratia, Antonis Samaras, lenkt bisher allerdings höchstens „tröpfchenweise" ein.
Unterdessen wird in den Reihen der regierenden PASOK der Unmut über die gegenwärtige Regierungspolitik immer stärker. 16 PASOK-Parlamentarier hatten am Donnerstag ein Schreiben an den griechischen Premierminister Jorgos Papandreou gesandt, in dem sie mehr Einzelheiten über den Inhalt des mit der Troika vereinbarten Memorandums Nr. 2 wünschten. Enge Mitarbeiter des Premierministers dementierten unterdessen, dass dieses zweite Memorandum per Eilverfahren im Parlament durchgesetzt werde. (Griechenland Zeitung / eh)

Proteste und Streiks in Athen

Kurzfristig wurde am Donnerstag für den heutigen Freitag eine 24-stündige Arbeitsniederlegung bei der Elektrobahn ISAP angekündigt. Der Protest richtet sich gegen Sparmaßnahmen. Ebenfalls aus diesem Grund besetzten heute Vormittag Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME das Wirtschaftsministerium. Heute Abend wird die PAME zudem um 19.00 Uhr am zentralen Omonia-Platz eine Protestkundgebung durchführen. Am gleichen Ort treffen sich am Samstag um 11.00 die zweit größten Gewerkschaften des Landes GSEE (Privatsektor) und ADEDY (öffentlicher Dienst). Auch sie protestieren gegen die Maßnahmen der Regierung, die u. a. Lohnkürzungen und eine Erhöhung der Zahl der Arbeitsstunden mit sich bringen sollen. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi; unser Archivfoto zeigt einen Besuch der „Troika"-Delegation im griechischen Parlament am 12. Mai.)

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