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Berlin macht Griechenland für die Entführung von Richter verantwortlich

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Berlin macht Griechenland für die Entführung von Richter verantwortlich

Vom griechischen Botschafter in Österreich, Georg Streit, erhielt Alexandropoulos die Nachricht, dass die Wiener Zeitungen das wiedergäben, was die Deutschen schrieben. Insbesondere der „Lokalanzeiger“ beschuldigte Griechenland der Entführung von Richter, er werde in Tirnavos in einem Haus festgehalten, das einem Kapitän Deligiannis gehöre, dem Freund eines gewissen Stratos, der ein pensionierter, griechischer Offizier sei. Die Entführung sei von der Ethniki Etaireia organisiert.

Kann es noch verrückter werden, fragte sich Alexandropoulos, als er diesen Text gelesen hatte. Ausgerechnet die Ethniki Etaireia! Er hatte einmal jemanden gekannt, der dieser Geheimorganisation angehört hatte. Sie war erst Ende des 18. Jahrhunderts gegründet worden, um, wie sie es nannten, die Moral im Lande aufrechtzuerhalten und sich für die Freiheit jenes Teils des griechischen Volkes einzusetzen, das noch im Osmanischen Reich lebte. Schlussendlich waren diese Populisten verantwortlich für den Ausbruch des griechisch-türkischen Krieges von 1897. Premierminister Georgios Theotokis hatte während seiner Regierungszeit dafür gesorgt, dass die Bande aufgelöst worden war. In Athen war Minister Gryparis allmählich besorgt über das türkisch-deutsche Schauspiel. Dabei hatte er genügend andere Probleme mit dem Premierminister zu lösen, insbesondere die Frage der Verhandlungen mit Serbien und Bulgarien, um ein Bündnis gegen die Türkei zu schließen. Mit immer bizarreren Ausreden versuchte die Türkei, Berlin davon zu überzeugen, dass Richter in Griechenland festgehalten werde. Ausgesprochen unangenehm das Ganze. Noch dazu, als im Moment für solche Spielchen eigentlich gar keine Zeit war. Ärgerlicherweise bestätigten die Nachrichten des Präfekten von Larissa die türkischen Angaben. Nach Berichten der Gendarmerie von Tirnavos hatte sich die Gruppe der Banditen angeblich getrennt, und ein Teil war nach Griechenland eingereist. Hoffentlich nicht der, bei dem sich dieser Deutsche befand! Die Räuber hätten sich als Arbeiter oder Händler verkleidet und mit der Bevölkerung Kontakt aufgenommen. Es sei unklar, ob sie sich zu kriminellen Zwecken dort aufhielten oder nur Nahrung für sich und ihre Bande beschaffen wollten. Einige hätten sogar das Zentrum von Tirnavos erreicht. Die Presse in Berlin und in Wien hatte ihre Polemik gegen Griechenland verstärkt und beschuldigte Athen nun, den Räubern, die Richter entführt hatten, einen sicheren Hafen zu bieten. Nikos Xydakis, Geschäftsträger der griechischen Botschaft in Berlin, kabelte am 17. Juli, dass die deutschen Zeitungen die Bande, die Richter entführt habe, als eine griechische beschrieben. Sie würden Berichte ihrer Korrespondenten in Thessaloniki, Elassona und Katerini veröffentlichen, denen die türkische Gendarmerie mitgeteilt hätte, alle Spuren von Richter und den Banditen verloren zu haben, weil diese mit Unterstützung griechischer Offiziere über die Grenze nach Griechenland gegangen seien.

Auszug aus unserer Neuerscheinung: „Die Entführung des Edwart Richter - Ein diplomatisches Verwirrspiel am Olymp

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