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Ai Vassilis: Ein Kirchenvater als Weihnachtsmann? Tagesthema

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Ai Vassilis: Ein Kirchenvater als Weihnachtsmann?

Rund um den Globus stößt man am Ende des Jahres auf eine mehr oder weniger identische, immer sympathisch und gutmütig wirkende Figur, deren Zuständigkeit sich vor allem auf das Verteilen von Geschenken erstreckt. Die Grundlage dieser Figur bildet wohl der Heilige Bischof Nikolaus von Myra, an dessen Namenstag schon im Mittelalter Kinder beschenkt wurden, und dessen Bild mit der Zeit mit den Protagonisten anderer europäischer Traditionen und Märchen verschmolzen wurde, so zum Beispiel mit dem russischen Väterchen Frost und selbst mit dem eigenen strafenden Gegenpart, dem Knecht Ruprecht.

Die grundsätzliche Gestalt des Weihnachtsmanns hat sich spätestens im frühen 19. Jahrhundert herausgebildet, und seit Beginn der 1930er Jahre war sie über Jahrzehnte hin alljährlich ein beständiger Protagonist in den Werbekampagnen der amerikanischen Firma Coca-Cola. Zur Verbreitung der standardisierten Vorstellung vom Bild des Weihnachtsmanns hat deren Marketing gewiss in nicht unerheblichem Maße beigetragen. In Griechenland spielte die Figur des Weihnachtsmanns lange Zeit keine nennenswerte Rolle. Erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts hielt sie dort Einzug und verschmolz in der Folge rasch mit dem im griechischen Brauchtum traditionell verankerten Ai Vassilis. Dieser nahm nicht nur das entsprechende Aussehen an, auch die Fokussierung auf Weihnachten wurde adaptiert, obwohl die Bedeutung des Ai Vassilis eigentlich an den Neujahrstag gebunden war. Daher rühren auch noch immer anzutreffende, auf Neujahr gerichtete Reminiszenzen, zum Beispiel wenn Kindern ihre Geschenke in der Silvesternacht vor das Bett gelegt werden, damit sie sie am nächsten Morgen dort vorfinden. Und die so genannte Vassilopita (dt. etwa „Vassilis-Kuchen“ oder „Vassilios-Kuchen“, auch „Königskuchen“), in die eine Münze eingebacken wird, ist aus dem häuslichen Familienleben nicht wegzudenken. Schließlich wird derjenige, der die Münze in seinem Stück findet, ein besonders glückreiches Jahr haben. Der Name ist die Koseform für Agios Vassilios (Άγιος Βασίλειος), und damit verkörpert Ai Vassilis letztlich keinen geringeren als den Kirchenvater Basileios den Großen, der im 4. Jahrhundert lebte. Basileios hatte sich dem Mönchstum verschrieben und wirkte als Metropolit von Kappadokien, bis er am 1. Januar 379 starb. Auf dieses Datum geht der heutige orthodoxe Gedenktag des Heiligen zurück, woraus auch die enge Bindung des Ai Vassilis an den Neujahrstag resultiert. Als Schutzpatron der Kinder ist Basileios in Griechenland einer der beliebtesten Heiligen überhaupt. Seine legendäre Nächstenliebe und Wohltätigkeit waren überdies Eigenschaften, die gewiss nicht unerheblich dazu beigetragen haben, ihn schließlich zum Gabenbringer werden zu lassen. (© Griechenland Zeitung/jr)

 

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