Vor kurzer Zeit ging es noch ruhig zu im Dorf, der Strand war leer, in den Kafenions und auf dem Dorfplatz sah man die gleichen Gesichter zur gleichen Tageszeit, monatelang. Dann, von einem Tag zum andern, diese Aufbruchstimmung! Alles streckt und regt sich, Mensch und Tier!
Die Geckos an der Hausmauer, die Eidechsen kommen hervor und fläzen sich, noch winterstarr, in der Sonne. Im Garten fressen die zwei ersten Schildkröten die pinkfarbenen Blüten meiner kürzlich gepflanzten Nelken. Auf dem Dorfplatz, unter der Platane, sitzen trotz den schwankenden Temperaturen – in der Sonne ist es bereits heiß, im Schatten noch kalt – Touristen in Shorts, Sandalen und mit ärmellosen T-Shirts. Sie trinken Bier und Ouzo, essen Kalamari, und ihnen ist anzusehen, wie sehr sie die lang entbehrte Sonne auf der winterweißen Haut genießen. Bis vor Kurzem vereitelte unbeständiges Wetter mit Regenstürmen und eiskaltem nördlichen Wind die Instandsetzung der Strandbars und Tavernen. Jetzt fahren bereits Mietwagen durch den Ort, emsig verpassen die Einwohner den Lokalen und Geschäften mit frischen Farben und Blumentöpfen den letzten Schliff. Auch an den Stränden tut sich was. Vereinzelte Camperwagen aus Italien und aus Deutschland sind aufgetaucht, im Hafen sitzt ein französisches Paar vor dem abgestellten Camperwagen auf Klappstühlen. Mopedfahrer mit Helm brausen vorbei, ein eindeutiger Hinweis auf Touristen, denn die Ortsansässigen halten sich nicht an diese Bestimmung. „Wir sind im wilden Westen“, erklärt Spyros mir seine Logik, „ich reite mein Pferd nicht mit Helm.“ Die coole Masche der Jungs ist es, in Mopeds vorbeizuflitzen und mit abmontierten Auspuffen einen Höllenlärm zu veranstalten. Hach, alles gut, alles quicklebendige Anzeichen der einsetzenden Sommersaison! Die Hafenansicht hat sich nach den Wintermonaten drastisch verändert. War der kleine Hafen bis vor kurzem noch bis auf vereinzelte Fischerboote, bis auf Johns Piratenschiff und die Handvoll permanente Bootsbewohner leer, so liegen die zum Urlaubsverleih bestimmten Segelschiffe nun in Reih und Glied am Kai vertäut. Die weißen Bugs gleißen im Licht der Sonne, die Masten recken sich wie filigranes Nadelwerk dem Himmel entgegen. Es liegt was in der Luft: der Duft von Souvlakis, Zitronenbaumblüten, Kalamari und eine ansteckende Fröhlichkeit. Und das Meer? Geriffelt, himmelblau, türkisblau und am Horizont, vor dem Gebirge Lefkadas, azurblau. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)