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Der dunkle Philosoph

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Foto (© Griechenland Zeitung / Jan Hübel) Foto (© Griechenland Zeitung / Jan Hübel)

Er lebte um 550 bis 480 v. Chr. in der Stadt Ephesus, das damals noch dem Persischen Reich zugehörig war. Heraklit entstammte einem alten Königsgeschlecht, soll die Königswürde jedoch an seinen jüngeren Bruder weitergegeben haben. Er war für seine rätselhaften Aussagen über die Unzulänglichkeiten der menschlichen Natur bekannt, keine Frohnatur also, und trug sich den Beinamen „Der Dunkle“ ein.

Von ihm stammt die philosophische Grundposition, dass nichts von Bestand, sondern dass die Welt ständig im Wandel und im Werden ist: „Niemand kann zweimal in denselben Fluss steigen“, heißt es da und: panta rhei, alles fließt. Auch sei alles von der „Vereintheit“ und dem Kampf der Gegensätze geprägt. „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ zum Beispiel, in der Zerstörung liegt Erzeugung. Der Weg nach oben und nach unten ist ein und derselbe. Paradoxe Aussagen, die zum Nachdenken anregen. Im Gegensatz zu der statischen Seinsvorstellung, dass Alles beim Alten bleibt, ist Heraklits Weltanschauung radikal dynamisch: Das Einzige an der Welt, das sich niemals verändert, sind die sich verändernden Umstände. Dabei gehen Oben und Unten Hand in Hand. Keine Weltanschauung also, die zum entspannten Zurücklehnen im Sessel anregt. Seinen Mitmenschen gegenüber war der Philosoph nicht freundlich gesinnt. Denn obwohl das Weltgesetz und der Lauf der Dinge durchaus erkennbar seien, befand er „die Vielen“ für unfähig, diese Gesetzmäßigkeiten wahrzunehmen. Die Meisten, ihn ausgenommen, waren nicht dazu imstande, die Gesetzmäßigkeiten des all umfassenden Logos zu erkennen. Logos, der Ursprung, aus dem alle Dinge und die Weltgesetze hervorgehen. Logos, die Vernunft, mit der wir die Weltgesetze als solche zu erkennen und die daraus hervorgehenden Umstände zu erklären imstande sind. Schlicht gesagt, hielt Heraklit uns, Menschen wie dich und mich, für blöde. Aus den überlieferten Klatschgeschichten Diogenes Laertius’ geht hervor, dass Heraklit bereits als Kind alles in Frage stellte und sagte, er wisse gar nichts. Als Erwachsener hingegen behauptete er, er wisse alles. Pythagoras, so Heraklit, fehle es an Verständnis, jedoch lerne er hinzu. Homer verdiene eine Tracht Prügel. Die Athener waren ihm verhasst, und laut Diogenes wurde der dunkle Denker zu einem Misanthropen, der zurückgezogen in den Bergen umherstreifte und sich von Gras und Kräutern ernährte. Seine arrogante Einstellung den Mitmenschen gegenüber schlägt sich nicht zuletzt im grimmigen Ausdruck seines in Stein gemeißelten Kopfes wieder.

Linda Graf

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