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Eschrefbey und Michalos Russis

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Eschrefbey und Michalos Russis

In jenen Tagen spielte sich auf dem Markt von Tripolis ein Schauspiel, ein tragisches Schauspiel ab. Die Arvaniten des Kechaja-Bey verkauften ihre Sklaven: Männer, Frauen und Kinder – so viele eben das siegreiche türkische Heer an griechischem Volk zusammengetrieben hatte, auf seinem Wege von Psathopyrgos nach Tripolis.

Überall Wehklagen und Jammern, aufgeregte, fassungslose, abgekämpfte und ohnmächtige Gestalten; Menschen mit stumpfen Mienen, fast zum Vieh herabgewürdigt; Kinder, vor Angst dem Wahnsinn nahe; Mädchen, in ihrer Verlassenheit den schrecklichsten Bildern der Furcht ausgeliefert; Männer, die Lippen fest aufeinandergepresst. Auf der anderen Seite des Platzes standen die albanischen Händler und die türkische Kundschaft. Die Albaner, in weißen Hosen und buntbestickten Gamaschen, priesen mit lautem Geschrei ihre menschliche Ware an. Die Türken schritten gelassen und wortkarg einher, schauten sich um, prüften und feilschten, um endlich lustlos ihren Kauf abzuschließen. In jedem Augenblick und allerorts spielten sich Tragödien ab: Ein Mann wurde von seiner Familie getrennt, ein Kind aus der mütterlichen Umarmung gerissen, eine Jungfrau einem verhassten Bett zugeführt. Um jede dieser Szenen sammelten sich Müßiggänger und Neugierige. Sie verhöhnten die Tränen, verspotteten die Küsse und hatten ihren Spaß an der tödlichen Verzweiflung der Opfer. Der Arvanite aber warf seine zappelnde Ware in die Arme des türkischen Käufers, und dieser nahm sie hin, gleichmütig und mit angeborener Lässigkeit. Käufer und Gekaufte verloren sich in der Menge, die bald auseinanderging, um sich an anderer Stelle wieder zusammenzurotten. Dieses grausame Auseinanderreißen von Seelen dauerte vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang.

Auszug aus unserer Neuerscheinung „Held von Kastropyrgos. Ein Schicksal aus dem griechischen Befreiungskrieg 1821“

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