Hier in Griechenland aß ich erstmals Kartoffeln in Tomatensauce – patátes jachní –, angereichert mit Zimt und Lorbeer, eine mir bis dato völlig unbekannte Kombination. Auch die im Backofen gegarten, mit Olivenöl gebräunten und Oregano gewürzten Zitronenkartoffeln schmecken vorzüglich erfrischend, zu jeder Jahreszeit.
Sicherlich haben Sie schon mit dem mit Knoblauch angereicherten Kartoffelbrei – skordaliá – sowie mit seiner Duftfahne Bekanntschaft gemacht. Der Geschmack der skordaliá kommt übrigens am besten einen Tag nach seiner Zubereitung zur Geltung. Meine Nachbarin Stassoula legt ihr Kartoffelbeet Jahr für Jahr im April an und stellt mir dann meist im Juni einen bis an den Rand mit Babykartoffeln gefüllten Plastiktopf an die Haustür. Den Pflanzentopf verlangt sie natürlich zurück, denn den kann sie wieder verwenden. Recycling a lá grecque. Ich koche die süßlichen Kartoffeln meistens gar und serviere sie schlicht mit Olivenöl, Salz und Pfeffer. In der griechischen Küche kommen die Kartoffeln als Vorspeise oder auch als Hauptgericht zum Einsatz. Die arkadischen Kartoffeln von der Peloponnes zählen zu den vorzüglichsten, doch auch hier, auf den Wochenmärkten im nahen Epirus, bieten die Bauern eine äußerst leckere Ernte zum Kauf an. Einen ausgzeichneten Ruf genießen auch die „Erdäpfel“ von der Kykladeninsel Naxos oder jene aus dem nordgriechischen Kato Nevrokopi. Die langweiligste Kartoffelversion, die man hierzulande vorgesetzt bekommt, sind die gefrorenen und schnell zubereiteten Pommes frites. Dagegen ist Annas und Elenas Hausmacherart, in der sie in ihren Tavernen ihre selbst gemachten patátes tiganités aus frischen, aus dem Garten geernteten oder vom Gemüsehändler gekauften Kartoffeln zubereiten, ein Götterschmaus. Dazu schälen sie die Kartoffeln, schneiden sie und frittieren sie in hochwertigem Olivenöl. Und servieren die knusprigen patátes tiganités mit Salz und Oregano, dazu einige Tropfen Olivenöl. Heutzutage – ob gebacken, gebraten oder gekocht – hat die in der hellenischen Kulinarik Kartoffel ihren festen Platz erobert, dabei wurde das unbekannte und von der Neuen Welt stammende Nahrungsmittel erstmals unter dem ersten griechischen Regierungschef Ioannis Kapodistrias (1776-1831) kurz nach der Revolution 1821 eingeführt. Der Gouverneur kam während seiner Reisen durch den Alten Kontinent in den Genuss der Kartoffel und hielt sie für ein angemessenes, nahrhaftes Gemüse für darbende griechische Bevölkerung der postrevolutionären Jahre. Allerdings musste er sich eine List einfallen lassen, um seine misstrauischen Landsleute von der Nützlichkeit dieses neuen Gemüses zu überzeugen. Eine erste Aktion von Kapodistrias, die er nach seiner Ankunft in Nafplio startete, hatte nichts gebracht. Die Bauern des Landes warfen das Geschenk des Gouverneurs kurzerhand zum Abfall. Statt nun die Kartoffelpflanzen weiter großzügig zu verteilen, ließ er sich einen Trick einfallen, um die Neugier der Griechen zu wecken: Zum Schein ließ er die Kartoffeln rund um die Uhr von seinen Soldaten bewachen. Tatsächlich schlichen sich die Bauern nächtens an, raubten die Kartoffelpflanzen und weig später waren die Lager leergeräumt, und der Siegeszug der Kartoffel begann auch in Hellas! (Griechenland Zeitung / Linda Graf)