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Pythagoras: Weisheit und Größenwahn

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Foto (© ek): Statue von Pythagoras auf Samos. Foto (© ek): Statue von Pythagoras auf Samos.

Er wurde um 570 v. Chr. auf der Insel Samos geboren und hielt sich für einen von Hermes wiedergeborenen Söhnen. Kein bescheidener Typ, dieser Pythagoras. Laut ihm gibt es drei mit Vernunft ausgestattete Wesen: Menschen, Götter und Halbgötter wie er selbst.

Im europäischen Raum geht die Lehre von der Reinkarnation auf Pythagoras zurück – sei es, dass er die Lehre der Wiedergeburt der Seele selbst entwickelte, sei es, dass er sie von den Indern übernommen hatte. Als Wiedergeborener verkündete er, dass die Seele nicht ewig in der Unterwelt bleibe, sondern dass sie in Menschen, Tieren und Pflanzen reinkarniert wird. Aus diesem Grund gehören Tiere nicht geschlachtet, folgert Pythagoras, Europas erster Vegetarier. Die zweite bedeutende These des Halbgotts ist, dass das Universum aus harmonisch geordneten Zahlenverhältnissen besteht. Überhaupt die Mathematik … Mit ihrer Hilfe lässt sich die Welt erklären. Die 1 zählt dabei als Punkt, die 2 als Linie, die 3 als Fläche, die 4 als dreidimensionaler Körper. Auch haben die Zahlen eine symbolische Bedeutung, so ist die 1 der Ausgangspunkt aller Dinge, die 2 die doppelseitige Meinung usw. Seiner Lehre nach kann man das gesamte Universum in Punkte, Linien und Zahlen zerlegen. Der Satz des Pythagoras aber (a2+b2=c2) geht auf die Babylonier zurück, die ihn zur Vermessung der Felder erfunden hatten. Pythagoras hat ihn lediglich in Griechenland bekannt gemacht. Als der Tyrann Polykrates die Herrschaft in Samos an sich riss, zog Pythagoras nach Süditalien, wo er die ersten Philosophieschulen überhaupt gründete. Vermutlich geht der Ausdruck philo-sophie, „Freund der Weisheit“, auf ihn zurück. Auch vertrat der Denker und Vorreiter als Erster die These, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums sei. Stattdessen sei es ein heiliges Feuer, um das sich Erde, Sonne und weitere Himmelskörper drehen. Bei den Kreisbewegungen entstünden wunderschöne Klänge – Sphärenharmonien –, die wohl den Ohren eines Halbgotts, nicht aber den Ohren gewöhnlicher Menschen zugänglich sind. Trotz seines strotzenden Selbstbewusstseins oder Größenwahns üben Pythagoras’ Thesen und seine mathematische Vorstellung vom Aufbau des Universums bis auf den heutigen Tag einen großen Einfluss auf die Physiker der Neuzeit aus. Kepler wurde als „deutscher Pythagoras“ bezeichnet, und wenn Sie, verehrte Leser, die Klänge der Sphärenharmonien vernehmen, können auch Sie sich als Halbgott betrachten.

Linda Graf

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