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Von Kartoffeldieben zur Kartoffelernte

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Die Oma von Sifis bei der anstrengenden Erntearbeit auf dem Feld. (Foto: Sifis Moiras) Die Oma von Sifis bei der anstrengenden Erntearbeit auf dem Feld. (Foto: Sifis Moiras)

Dass die Kartoffelzucht nach der Revolution 1821 erfolgreich eingeführt werden konnte, ist der Legende nach einer List des damaligen ersten Gouverneurs des unabhängigen Griechenlands zu verdanken.

Nach der 400-jährigen Osmanischen Fremdherrschaft entschieden sich die Griechen 1827 für Graf Ioannis Kapodistrias – der zuvor griechischer Diplomat im Russischen Reich gewesen war –, um ihr nunmehr befreites wie zerstörtes Land zu regieren. Hellas war bankrott, die Fraktionen, aufgerieben in Bürgerkriegen, untereinander zerstritten; zudem litt die Bevölkerung nach den Umwälzungen der Revolution an Hungersnot. Während seiner diplomatischen Reisen in Europa, wo die Kartoffel bereits auf dem Speiseplan stand, kam Kapodistrias erstmals in ihren Genuss und auch zur Einsicht, dass dieses, den Landsleuten in seiner Heimat bis dato unbekannte Gemüse besonders während der harten Wintermonate als Nahrungsquelle dienlich sein könnte. Doch ganz nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“, zeigten die Landwirte kein Interesse an den Kartoffeln, die ihnen der Gouverneur aushändigte. Mit einem feinen Gespür für die Psychologie seiner Landsleute wendete er daraufhin eine Spezialstrategie an, um die Skepsis und Widerspenstigkeit zu überwinden und stattdessen Interesse an der neuen Nahrungsquelle zu wecken. Auf Kapodistrias’ Anordnung hin wurde in Nafplion eine ganze Lieferung Kartoffeln zur öffentlichen Präsentation auf den Docks entladen. Er ließ jedoch das Gut von Wachen umstellen und schützte es pedantisch vor den Augen Neugieriger. Prompt verbreitete sich das Gerücht, dass es sich hier um äußerst wertvolle „Früchtchen“ handeln müsse. Da der Gouverneur die Wächter angewiesen hatte, bei eventuellen „Diebeshandlungen“ diskret wegzuschauen, dauerte es sodenn nicht lange, bis die Kartoffeln schließlich gestohlen wurden. Auf diesem Weg landeten die von Kapodistrias in die Heimat „geschmuggelten“ Pretiosen auf den Tischen der Menschen. Anderen Quellen zufolge wurde die Kartoffel bereits um 1817 auf den Ionischen Inseln und dem Festland angebaut. Heutzutage ist die πατάτα (patáta) nicht mehr vom griechischen Speiseplan wegzudenken und findet als eines der Hauptversorgungsmittel Verwendung in zig Gerichten, wie Moussaka, Skordalia, Hähnchenbraten und so fort. Wir haben Juni, und zur Zeit findet in hiesigem Bergdorf an der Ionischen Küste die Kartoffelernte statt. Die Arbeit auf dem Feld und im Garten wird den Großmüttern überlassen. Früher, sagt Nachbarin Stassoula, während sie sich den schmerzenden Rücken reibt, war das ganze Dorf an der Ernte beteiligt, es wurde viel gelacht und Schabernack getrieben. Stolz weist sie auf die diesjährig üppig ausfallende Ernte in ihrem Garten hin und überreicht mir eine prall gefüllte Plastiktüte. Die Patates sind fest, mit einer hauchdünnen, hellbraunen Schale, die ich aufgrund des Nährgehalts mitkoche. Die ebenso einfache wie gesunde Zubereitung habe ich mir bei den Dorfbewohnern abgeguckt. Auf die gegarten, leicht süßlichen Kartoffeln gebe ich Olivenöl, etwas Zitronensaft, Salz, dazu Kapern und frischen Dill. Und fertig ist mein köstlicher Kartoffelsalat! (Griechenland Zeitung / Lida Graf)

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