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Absolut naturbelassene Strände ohne Liegen

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Foto (© GZkb): Bescheiden – das Rathaus von Anafi. Foto (© GZkb): Bescheiden – das Rathaus von Anafi.

Anafi ist eine der stillsten und doch zugleich strandreichsten Inseln der Kykladen. Im zweiten Teil über die kleine Perle der Ägäis besucht unser Autor das Inselinnere, besucht das Kloster Zoodochou Pigis und lässt es sich an den Stränden des Eilands gut gehen.

1983 gab es auf Anafi noch kein einziges Auto. Jetzt sind sogar zwei Autovermietungen präsent. Die Asphaltstraßen der Insel sind alle zusammen nur 25 Kilometer lang. Wir fahren zunächst zum einen Straßenende in der Gemarkung Prassa. Da ist von der Straße aus nämlich die fast fertiggestellte Piste eines geplanten Flughafens zu sehen. Als waagerechter Strich in der Landschaft zieht sie sich abenteuerlich vom Aufsetzpunkt hoch über der Steilküste durch die Kargheit der Insel. Die Arbeiten wurden inzwischen wegen Geldmangels eingestellt, der von den Insulanern ersehnten Flugverbindungen mit kleinen Maschinen zumindest nach Santorin und Athen bleiben auf unbestimmte Zeit ein Traum.
Danach fahren wir von der Chora aus durchs Inselinnere. Die Hänge sind kahl, nur an wenigen Stellen wird auf abgeernteten kleinen Getreidefeldern noch Stroh gebündelt. Grün ist jetzt nur noch in den vielen tief in den Fels eingeschnittenen Trockenbachtälern zu sehen, in denen auf Grundwasseradern reichlich Oleander blüht. Wo die Täler sich etwas weiten, stehen ein paar Olivenbäume, wird manchmal sogar Wein angepflanzt. An etlichen Hängen sind noch heute nicht mehr gepflegte Terrassen zu erkennen. Schließlich musste die Insel noch 1940 fast 800 Menschen ernähren.

Besuch im Kloster

Schließlich kommen wir ans andere Ende der Straße direkt unterm Kloster Zoodochos Pigi. Es wurde über den aus großen, sorgfältig behauenen Quadern der Stützmauern einer antiken Tempelterrasse erbaut. Apoll wurde hier verehrt. Pfauen stolzieren herum, zwei Wanderer kommen gerade vom Gipfel des 463 Meter hohen Gipfels des Kalamos herunter, der eine Gehstunde entfernt fast senkrecht aus der Ägäis aufragt. Wir begnügen uns mit einem Gespräch mit den beiden im Kloster lebenden, jungen Nonnen. Sie erklären uns auch das Fresko im Torbau des Klosters, das einen Heiligen zeigt, der vor dem von ihm entdeckten Grab Alexanders des Großen sitzt und verwundert feststellt, dass auch darin nur ein ganz normales Skelett liegt ...

Vom Altertum zeugen Mauern einer antiken Tempelterrasse
Vom Altertum zeugen Mauern einer antiken Tempelterrasse.

Und jetzt die Strände ...

Zurück zur Chora fahren wir die Küstenstraße entlang, gehen oder fahren zu den elf meist sandigen, unter ihr liegenden Stränden. Eine Taverne gibt es nur in der Nähe eines Strands, alle anderen sind absolut naturbelassen. Sonnenschirme und Liegen werden nirgends vermietet. Wo immer Tamarisken die Strände säumen, haben zumeist Griechen ihre kleinen Zelte dicht an dicht darunter gestellt. Sie leben hier ihre sommerlichen Robinsonaden – mit wenig Geld, ohne Polizeipräsenz, ohne Toiletten, oft auch ohne Badebekleidung, dafür aber mit reichlich Trinkwasserflaschen. Manche von ihnen bleiben zwei oder drei Monate lang.

Unter Tamarisken an den Stränden zu zelten ist weithin üblich
Unter Tamarisken an den Stränden zu zelten, ist weithin üblich.

... und eine Hochzeit

Als wir am späten Nachmittag in unsere Pension an der Platia zurückkommen, werden dort gerade lange Tische festlich gedeckt. Glühbirnenketten sind über die Platia gespannt, auf Pick-ups rollen massenweise Getränke an, Boxen sind aufgestellt, Musiker proben. Wir dürfen uns auf eine Hochzeit freuen. Ein Athener hat auf Anafi im letzten Sommer eine Italienerin kennengelernt und will sie – ganz romantisch – auch auf dieser Insel ehelichen. Der Inselpriester hat die Kirche an der Platia geöffnet, aber die Hochzeit findet ohne ihn statt. Das Paar lässt sich nur zivil vom stellvertretenden Bürgermeister trauen. Dennoch will der Priester Gläubigen Gelegenheit bieten, am richtigen Ort den Segen Gottes für das Brautpaar zu erbitten.
Bis 23 Uhr schleppt sich die Feier träge vor sich hin, dann spielt endlich die Band Nissiotika, die traditionellen Lieder der ägäischen Inseln. Da kommt Stimmung auf, die griechischen Gäste tanzen bis 4 Uhr am Morgen. Gelegentlich vorbeikommende Einheimische oder gar Touristen wie wir werden – anders als bei traditionellen griechischen Hochzeiten – nicht zu Tisch gebeten. Ob das eine Spätfolge der „krisis“ ist oder ob es nur ganz einfach daran liegt, dass das Brautpaar aus Athen und Italien stammt, bringen wir nicht in Erfahrung. Schön anzusehen und anzuhören war das Fest ja allemal – eine bleibende Erinnerung, die wir auch am nächsten Abend kurz vor Mitternacht mit auf die Fähren nehmen, die uns über Santorin und Milos nach Sifnos bringen werden.

Text und Foto von Klaus Bötig

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 695 am 9. Oktober 2019.

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